piwik no script img

Hansi Flick wird Fußball-BundestrainerOlli und ich

Hansi Flick wird Nachfolger von Bundestrainer Joachim Löw. Mit dieser Entscheidung wird der Kurs von DFB-Direktor Oliver Bierhoff gestützt.

Zwei Trainer, eine Richtung: Hansi Flick (l.) wird nichts grundlegend anders als Joachim Löw machen Foto: Andreas Gebert/dpa

Die alten WG-Bewohner aus dem Campo Bahia in Brasilien, wo 2014 angeblich die guten Schwingungen für den WM-Titel des Nationalteams entstanden, arbeiten wieder unter einem Dach. Elf Jahre lang haben Oliver Bierhoff und Hansi Flick sich bis 2017 gemeinsam für die deutsche Nationalmannschaft engagiert. Am Montag wurde Flick dann um 8.20 Uhr im gläsernen Treppenhaus der DFB-Zentrale von Fotografen erwischt. Schnell verbreitete sich die Kunde, dass die seit Wochen erwartete Vertragsunterzeichnung als Nationaltrainer bevorstünde. Gut drei Stunden später kam dann die Bestätigung vom Deutschen Fußball-Bund. Flick habe einen Kontrakt bis 2024 unterschrieben, der auch die Heim-EM miteinschließe.

Bei der WM 2014 war Hansi noch der nette Assistent, der die Presse mit eher nicht so fachspezifischen Informationen aus der Teambetreuer-WG bei Laune hielt. Bundestrainer Joachim Löw höre gern Udo Jürgens und Bierhoff stehe „auf amerikanische Country-Musik“, erzählte er etwa. Für seine Lieblinghits interessierte sich damals allerdings noch keiner.

Sieben Jahre später ist der 56 Jahre alte Hansi Flick so etwas wie ein Rettungsanker, der fast aus dem Nichts auftgetaucht ist und an den sich etliche im Verband, die gegen einen Abwärtssog zu strampeln haben, nun klammern. Vor wenigen Monaten schienen Flick und der FC Bayern noch die perfekte Erfolgssymbiose zu sein, für den DFB wiederum schien der Ex-Angestellte in unerreichbarer Ferne.

Zu den Profiteuren im Deutschen Fußball-Bund zählt zuvorderst DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Wie die Bild-Zeitung mitteilte, hätte sich der Vertragsabschluss mit Flick auch deshalb so lange hingezogen, weil dieser in einigen Detailfragen hart verhandelt habe. Wichtig sei ihm etwa gewesen, dass der stark in die Kritik geratene Bierhoff sein Ansprechpartner bleibt.

Ganz oben auf der Wunschliste

Bierhoff hatte vor Kurzem bekanntgegeben, er habe ein „unheimlich gutes und enges Verhältnis“ zu Flick. Mit seiner Verpflichtung werden die strategischen Zukunftsentscheidungen, die Bierhoff für die Nationalmannschaft vorgibt, gewiss nicht in grundlegend anders ausgerichtet werden. So verwundert es nicht, dass der DFB-Direktor am Montag betonte: „Er stand von Anfang an ganz oben auf meiner Wunschliste.“

Neben Bierhoff wird aber auch die Funktionärsriege beim DFB große Erleichterung spüren. Für sie ist Flick ebenfalls ein Glücksfall. Unter den mittlerweile reichlich renommierten deutschen Trainern gab es nicht gerade ein Gedränge um den höchsten Job beim DFB. Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel oder Jürgen Klopp winkten frühzeitig ab. Nun kommt der mit sieben Titeln in den vergangenen anderthalb Jahren weltweit erfolgreichste Trainer an Bord des DFB-Tankers, der aufgrund etlicher Skandale und Machtkämpfe in der Führungscrew einen sehr angeschlagenen Eindruck macht. Das gibt etwa Rainer Koch, der mit Peter Peters den Verband kommisarisch leitet, die Gelegenheit, sich mit mehr Ruhe den vielen anderen Baustellen zuzuwenden. Unter anderem ist Koch ja Beschuldigter in einem Steuerstrafverfahren gegen den DFB.

All das dürfte die Verhandlungsbasis für Hansi Flick trotz einiger Sonderwünsche recht einfach gemacht haben – obgleich offenbar Real Madrid und der FC Barcelona in den letzten Tagen großes Interesse an ihm bekundet haben. In der DFB-Pressemitteilung erklärte Flick am Montag: “Es ging jetzt doch alles auch für mich überraschend schnell mit der Unterschrift, aber ich bin sehr glücklich, ab dem Herbst als Bundestrainer tätig sein zu dürfen.“ Mit Optimismus blicker er auf seine nächste Arbeit in den nächsten drei Jahren und hob in diesem Zusammenhang namentlich den „starken, vertrauensvollen Partner“ Oliver Bierhoff hervor. Jener sagte: „Wir haben ein großes gemeinsames Ziel: Zurück an die Weltspitze.“ Flick werde sich neben seiner Arbeit für das Nationalteam auch mit Ideen für die Nachwuchsarbeit in der DFB-Akademie und der Trainerausbildung einbringen.“

Mit wem der künftige Bundestrainer im Betreuerteam zusammenarbeiten wird, ist noch unklar. Flick sagte, im August werde er sich „detailliert“ zu seinen Vorstellungen äußern. Derzeit sei nur die anstehende Europameisterschaft wichtig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Bin gespannt, wie Flick eine Mannschaft formen will, die attraktiven Fußball spielt.

    Ich fürchte, für einen Neuanfang ist er der falsche Mann.

    Stefan Kuntz wäre wohl besser gewesen.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Wird das einfach vom DFB bestimmt, wer Bundestrainer wird?



    Zumindest solle man doch mal die Vereine fragen bzw. wählen lassen, oder?