Verwirrung um SPD-Bezirksamtschef: Ein Körbchen für die AfD
Die Hamburger AfD bewirbt eine gemeinsame Veranstaltung mit SPD-Bundestagskandidat Falko Droßmann. Der will längst abgelehnt haben.
„Eine solche Veranstaltung findet nicht statt“, antwortet Peter Martin Zybarth auf Nachfrage der taz. Droßmanns Büroleiter sagt weiter, dass zwar „eine entsprechende Anfrage eines Mitgliedes der AfD-Fraktion“ vorliege – man habe sie aber abgelehnt.
Dass das möglich war, ist keine Selbstverständlichkeit. In der Bezirksversammlung muss ein Bezirksamtsleiter wie Droßmann nämlich alle Fraktionen gleich behandeln. Die Aufgabe, das Bezirksamt zu vertreten, liegt grundsätzlich bei der Bezirksamtsleitung. Das bestätigt auch Zybarth. Die von der AfD beworbene Veranstaltung sei nun aber eine Parteiveranstaltung. Und da müsse Droßmann als Bezirksamtsleiter dann auch nicht erscheinen.
Dass der angekündigte Mitdiskutant gar nicht zugesagt haben will, überrascht wiederum Daniel Menkens, den stellvertretenden Pressesprecher der AfD-Bürgerschaftsfraktion. Mennerich habe das anders kommuniziert, sagte er zur taz. Kurz darauf eine E-Mail: „Die Veranstaltung wird verschoben“ schreibt Menkens, angeblich „aufgrund einer Terminkollision seitens Herrn Droßmann“. Der Büroleiter des Bezirksamtsleiters hätte „als Alternativtermine den kommenden Montag oder Dienstag vorgeschlagen“ so Menkens.
Ja? Nein? Oder lieber ein andermal?
Tatsächlich bestätigt Droßmanns Büroleiter Zybarth später, dass versehentlich ein Terminangebot verschickt, aber auch gleich wieder zurückgezogen worden sei.
Die nun abgesagte Veranstaltung hätte laut Ankündigung online im „persönlichen Meetingraum von Benjamin Mennerich“ stattgefunden. Ein Link von der Website des AfDlers führt zum angekündigten „Parteiübergreifenden Dialog mit Bürgern“. Diese Ankündigung für Bewohner des Bezirkes Hamburg Mitte und andere „interessierte Bürger“ suggeriert, dass die Bundestagskandidaten von AfD und SPD sich gemeinsam den Fragen zu Gewalt und Demokratie stellen wollten.
Für die AfD-Bürgerschaftsfraktion ist Mennerich als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Auf Listenplatz 5 tritt er zur Bundestagswahl an. Die volle Unterstützung aller Mitglieder scheint er jedoch nicht zu haben. Schon im Februar berichtete die taz über E-Mails von zwei AfD-Mitgliedern mit harten Vorwürfen. Der ehemalige Berufssoldat der Luftlandeaufklärungskompanie 310 der Fallschirmjägerkaserne Seedorf soll mehrfach angezweifelt haben, „ob der Holocaust jemals stattgefunden habe“.
Außerdem soll er gesagt haben, dass er keine Probleme damit habe, wenn „die Geschichte“ angezweifelt und „die Beweise für das Geschehen einfach als nichtig erklärt“ würden. Auch antisemitische Alltagstipps hätte er parat gehabt: Mit dem Klopfen auf den Tisch vor dem Trinken solle sichergestellt werden, dass „kein Jude mit am Tisch säße“.
Ende vergangenen Jahres warnte der Hamburger Verfassungsschutz vor einer zunehmenden Radikalisierung der AfD an der Elbe. Auch weil Personen des offiziell aufgelösten „Flügels“ – rund 40 Personen – im Landesverband aktiv seien. Ein Schwerpunkt ihrer Aktivitäten: der Bezirk Mitte, wo Mennerich wirkt.
Er kam 2018 zu der Kundgebung „Merkel muss weg“ in Hamburg und im selben Jahr auch zum Aufmarsch der AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Brandenburg mit Pegida in Chemnitz am 1. September. Auf diesem Marsch, in den sich auch NPD-Anhänger und rechtsextreme Hooligans einreihten, erfolgten massive Übergriffe.
Deniz Celik, Die Linke
Auch wenn der Termin nun abgesagt ist, irritiert das Hin und Her um die laut Droßmanns Büro nur versehentlich verschickte Terminverschiebung. Sollte der Termin ernsthaft geplant gewesen sein, sagt Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen rechts, würde ein „SPD-Mann Wahlkampf für eine nationalistische und völkische Partei machen“.
Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Bürgerschaft, sagt: Eine Teilnahme Droßmanns an einer AfD-Veranstaltung sei völlig inakzeptabel. Das sei ein Schlag ins Gesicht für all die Menschen, die von dieser Hetze betroffen sind. „Neutralität im Amt darf doch nicht Wertneutralität bedeuten“, so Celik.
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