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Die WahrheitSchlachtfest für Steuerzahler

Testzentren unter Verdacht: Gibt es tatsächlich Betrug in den Coronaprüfstätten? Ein dringend notwendiger Kontrollbesuch der Wahrheit.

Illustration: Ari Plikat

Hier herrscht Mund- und Nasenpflicht!“, steht an der Eingangstür des Hallenbaus, gemeint ist aber natürlich die Bedeckung der genannten Organe. Wir treten ordnungsgemäß maskiert ein und werden erst einmal mit Desinfektionsmittel abgebraust. „Hy­gie­ne geht vor“, meint Gerd Spickenroth. Das werden wir noch häufiger zu hören kriegen.

Hier, in einem Gewerbegebiet bei Holtringhausen im waldreichen Örpel, einem der unwahrscheinlicheren deutschen Mittelgebirge, betreibt Spickenroth seit einigen Monaten ein Coronatestzentrum. Eingerahmt von einem Hundefutterzentrum und einem Teppichcenter bietet der Bau aus verzinktem Stahlblech Platz für bis zu 500 Testwillige, doch an diesem Samstagmorgen verirrt sich kein einziger Kunde in den Gewerbepark, auch wenn dem coronaverängstigten Bürger ein „Fast 100 % negatives Testergebnis durch Spitzentechnologie“ garantiert wird. So beschreibt es jedenfalls ein Transparent, das im Wind flattert.

Spickenroth ist ein erfahrener Betreiber von Zentren aller Art. In schneller Folge gelang es dem Gewerbetreibenden, in derselben Immobilie erst ein Go-Cart-, dann ein Gartenteich- und schließlich ein Achtsamkeitszentrum zu lancieren. Von langer Dauer war keine dieser Unternehmungen.

„Stillstand ist der Tod!“, erläutert der Unternehmer sein marktwirtschaftliches Credo. „Man muss immer auf dem Quivive sein, immer neue Ideen haben. Für ein paar Jahre waren wir sogar Ankerzentrum“, erzählt er von den bewegten Zeiten, als er zwischen den dünnen Wänden aus gewalztem Blech bis zu 1.300 syrische Flüchtlinge beherbergte. Mehr will Spickenroth mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren nicht erzählen. Ein handfester Skandal, in den neben einem dubiosen Sicherheitsheitsdienst auch ein Landrat verwickelt war, hatte damals zur Schließung geführt. Die gerichtliche Aufarbeitung dauert noch immer an.

Beide Daumen hoch

Spickenroth reckt beide Daumen hoch. „Der Standort ist jedenfalls top! Ansprechendes Ambiente, Parkplätze, Citynähe“, versichert er und weist auf die vierspurige Schnellstraße. In der Ferne sieht man die sparsame Skyline von Holtringhausen mit seinen 2.000 Einwohnern. Die nächste Kreisstadt liegt in fünfzig Kilometern Entfernung, bis in die Großstadt ist es eine halbe Tagesreise.

Trotzdem gibt der Entrepreneur an, in seinem Testzentrum etwa 600 Bürgertests in der Stunde durchzuführen, die er bei der öffentlichen Hand mit jeweils 18 Euro abrechnen kann. „Keine Ahnung, wo die Leute alle herkommen. Vielleicht von weit her, weil sie unseren einzigartigen Service schätzen. Die Kundendaten darf ich aber nicht herausrücken, Hygiene geht vor.“

Fiebrig glänzende Augen im blinden Goldrausch

Bisher haben sich die Behörden auf die Angaben des Betreibers verlassen, Kontrollen fanden nicht statt. „Das klingt für den Laien vielleicht nach einer Einladung zum Betrug“, meint Spickenroth und muss hart und trocken schlucken. Als er weiterspricht, haben die Augen des wegen eines Verfahrensfehlers noch immer unbescholtenen Geschäftsmanns einen fiebrigen Glanz angenommen. „Es klingt fast ein bisschen nach einer riesengroßen Bonanza!“, ruft er agitiert. „Nach einem Goldrausch, einer sprudelnden Ölquelle! Nach einem Schlachtfest für die Steuerzahler!“

Spickenroth lächelt entschuldigend und wischt sich Schaumflocken aus den Mundwinkeln. „Ich begeistere mich eben für gesellschaftliche Verantwortung“, spricht er staatstragend und referiert über den „unschätzbaren Dienst an der Gemeinschaft“, die „Freude am Gestalten“, aber auch die „unternehmerfeindliche Neidkultur“ und die „bürokratischen Bremsklötze“, die den gewerblichen Coronatester an der gottgegebenen unternehmerischen Entfaltung hinderten.

