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Eskalation im Nahen OstenZivile Kollateralopfer

Israel lehnt einen Waffenstillstand ab, die Hamas feuert so viele Raketen ab wie noch nie. Dabei sterben und leiden viele Zivilist*innen.

Raketen der Hamas trafen am 15. Mai Ramat Gan, dabei wurde ein Mensch getötet Foto: NurPhoto/imago

Tel Aviv taz | „Es ist gerade schwer, in Gaza von einem Ort zum anderen zu kommen“, erzählt Mohammad Zanoun, ein Fotojournalist aus Gaza, am Telefon: „Die Straßen sind völlig zerstört. Auch viele Häuser und Märkte.“ Nach Angaben des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) verließen bisher rund 42.000 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen wegen der massiven Luftangriffe ihre Häuser und suchten Schutz in den Schulen Hilfswerks. In der Nacht auf Montag seien die Bombardierungen, so berichtet Zanoun, die vielleicht heftigsten seit Beginn der militärischen Auseinandersetzungen gewesen. „Es ist hart, diesen Bombengeräuschen ausgesetzt zu sein.“

Die internationalen Rufe nach einem Waffenstillstand zwischen Israel und der den Gazastreifen kontrollierenden Hamas werden immer lauter. Doch Israel lehnt einen Waffenstillstand weiterhin ab. Eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats blieb vorerst ohne Ergebnis.

Israel bombardierte in der Nacht auf Montag etwa 15 weitere Kilometer des Tunnelsystems der Hamas, „Metro“ genannt. Es war die dritte Angriffswelle gegen das unterirdische Geflecht weitverzweigter Gänge. Laut Roni Schaked, israelischer Hamas-Experten des Jerusalemer Harry-S.-Truman-Instituts für Friedensentwicklung, befinden sich dort unter anderem das Hauptquartier und Waffenlager der Hamas. Raketen würden von dort abgefeuert. Die Tunnel dienen außerdem dem Schutz der Hamas-Kämpfer*innen und dem schnellen Transport. „Diese Tunnel machen es für das israelische Militär so schwer, Waffenlager zu treffen“, so Schaked.

Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht auf Montag außerdem die Häuser von neun Hamas-Kommandeuren getroffen und am Montagmittag einen Anführer der Terror­organisation Islamischer Dschihad gezielt getötet. Insgesamt sind seit dem Ausbruch der militärischen Auseinandersetzungen auch fast 200 Be­woh­ne­r*in­nen des Gazastreifens getötet worden, darunter viele Köpfe der Hamas und des Islamischen Dschihad, aber auch Zivilist*innen, unter ihnen 58 Kinder.

Explosivere Raketen mit weniger Präzision

In Israel heulen derweil weiterhin die Warnsirenen. Vom Gazastreifen aus sollen in einer Nacht etwa 60 Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert worden sein. Die Zahl der Todes­opfer auf israelischer Seite beläuft sich bislang auf zehn.

In Israel heulen derweil weiterhin die Warnsirenen. 60 Raketen wurden in einer Nacht aus Gaza abgefeuert

Die Hamas feuerte wesentlich mehr Mittelstreckenraketen auf Tel Aviv und andere Städte im Zentrum Israels als in vorherigen militärischen Auseinandersetzungen. Laut Israels Armeesprecher Arieh Schalikar sind möglicherweise auch Langstreckenraketen in den Händen der Hamas, die ganz Israel erreichen könnten. Insgesamt gehe man von einem Arsenal von rund 30.000 Raketen bei der Hamas und dem Islamischem Dschihad aus. Je größer die Reichweite, desto explosiver seien die Raketen und könnten mehr Schaden anrichten. „Die neuen Waffen, die in dieser Runde zum Einsatz kommen, haben allerdings keine große Präzision“, erklärt Hamas-Experte Roni Schaked.

Bis 2011, als Ägypten die Schmuggeltunnel nach Gaza zu schließen begann, habe der Iran über Sudan und Ägypten die Hamas direkt mit Waffen und Raketen versorgt, sagt Schaked. Eine weitere Waffenquelle für die Hamas sei Libyen mit seiner instabilen Lage 2011 gewesen. Mittlerweile, so Schaked, stelle die Hamas die Raketen mit iranischer Hilfe selbst her. Noch immer kämen aber auch direkte Waffenlieferungen aus Syrien und anderen Ländern über Fischerboote in den Gazastreifen.

Auf israelischer Seite werden laut Militär 90 Prozent der Raketen vom israelischen Abwehrsystem „Eiserne Kuppel“ abgefangen. Anders als in den vorherigen Runden von Raketenbeschüssen feuert Hamas dieses Mal zahlreiche Raketen gleichzeitig auch auf das Zentrum von Israel ab, möglicherweise in einem Versuch, das Abwehrsystem zu überfordern.

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