Debatte um Bauakademie: Bitte nicht noch eine Kopie

Am Mittwoch wurden die Funde der Ausgrabungen an der Schinkelschen Bauakademie präsentiert. Wie es nun weitergeht, ist immer noch unklar.

Da ganz rechts steht schon ein Stückchen: Schinkels Bauakademie Foto: dpa

Für das Landesdenkmalamt ist die ehemalige Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel derzeit eine überaus erfolgreiche Baustelle. Stolz wurden bei einem Rundgang am Mittwoch die Funde der derzeit laufenden Ausgrabungen präsentiert. Massive Pfeilerreste zeugen davon, dass Schinkels letztes Werk auf einem soliden Fundament stand, und die Terrakottare­liefs weisen auf eine Balance hin zwischen strenger und moderner Geometrie auf der einen Seite und dem Rückgriff auf die Ästhetik der Antike auf der anderen.

Und wie geht es nun weiter? Wenn im Herbst der Wuppertaler Architekturprofessor Guido Spars seine Stelle als Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie antritt, soll es zunächst darum gehen, wozu eine neue Bauakademie eigentlich da sein soll. Erst danach soll es einen Architekturwettbewerb geben.

So stehen wir im Zentrum Berlins noch immer da, wo man schon 2016, also vor fünf Jahren, gelandet war. Damals hatte der Bund 62 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Akademie freigemacht. Die Debatte über die Nutzung war voll entbrannt, für 2017 wurde der Architekturwettbewerb in Aussicht gestellt. Passiert ist bislang – nichts. Außer, dass der damals designierte Gründungsdirektor Florian Pronold nach heftigen Protesten aus der Architektenschaft einen Rückzieher machte. Dem ehemaligen SPD-Staatssekretär war vorgeworfen worden, zu fachfremd zu sein, vulgo: von Tuten und Blasen keine Ahnung zu haben.

Mit der Personalie standen auch die Debatten still. Denn geklärt ist bislang weder die Nutzung noch die Architektur. So will Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, aus der Bauakademie am liebsten ein Architekturmuseum machen. Dem widersprach aber schon vor einigen Jahren der Leiter des Architekturmuseums an der TU Berlin, Hans-Dieter Nägelke. Es gebe schon genügend Orte in Berlin, an denen man sich Architektur anschauen könne, sagte er 2017 auf einer Veranstaltung der Berliner Architektenkammer. Nägelke plädierte deshalb für die Bauakademie als ein „Schaufenster für die Baukultur in Deutschland“.

Je mehr preußischen Putzprotz man im Schlüterhof einatmet, desto größer ist vielleicht die Abwehrreaktion beim Ausatmen

Auch um die Frage, in welcher Gestalt die Bauakademie neu entstehen soll, wird bis heute mit allen Bandagen gerungen. Auf der einen Seite stehen die Vertreter einer historisch genauen Rekonstruktion wie der Architekt Paul Kahlfeldt. „Wenn wir etwas Gutes haben, warum bauen wir das nicht wieder hin?“, sagt er. Wenn man die Bauakademie mit Ziegeln wiederaufbaue, sei das keine Attrappe, so Kahlfeldt, eher so „wie ein Stück von Beethoven, das man heute wieder aufführt“.

Demgegenüber verweisen die anderen darauf, dass Schinkel selbst immer auch das Neue gesucht habe. „Man ehrt Schinkel nicht, wenn man ihn rekonstruiert“, meint etwa der Kunsthistoriker ­Adrian von Buttlar.

Gut möglich, dass die Eröffnung des Humboldt-Forums der Architekturdiskussion neuen Schwung verleiht. Natürlich hoffen die Fans eines Nachbaus à la Schinkel pur auf die Nachahmeffekte durch das Preußenschloss. Vorstellbar ist aber auch, dass die Verzögerung bei der Bauakademie eine gegenteilige Reaktion hervorruft. Denn je mehr preußischen Putzprotz man im Schlüterhof einatmet, desto größer ist vielleicht die Abwehrreaktion beim Ausatmen: Bitte nicht noch eine Kopie.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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