„Ich habe ja auch meine Unkosten“, ereifert er sich. „Die teuren Testkits, die horrenden Personalkosten! Und wenn ich am Ende des Tages eine bescheidene Rendite erwirtschafte, werde ich gleich wieder an den Pranger gestellt.“

Wir dürfen einen Blick ins Materiallager werfen. Auf Paletten lagern im hinteren Teil der Halle Tausende Schachteln mit chinesischem Aufdruck, allerdings entdecken wir kleingedruckt in deutscher Sprache die Beschriftung: „Stäbchen von Watte mittels Säuberung Ohr“. Die holprige Übersetzung wirft natürlich Fragen auf, genauer untersuchen dürfen wir die Verpackungen nicht. „Hygiene geht vor!“, findet der Zentrumsmanager.

„Ich habe diese hochwertigen Corona­tests auf persönliche Vermittlung unseres Landrats aus der Volksrepublik China bezogen. Genau wie die Masken im letzten Jahr“, räumt Spickenroth unsere Zweifel nicht gerade restlos aus. Der Unternehmer schwärmt davon, wie sehr sich der Politiker während der Coronakrise um die Volksgesundheit verdient gemacht habe. „Er lässt seine Kontakte für das Gemeinwohl spielen, egal ob es um die Aussetzung der Quarantänepflicht für Vertragsarbeiter aus Rumänien oder um Pandemiebedarf aus dem Land der Mitte geht.“

Dass ebenjener Landrat auch die Genehmigung dieses Testzentrums vorangetrieben habe, will der Unternehmer mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren ebenso wenig bestätigen wie eine Beteiligung des Politikers an der Firma „Premium Medicaid“, in deren Auftrag Spickenroth die Einrichtung betreibt. „Das soll die Justiz in ein paar Jahren klären“, meint er achselzuckend. „So machen wir das immer.“

Blutflecken auf Schürzen grobschlächtiger Gestalten

Spickenroth heißt uns auf einem Plastikstuhl Platz nehmen, er will uns sein medizinisch geschultes Personal vorstellen. Ein paar übernächtigt wirkende Gestalten in weißen Plastikanzügen schlurfen heran. Immerhin tragen sie Schutzkleidung, doch als wir genauer hinschauen, fallen uns Blutflecken auf den abwaschbaren Schürzen auf. „Hauptberuflich arbeiten die Herren im Schlachthof“, erklärt Spickenroth. „Es sind rumänische Vertragsarbeiter, deren Wunsch nach täglichen Coronatests unser Landrat auf unbürokratische Weise erfüllen konnte. Sie dürfen sie sogar selbst durchführen.“

In einem abgehängten Abteil sehen wir, dass sich die Mitarbeiter im Sekundentakt gegenseitig testen. „Man kann gar nicht vorsichtig genug sein“, bekräftigt Spickenroth. „Hygiene geht vor, besonders im Lebensmittelgewerbe.“

Bevor wir fragen können, ob auch der Schlachthof womöglich dem umtriebigen Landrat gehört, rauscht uns schmerzhaft ein Plastikstäbchen in die Nase. Die Wucht des Stoßes scheint zu bestätigen, dass der grobschlächtige Tester sein Handwerk im fleischzerteilenden Gewerbe erlernt hat. Als das Nasenbluten endlich nachgelassen hat, liegt das Testergebnis schon vor. Es wird der einzig rundum positive Aspekt unseres Besuchs bleiben.

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4 Kommentare

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  • Wirklich lesenswert. Eine Satire. Eine Satire? Die mitten hinein trifft. Gerd Spickenroth, ein bestimmter Unternehmertyp wie er leibt und lebt und unternimmt und redet. Ich weiß gar nicht ob ich in einer Satire bin, oder in der Wirklichkeit. Realsatire, Satire real – Einem Spickenroth ist es eh egal.



