piwik no script img

Anti-Lärm-Demo mit RasenmähernVolle Dröhnung für die Landrätin

Lärm­geg­ne­r*in­nen protestieren in Osnabrück gegen Motorräder, indem sie mit Rasenmähern Krach machen. Genehmigt wurden nur 30 Minuten.

Kann Lärm gut simulieren: Rasenmäher, hier im österreichischen Steinbrunn Foto: dpa/APA / Robert Jaeger

Osnabrück taz | Bei 110 Dezibel fängt der Schmerz an. Das ist, als würdest du neben einer Kreissäge stehen. Es gibt Menschen, die mögen das: Motorrad-Poser, die mit ihren getunten Maschinen am Wochenende über ländliche Bergstrecken jagen. Und es gibt Menschen, die finden das unerträglich: Anwohner, die dabei von einem Lärmschock in den nächsten fallen.

Auch im Landkreis Osnabrück ist das ein Problem, und von Hilter-Borgloh bis Bramsche/Engter hat sich Widerstand formiert. Einige der Protestaktionen zeigen Humor: Lärm als Weckruf gegen Lärm. Am 24. April, dem „Tag gegen Lärm – International Noise Awareness Day“, soll er vor dem Kreishaus gemacht werden, und Landrätin Anna Kebschull, die erste Grünen-Landrätin Deutschlands, soll ihn nicht überhören: „Unser erster Gedanke war eine Motorradattrappe und Lärm per Lautsprecher, ein echtes Motorrad hat ja keiner von uns“, sagt Aktivist Eberhard Schröder. „Aber dann kam uns die Idee mit dem Rasenmäher.“ Das ist ein AS 28 2T ES, ein 2-Takter mit 6,7 PS.

Der Plan: Im Mehr-Minuten-Abstand fährt der Mäher ab kurz nach 9 Uhr zwei Stunden lang am Bürotrakt der Landrätin vorbei. Mit 80 bis 100 Dezibel. „Wir vermitteln so der Landrätin und ihrer Entourage einen sehr realitätsnahen Eindruck von dem – akustischen – Wochenendgeschehen an den Biker-Routen in ihrem Landkreis.“

Die Stadt Osnabrück wehrt ab: Mäher-Verbot! „Geht nicht, hieß es“, sagt Schröder. „Das sei schließlich mutwillig erzeugter Lärm, kein üblicher Straßenkrach. Er belästige Mitarbeiter und Besucher des Kreishauses, außerdem komme er durchgängig aus einer einzelnen Quelle, nicht unregelmäßig aus unterschiedlichen.“ Bizarr. Zulässig, bescheidet die Stadt, seien nur 90 Dezibel. Der Mäher liege ja möglicherweise drüber.

Städtisches Mäherverbot

„Heavy, oder?“, sagt Schröder. Und dann erzählt er von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), der keinen Lärmbeauftragten für nötig hält. Und von der „zahnlosen Polizei“, die keine zertifizierten Lärmmessgeräte hat.

Immerhin: In letzter Minute hat Schröders Protest geholfen. Die Landrätin muss den Mäher ertragen, aber insgesamt nur 30 Minuten. Gut, dass ihr Büro nicht an einer Bergstrecke liegt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Was für ein pauschaler Unsinn.



    Lärm ist ein Problem, das von allen Fahrzeugen verursacht wird.



    Von getunten Autos ebenso wie von Motorrädern.



    Sollen wir den Stadtflüchtern, die ihre SUV im Hof ihrer Landidylle stehen haben, die ländlichen Gegenden komplett exklusiv überlassen?



    Das pauschale Bashing bestimmter Gruppen muss vernünftigen Gesamtkonzepten weichen. Da kommen die Hersteller ins Spiel, durch Vorgaben zur Lärmemission ist das möglich.