Frankreich vor Spiel gegen DFB-Elf: Gegner im eigenen Team
Das deutsche Team startet am Dienstag gegen Weltmeister Frankreich in die Europameisterschaft. Der DFB-Elf bleibt nur eine Hoffnung.
Ob das was werden kann? Ausgerechnet gegen die Weltmeister aus Frankreich startet das deutsche Team am Dienstag (21 Uhr, ZDF) in diese Europameisterschaft. Wie Joachim Löw das Team aufstellen wird, weiß man so recht nicht. Aber viel spricht dafür, dass seine Mannschaft mit einer Dreierkette agieren wird, sodass bei französischen Angriffen ein Fünf-Mann-Riegel vor dem eigenen Strafraum aufgebaut werden kann. Dass sich die Franzosen bisweilen schwertun, einen solchen zu knacken, haben die drei Jahre seit ihrem WM-Titel gezeigt.
Das beste Beispiel dafür war gewiss das Endspiel der Europameisterschaft vor fünf Jahren gegen Portugal, das die Franzosen am Ende verloren haben. Und wie gefährlich es ist, das Spiel selbst zu bestreiten, wenn in der gegnerischen Mannschaft ein Kylian Mbappé spielt, der allen anderen mit dem Ball am Fuß davonrennen kann, das dürfte sich herumgesprochen haben.
Sollte sich Joachim Löw also entscheiden, einen reaktiven Ansatz zu wählen, bleibt die Frage, was das spielsichere Mittelfeld der Deutschen eigentlich machen soll, wenn es den Ball hat. Sie werden ihn wohl zirkulieren lassen, weil sie nicht anders können, auch wenn sie sich vielleicht etwas anderes vorgenommen haben.
Und die Franzosen, deren Trainer Didier Deschamps es in der Vergangenheit verstanden hat, seiner spielwitzigen Truppe eine gewisse Zurückhaltung zu verordnen, könnten mit ihrem eher zaghaften Pressing, mit ihren bisweilen starren Zuordnungen die Deutschen zur Ballzirkulation ermuntern. Wenn dann das Umschaltspiel der Franzosen so gut funktioniert wie inzwischen gewohnt, dann könnte es gut sein, dass die Deutschen ins Hinterherlaufen geraten.
Zoff unter den Stürmern
Es wird also schwierig. Und so schauen nicht wenige in Richtung des französischen Fußballleistungszentrums nach Clairefontaine in der Hoffnung, die Franzosen könnten ihre alte Tradition wiederaufleben lassen und sich so richtig zerstreiten während eines Turniers. In Südafrika 2010 hat das beinahe zu einer veritablen Staatskrise geführt. Und in der Tat – da ist etwas. Die französischen Stürmer liefern Gesprächsstoff, wie man ihn fast schon vermisst hat.
Dabei lief die Reintegration von Karim Benzema, dem Langzeitscorer von Real Madrid, zunächst überaus geräuschlos ab. Der hatte einst seinen Platz in der Nationalmannschaft verloren, weil er daran beteiligt gewesen sein soll, wie sein französischer Teamkollege mit intimen Videoaufzeichnungen erpresst worden ist. Jetzt ist er zurück und soll nach dem Pferdekuss, den er sich beim Testspielsieg gegen Bulgarien (3:0) eingefangen hat, wieder einsatzbereit sein.
Kylian Mbappé könnte das gefallen. Denn der liefert sich gerade einen Kleinkrieg mit seinem Stürmerkollegen Olivier Giroud und würde vielleicht lieber mit Benzema zusammenspielen. Giroud hatte sich nach dem Spiel gegen Bulgarien in einem Nebensatz beklagt, dass er nicht genug Zuspiele abbekomme. Mbappé soll daraufhin so aufgebracht gewesen sein, dass er sich umgehend an die Presse wenden wollte, um klarzustellen, dass er sich in diesem Punkt nicht kritisieren lassen möchte.
Trainer Deschamps tat alles, um das zu verhindern, und nun stellte sich Mbappé am Sonntagnachmittag endlich den Pressevertretern. Da war sein Ärger schon verflogen. Den habe es eigentlich gar nicht gegeben, sagte er. Er wollte nur klarstellen, dass Giroud eben eine andere Spielweise pflege als andere. Könne man Benzema auch mal 40 Meter schicken, sei Giroud eher einer, der im Strafraum auf Bälle wartet. Ein Neymar habe 150 Ballkontakte, Benzema komme noch auf 80 und Giroud komme aufgrund seiner Spielanlage auf viel weniger. So einfach ist das. Außerdem sei längst alles geklärt. Eine „Mikro-Episode“ sei das gewesen, nicht mehr.
Derweil machen sich französische Fußballbeobachter in den sozialen Medien durchaus Gedanken darüber, ob der Zoff von Mbappé und dem mittlerweile 34 Jahre alten Giroud nicht doch noch nachwirkt. Der hat gegen Bulgarien zwar zwei Mal getroffen und ist mit seinen 46 Toren im Nationaltrikot zweitbester Torschütze des Landes hinter Thierry Henry, und doch haftet ihm der Ruf an, nicht wirklich Fußball zu spielen. Nun kursiert ein Video aus dem Training im Netz, das Paul Pogba bei ein paar Kunststückchen am Ball zeigt, während im Hintergrund Kylian Mbappé zu hören ist, wie er sagt: „Ich habe die Schnauze voll von diesen Inzaghis. Sie tun nichts, und dann drücken sie ab.“ Es fällt zwar kein Name, doch niemand hat den Hauch eines Zweifels daran, dass Giroud ein Inzaghi ist, einer, der sich, wie einst der italienische Stürmer Pippo Inzaghi, nicht so recht am Spiel beteiligt, bis ihm im rechten Moment der Ball auf den Fuß fällt.
In Frankreich beginnt man sich Sorgen zu machen um die Stimmung im Team. Für die deutsche Mannschaft könnte das eine gute Nachricht sein.
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