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Eine Art Worpswede der Gar­ten­künst­le­r*in­nen

Bäume, Stauden, Rosen – es gibt wenige, aber es gibt sie: Drei der besten Anlaufadressen für Gartenverrückte in und um Berlin im Kurzporträt

Das Geheimnis von Andrea Genschorek: Sie versorgt ihre Pflanzen mit Unmengen von Pferdemist

Die Späthsche Baumschule im Treptower Ortsteil Baumschulenweg ist eines der ältesten Unternehmen Berlins und die älteste Baumschule Deutschlands. Sie geht auf eine Obst- und ­Gemüsegärtnerei zurück, die schon 1720 von Christoph Späth in Kreuzberg gegründet wurde. Auf dem Gelände ­befindet sich eine Baumpflanzung im Stil englischer Landschaftsgärten, die von Franz Späth ab 1879 angelegt wurde und seit den 1960ern Teil der bio­logischen Fakultät der Humboldt-Uni­versität ist. Franz Späth gründete auch die Abteilung für Gartengestaltung, die bis zum Zweiten Weltkrieg den Gartenstil in der Region prägte. Viele bekannte Gärt­ne­r*in­nen haben in der Baumschule gelernt. Der letzte Besitzer der Baumschule vor dem Krieg, Franz’ Sohn Hellmut, trat 1933 der NSDAP bei. Allerdings war er in erster Ehe mit einer Jüdin verheiratet und beschäftigte Juden in der Baumschule, so dass er 1943 von den Nazis verhaftet und 1945 in Sachsenhausen ermordet wurde.

Von 1949 bis 1989 war die Baumschule Eigentum des Volkes. Nach der Wende sollte die Baumschule abgewickelt werden, die meisten Gärt­ne­r*in­nen gingen. Doch nun gehört das Unternehmen wieder den Nachfahren der Baumschuldynastie. In normalen Zeiten setzt die Baumschule wie die Königliche Gartenakademie (siehe Text unten) stark auf den Erlebniseinkauf mit Hofcafé, Märchenhütte, mobiler Mosterei und zahlreichen Veranstaltungen – im Moment kann man dort allerdings „nur“ Bäume und Sträucher, Rosen und Stauden sowie Bio-Lebensmittel und Geschenkartikel im Hofladen erwerben.

Die Foerster Staudengärtnerei ist eine Art Mekka für alle Gartenverrückten, die sich einen blühenden Garten voller winterharter Stauden wünschen, mehrjährige Pflanzen also, die ganz von allein jedes Jahr wiederkommen. Die Auswahl in der Gärtnerei ist überwältigend. Vor über 100 Jahren wurde sie in Potsdam-Bornim vom berühmten Staudenzüchter und Gartenphilosophen Karl Foerster gegründet. Und zwar direkt neben seinem spektakulären und bis heute erhaltenen Wohnhaus inklusive Privatgarten, den man bei einem Besuch der Gärtnerei unbedingt besichtigen sollte.

Geboren 1874 als Sohn des Astronomen und Direktors der Königlichen Berliner Sternwarte, Wilhelm Julius Foerster, wurde Karl Foerster an Peter Joseph Lennés Königlicher Gartenakademie ausgebildet. Nach Gründung seiner Gärtnerei entwickelte sich Bornim zu einer Art Worpswede der Gartenkünstler, wo sich auch Musiker, Maler und Architekten austauschten. Foerster gestaltete zahlreiche Gärten und Parkanlagen. So richtig berühmt wurde er allerdings eher durch seine unterhaltsamen Bücher und etwa 370 Neuzüchtungen von Pflanzen. Foerster propagierte „Gärten für intelligente Faule“, in denen vor allem Pflanzen gedeihen, die zwar lebendig und bunt sind, aber kaum Pflege brauchen.

Eine der berühmtesten Hinterlassenschaften von Foerster ist der Senkgarten in Bornim. Die Idee dahinter: Die Pflanzen stehen in einem abgesenkten Bereich des Gartens, meist von einer Mauer eingerahmt, geschützter, außerdem kann der Betrachter, der sich im Senkgarten befindet, die Pflanzen auf Augenhöhe erleben.

Wer sich schon immer fragte, wie man um Himmels Willen in der sandigen, trockenen Region Berlin-Brandenburg Rosen zum Blühen bringen soll, dem sei ein etwas zeitaufwendiger Ausflug in die Bioland Rosenschule Uckermark ans Herz gelegt, im 90 Autominuten von Berlin entfernten Mischerin im Nationalpark Unteres Odertal, kurz vor Stettin.

Als Andrea Genschorek sich entschloss, in diesen abgelegenen Teil der Uckermark zu ziehen, wollte sie zunächst gar keine Rosen züchten. Doch der idyllische Hof inklusive Ferienwohnungen mit dem weitläufigen Grundstück inklusive See ist geradezu prädestiniert für ein Rosenparadies.

Viele der Rosen im Schaugarten haben Stämme, die so dick sind wie Kinderbeine. Genschoreks Geheimnis: Sie versorgt ihre Pflanzen mit Unmengen von Pferdemist. Außerdem musste sie den kleinen See ausheben, sodass die Erde schwerer ist als sonst üblich in Brandenburg. Trotzdem weiß sie guten Rat, wenn die Rosen einfach nicht klar kommen in und um Berlin und man kein Pferd auf dem Balkon halten kann: Die Rosa Rugosa, die man auch als Kartoffelrose kennt, ist eine Wildrose, die auch in Dünen wächst, die von Juni bis Oktober blüht, duftet und magisch Bienen, Hummeln und Schmetterlinge anzieht. Man muss sich anpassen, das wusste schon Alexander von Humboldt. Susanne Messmer

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