Parlamentswahlen auf Zypern: Rechte gewinnen Stimmen

Als Folge der Krise: In der griechisch dominierten Republik verlieren alle großen Parteien zugunsten der rechtsradikalen ELAM.

Eine Frau mit Mund-Nasen-Schutz gibt ihre Stimme in einem Wahllokal während der Parlamentswahlen ab

Stimmabgabe auf Zypern Foto: Petros Karadjias/dpa

BERLIN taz | Bei den Parlamentswahlen in der griechisch dominierten Republik Zypern haben die Rechtsradikalen ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln können und erreichen jetzt 6,8 Prozent der Stimmen. Demgegenüber mussten alle drei großen Parteien deutliche Einbußen einstecken.

Sowohl die linke AKEL-Partei als auch die konservative Demokratische Sammlung und die nationalistische Demokratische Partei (DIKO) verloren bei der Wahl am Sonntag jeweils rund drei Prozent der Stimmen. Allerdings erreichen sie zusammen immer noch rund 60 Prozent der Wähler. Als Gewinner der Wahl, wenn auch mit Verlusten, gilt die DISY des Präsidenten Nikos Anastasiades, die 27,8 Prozent erreichte. Die postkommunistische AKEL kam nur noch auf rund 22 Prozent und hat damit innerhalb zweier Wahlperioden etwa zehn Prozent ihrer Anhänger verloren.

AKEL-Parteichef Andros Kyprianou gab die Niederlage am Sonntagabend unumwunden zu. Man werde aber weiter für die Rechte der Arbeiter, gegen Korruption und für die Wiedervereinigung Zyperns kämpfen, sagte er.

An der Wahl konnten sich nur die griechischstämmigen Bewohner der Insel beteiligen, die im Süden Zyperns wohnen. Die im Norden, in der international nicht anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ lebenden Insel-Türken waren nicht beteiligt. Zypern ist seit einem Militärputsch und der sich anschließenden Invasion türkischer Truppen im Jahr 1974 faktisch geteilt.

Krisen sorgen für Vertrauensschwund

Der Erfolg der offen rechtsradikalen ELAM, die enge Beziehung zu der faschistischen griechischen „Goldenen Morgenröte“ unterhält, kam nicht unerwartet, ebenso wie das gute Abschneiden mehrerer kleinerer populistischer Parteien. Denn Zypern befindet sich derzeit in einer gleich dreifachen politischen und wirtschaftlichen Krise, die es den Großparteien erschwert, ihre angestammte Wählerschaft zu halten.

Die Bemühungen zur Wiedervereinigung befinden sich seit der Wahl des Erdoğan-Günstlings Ersin Tatar zum Präsidenten Nordzyperns in einer Sackgasse. Tatar lehnt die bisherige Grundlage aller Verhandlungen, die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats, ab und pocht auf eine Zweistaatenlösung. Dies widerspricht bisherigen UN-Resolutionen und erscheint der großen Mehrheit der Zyperngriechen als nicht akzeptabel. Entsprechend besteht in der Frage, wie man nun zu Fortschritten kommen will, eine gewisse Ratlosigkeit.

Zudem haben Korruptionsvorwürfen in der Republik Zypern einen Vertrauensschwund gegenüber den großen Parteien ausgelöst. Dabei geht es unter anderem um den Verkauf der zypriotischen Staatsbürgerschaft an wohlhabende Ausländer, die damit auch gleich ein Eintrittsbillet für die EU erhielten. In den Handel mit den „goldenen Reisepässen“ waren höchste Parlamentskreise verwickelt.

Schließlich leidet Zypern besonders unter der Coronapandemie. Vor wenigen Wochen waren die Inzidenzzahlen auf mehr als 500 Fälle auf 100.000 Einwohner geklettert und Zypern galt als Hochinzidenzgebiet. Erst jüngst flachte die Zahl der Infektionen wieder ab. Die Pandemie hat enorme Auswirkungen auf den für die Volkswirtschaft wichtigen Tourismus, viele Arbeitsplätze gingen verloren.

Auf die Politik haben die Parlamentswahlen vergleichsweise geringe Auswirkungen. Auf Zypern besteht ein Präsidialsystem mit einem direkt gewählten Staatsoberhaupt.

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