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Deutsche Staatsangehörige in SyrienUSA erinnern an IS-Gefangene

Die USA fordern die Rückführung von IS-Anhänger*innen in ihre Herkunftsländer. Auch mehr als 200 Deutsche sitzen in Syrien weiter fest.

US-Außenminister Antony Blinken beim Ministertreffen am Montag in Rom Foto: Guglielmo Mangiapane/reuters

BERLIN taz | Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: US-Außenminister Antony Blinken hat am Montag die Forderung Washingtons erneuert, IS-Anhänger*innen und deren Angehörige aus Lagern in Nordsyrien in ihre Herkunftsländer zurückzuholen. In Syrien sitzen noch immer Hunderte ausländische Ex-Kämpfer sowie deren Ehefrauen und Kinder fest, darunter auch rund 230 Deutsche.

Ex-US-Präsident Trump hatte eine Rückführung gefordert. Auch die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien, die die Lager kontrolliert, fordert dies seit Jahren. „Die Lage ist schlichtweg unhaltbar. Sie kann einfach nicht auf Dauer bestehen bleiben“, sagte Blinken am Montag bei einem Treffen der Anti-IS-Koalition in Rom. Insgesamt seien noch 10.000 ehemalige IS-Kämpfer in den Lagern inhaftiert.

Die Bundesregierung hat bislang nur sehr vereinzelt Deutsche aus Syrien zurückgeholt. Das Zögern erklärt sich daraus, dass in vielen Fällen keine ausreichenden Informationen vorliegen, um eine Untersuchungshaft anordnen und eine strafrechtliche Verfolgung aufnehmen zu können. Viele Rück­keh­re­r*in­nen müssten nach ihrer Einreise nach Deutschland daher auf freien Fuß gesetzt werden.

Bei dem Treffen in Rom ging es unter anderem um das Wiedererstarken der IS-Terrororganisation in Syrien und Irak, aber auch in anderen Ländern. In einer gemeinsamen Erklärung zeigten sich die Mitglieder der Anti-IS-Koalition „tief besorgt“ über die Aktivitäten der Ter­ro­ris­t*in­nen in der Sahel-Zone und im ostafrikanischen Mosambik.

Zwar seien in den vergangenen Jahren viele Erfolge erzielt worden, sagte Blinken, „aber es gibt noch Arbeit“. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte: „Der IS in Irak und Syrien ist zurückgedrängt, aber nicht geschlagen, in anderen Regionen gewinnt er sogar an Einfluss.“

US-Angriffe im Grenzgebiet

Wenige Stunden zuvor, in der Nacht auf Montag, hatten US-Kampfjets zum zweiten Mal seit Amtsantritt Joe Bidens als US-Präsident Stellungen in Irak und Syrien bombardiert. Dabei wurden mehrere Menschen getötet. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete am Montag sieben Todesopfer, rechnete aber aufgrund mehrerer Schwerverletzter mit weiteren Toten. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete ein getötetes Kind.

Der irakische Ministerpräsident Mustafa al-Kadhemi verurteilte die US-Angriffe. Sie stellten eine „eklatante und inakzeptable Verletzung der irakischen Souveränität und der irakischen nationalen Sicherheit dar“, so al-Kadhemi.

Irak ist zum Hauptaustragungsort des Konfliktes zwischen den USA und Iran geworden. Die US-Luftangriffe hätten Zielen gegolten, die von proiranischen Milizen genutzt worden seien, teilte das Pentagon mit. Von den Einrichtungen aus seien Angriffe auf US-Personal und -Einrichtungen im Irak gestartet worden. Es handele sich um zwei Ziele in Syrien und eines im Irak. Das Pentagon sprach von einem Defensivschlag. Hintergrund sei die anhaltende Serie von Anschlägen durch vom Iran unterstützte Gruppen gegen US-Ziele im Irak.

Der iranischen Führung nahestehende Milizen sind fester Bestandteil der politischen Landschaft Iraks. Sie spielten eine wichtige Rolle im Kampf gegen den IS und konnten nach dessen Niederlage ihre Macht im Land festigen.

Ein Teil dieser Milizen wendet sich gegen jegliche Präsenz ausländischer, vor allem US-amerikanischer Truppen im Land. Immer wieder werden Stellungen, die von der US-Armee und anderen Mitgliedern der internationalen Anti-IS-Koalition genutzt werden, angegriffen.

Deutschland beteiligt sich derzeit mit rund 250 Sol­da­t*in­nen am Einsatz gegen den IS. Die Bundeswehr bildet irakische Streitkräfte aus, überwacht den Luftraum und steuert Tankflugzeuge für den Einsatz der Koalition bei. Das Mandat läuft noch bis Ende Januar nächsten Jahres.

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