    *Spickenroth ist ein erfahrener Betreiber von Zentren aller Art. In schneller Folge gelang es dem Gewerbetreibenden, in derselben Immobilie erst ein Go-Cart-, dann ein Gartenteich- und schließlich ein Achtsamkeitszentrum zu lancieren. Von langer Dauer war keine dieser Unternehmungen.*



    Ja. Und zum Ankerzentrum kann hier noch eines dazu gezählt werden: Ein Maßnahmenzentrum für Menschen in der Grundsicherung „H4“. Da läuft nämlich sehr häufig sehr vieles genauso oder ähnlich ab wie geschildert. Toller Artikel.

  • Gerd Spickenroth passt auf die Bundespressekonferenz.



    Ganz rechts oder links außen, sitzend als Troßergänzung für Jens Spahn kann er sich hervorragend, den investigativen Fragen des Press Corps der deutschen Haupstadt stellen.



    Immer, wenn er antwortet wird es still im Presseraum.



    Die Konferenzmoderatorinn betont ein ums andere Mal wie unabhängig, selbstliebend, diese Veranstaltung ist.



    G.S. betont, das er den Aussagen des Ministers nichts, hinzuzufügen hat.



    Gert Spickenrot ist gerne, bereit Fragedetails nachzureichen.



    Im Übrigen teilt er mit, Pressemitteilungen generell nicht zu kommentieren.



    Sein absolutes Vorbild ist der Abgesande des Verteidigungsministeriums.



    Immer klare Null Auskunft!



    Wenn es für ihn(G.S.) eng wird, kommt, ich werde das eben Gesagte nicht wiederholen. (Er hat gar nichts gesagt)



    Gert Spickenroth ist für höheres geeignet. Er muß mehr in die Mitte rücken.



    __________________

    Die Karrikatur is wieder Supi.



    Manchmal ertapp ick mir Kleinigkeiten, wie z. b. den Hund o. rechts, unten im Bild nachzuzeichnen.



    Det wird nie watt.



    Zum Verrücktwerden!

    • @Ringelnatz1:

      Oh Mann, ich kann es nicht lassen Schon rattelt u. schneckt es wieder. Ich habe eine faule Ausrede. Beim Wahrheitsartikel über die Sisi habe ich ihrem Lieblingspekinesen übel mitgespielt. Seine Rache: Jetzt hat er mir seine k. u. k Flöhe geschickt und solange wie ich die nicht weg kriege, muss ich es kratzend ratteln lassen, ob ich will oder nicht. Aber Ihr Kommentar: Kongenial einen Gerd Spickenroth in einen neuen Kontext transferiert, den man diesem Unsympath auch noch zutrauen kann.



      Die Karikatur. SCHÖN. Ich mag es, sehr. Und der Hund…Auch wenn er sein Äußeres etwas verändert haben mag, ich frage mich: Ist das nicht etwa Claus Dieter Unfug, C.D.U? Der blinden Border Collie, den vor geraumer Zeit eine gewisse Partei aus dem tristen Tierheim Köln-Viersen „befreit“ hat? Oder bestochen hat? Und ihm als ersten Wahlkampfhelfer eingesetzt oder benutzt hat? DIE WAHRHEIT berichtete darüber. Irgendwie mag ich bis heute nicht wirklich glauben, dass sich C.D.U für sowas hergibt. Wer ist er wirklich? Erfüllt er eine Mission „under cover“? Indizien: C.D.U ist immer da, wo Koalitionen mit „schwarz“ u. „grün“ im Spiel sind. In BaWü im Süden klappt es nicht Recht mit der Einführung eines Hundeführerscheins und oben im Norden in SHW verweigern Hunde plötzlich den Gehorsam. So geschehen auf Föhr. Und jetzt auf der Bundesebene...und doch vor Ort zwischen Hundefutterzentrum und einem Teppichcenter. Alles nur vage Indizien, ich weiß. Aber ich werde weiterhin DIE WAHRHEIT beobachten, wo dieser Hund seine Pfote noch im Spiel haben könnte.

      p.s. Der elektronische Übertragungsweg für die lieben Kleinen, siehe oben, ist ausgeschlossen.

  • We're only in it for the money,



    Ein Hoch auf die Kriegsgewinnler...