: „Deutschlandretter“ vorm ausgebrannten Container
In Buxtehude ließ die AfD ein Plakat vor einem ausgebrannten Container eines Wohnheims für Geflüchtete anbringen. Ein Anwohner ist so empört, dass er Strafanzeige erstattet
Von Nadine Conti
Der Brand ist schon eine Weile her. In der Nacht auf Karfreitag, das war der 2. April, brach in ein paar Containern in Buxtehude ein Feuer aus. Einer der Bewohner der Containeranlage bemerkte es, wählte den Notruf und weckte die anderen. Verletzt wurde niemand, aber das gesamte Wohnheim ist nun unbewohnbar, 16 Geflüchtete mussten anderswo untergebracht werden.
Zwanzig Tage ist das nun her und noch immer haben die Brandermittler das Ergebnis ihrer Untersuchung nicht bekannt gegeben. Hellmuth Färber macht das unruhig. „Ich frage mich eben, ob da wirklich in alle Richtungen ermittelt wird oder man sich ganz schnell mit der erstbesten Antwort zufrieden gibt“, sagt er. Weil das Feuer wohl im oder in der Nähe des Raumes ausbrach, in dem sich Waschmaschinen und Trockner befanden, lag der Verdacht auf einen technischen Defekt oder einen Bedienungsfehler nahe.
Noch bevor das geklärt werden konnte, sorgte allerdings die örtliche AfD für Aufsehen und Empörung. Unmittelbar neben den Containern mit den deutlich sichtbaren Brandspuren steht eine große Werbetafel. Auf ihr prangte bald ein Plakat mit der Aufschrift „Werde Deutschlandretter“ und einer Reihe von jungen Frauen in AfD-T-Shirts – darunter auch die Bundestagskandidatin für den Wahlkreis Stade/Rotenburg Marie-Thérèse Kaiser.
„Geschmacklos“ empörten sich sofort zahlreiche Ratsmitglieder. „Reiner Zufall“, behaupten die Funktionäre der Partei auf Anfrage der örtlichen Presse. Die Plakatwand sei lange vor dem Brand gebucht gewesen und könne gern überklebt werden, wenn man denn die Kosten von 600 Euro erstattet bekäme. Auf die Idee einfach ein anderes Motiv zu verwenden, kam in der Partei aber auch niemand. Mittlerweile ist das Plakat überklebt, die Vermietung der riesigen, beleuchteten Tafel erfolgt in der Regel wochenweise.
Hellmuth Färber lässt die Sache trotzdem keine Ruhe. Er hat nun Anzeige erstattet, wegen Volksverhetzung. Färber engagiert sich auch in der „Bürgerinitiative Menschenwürde Buxtehude“, die sich um die Betreuung von Geflüchteten kümmert. Einige Mitglieder unterstützen seine Anzeige, andere sind eher skeptisch. „Ich bin mir bewusst, dass man bei so etwas immer Gefahr läuft, der AfD einfach nur zusätzliche Aufmerksamkeit zu verschaffen“, sagt Färber.
Die Erfolgsaussichten sind vermutlich eher gering – solche Verfahren werden häufig von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Und das selbst bei Plakaten, die viel eindeutiger hetzen als dieses, wie sich zum Beispiel bei der Partei „Die Rechte“ und ihren Plakaten „Israel ist unser Unglück“ im Europawahlkampf gezeigt hat.
Färber hat sich nach der Rücksprache mit verschiedenen Juristen trotzdem für eine Anzeige entschieden. „Weil jede Anzeige einen Vorgang auslöst, der bei staatlichen Behörden dann registriert ist“, sagt er.
Und wenn das am Ende irgendwie dazu beiträgt, dass die Staatsschutzabteilung der Polizei oder sogar der Verfassungsschutz die Partei im Auge behalten, ist doch schon viel gewonnen, sagt er. Immerhin steht die Einstufung der Partei als bundesweiter „Beobachtungsfall“ durch den Verfassungsschutz immer noch im Raum, das Verwaltungsgericht Köln hatte dies in einem Eilverfahren nur vorläufig untersagt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen