piwik no script img

Positiver Trend bei den CoronazahlenZurück in die Zukunft

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Nach Monaten des Lockdowns und der Einschränkungen ist endlich Land in Sicht. Das Leben wird zurückkommen – aber doch anders als gewohnt.

Bald kein entfernter Traum mehr? Ein Besuch im Biergarten könnte demnächst wieder drin sein Foto: Christina Kratsch/Davids

N ach geschlagenen vierzehn Monaten der Einschränkungen, des Abwartens, der Verbote und – ja, auch das – der Angst, einer manchmal nagenden Angst, scheint es unvorstellbar, dass es in absehbarer Zeit eine Rückkehr zu Verhältnissen geben könnte, die landläufig als normal bezeichnet werden.

Manche haben schon fast vergessen, wie das war, dieses Leben unter Freunden mit Kino und Restaurant, mit Reisen, auf dem Bolzplatz und beim Konzert, mit Kindern, die tatsächlich in Schulen unterrichtet werden, und Studierenden, die auf einem Campus lernen.

Aber tatsächlich ist es so, dass die Wiederkehr dieses prallen Lebens endlich näher rückt. Die Inzidenz bewegt sich deutlich nach unten. Auch die Zahl der Hospitalisierten sinkt. Noch immer sterben erschreckend viele Menschen an Covid-19, aber auch ihre Anzahl ist rückläufig.

Die Bundesnotbremse mit ihren Ausgangsbeschränkungen verliert damit zunehmend an Bedeutung, denn sie wird erst bei einer hohen Zahl an Infizierten wirksam. Sinkt dieser Wert wie erwartet weiter ab, dann beginnt ein Wettlauf im Land: Wer darf zuerst öffnen? Die ersten Bundesländer haben angekündigt, Gastronomie- und Hotelbetriebe wieder dort zuzulassen, wo das möglich erscheint.

Die Impfkampagne hat gehörig an Tempo gewonnen und drückt die Zahlen. Noch ist die Zahl der vollständig Geimpften gering. Aber mit jedem Piks wird auch die Bedeutung der Schnelltests zurückgehen – außer für diejenigen, die Solidarität verweigern und sich nicht impfen lassen wollen.

Keine alte Normalität

Und dann? Nein, das Leben wird nicht zur alten Normalität zurückkehren. Denn im September wird das Virus nicht verschwunden sein und auch nicht im nächsten Jahr, vielleicht auch noch nicht im übernächsten. Die Gefahr einer die Immunisierung ignorierenden Mutation bleibt bestehen. Die Gesellschaft wird sich an neue Maßstäbe gewöhnen müssen wie regelmäßiges Nachimpfen, Hygiene und Masketragen. Das Leben kehrt zurück – aber doch anders als gewohnt.

Wenige Wochen werden darüber entscheiden, wann es so weit sein wird. Wer jetzt zu schlampen beginnt und meint, die Angelegenheit habe sich erledigt, verbaut vielleicht nicht nur sich selbst, sondern auch vielen anderen den nächsten Sommerurlaub. Wer als Politiker jetzt meint, im Sinne von Handel und Wandel bei einer Inzidenz von 99,9 alle Tore auf einmal öffnen zu können, riskiert nicht nur seine eigene Abwahl, sondern weitere Todesopfer und Schwerstkranke.

Aber wenn sich ein Mindestmaß an Vernunft durchsetzt, dann, ja dann schreibe ich im Juli im Biergarten einen Jubelkommentar.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Nach über 1 Jahr Corona, in dem die Medien (einschl. Taz) fast nur von Pleiten, Pech und Pannen berichteten, kommt hier mal eine schüchterne Erfolgsmeldung. Also war das bisherige Tun eben doch nicht ganz erfolglos - Überraschung!



    Apropos „neue Maßstäbe“, an die sich die Gesellschaft gewöhnen muss. Ich verstehe die Dramatik nicht: „regelmäßiges Nachimpfen“ kennen wir bereits von der Grippe, „Hygiene“ war hoffentlich auch bisher schon selbstverständlich. Und wenn beides erfüllt ist, können wir dann vielleicht auf das „Masketragen“ verzichten!

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Ich bin mir sicher der Mensch wird so sein wie immer, langsam aber sicher wird man mit dem Virus leben und in ignorieren.

    Ist wie mit anderen Krankheiten auch, ob es nun gut oder schlecht ist das will ich nicht entscheiden

  • Ironischerweise ist sogar noch direkt unter diesem Artikel die Fallzahlkurve eingeblendet. Wo soll da denn ein Abwärtstrend sichtbar sein? Exponentielles Wachstum zu verringern heißt explosionsartige Anstiege einzudämmen. Keine ernstzunehmenden Experten rechnen vor dem Sommerende mit einer deutlich verbesserten Infektionslage.

  • Es wird keine Virusmutante geben die denn Impfschutz komplett umgehen kann!



    Das Virus hat alle Mutationen die Sinnvoll sind schon durchgespielt. Darum sind alle Varianten die auftauchen so ähnlich.

  • Nun dann, Respekt vor so viel Optimimus. Evtl. fällt ja die vierte oder folgende Welle mit Escape-Mutationen aus, denn sonst würde alles komplett von vorn (also mit Stand März 2020) beginnen, nur diesmal mit 50.000 Neuinfektionen pro Tag und 30% Sterblichkeit. Dann gibt es echte Ausgangsperren mit 0 Ausnahmen. Das Essen wird einmal die Woche von der Bundeswehr vor die Tür gestellt. Standardrationen ala "Atomkekse" usw.

    • 1G
      15833 (Profil gelöscht)
      @Bunte Kuh:

      Wie lange hält sowas eine Gesellschaft aus?

    • @Bunte Kuh:

      Ja, das kann sein.



      Es kann auch sein, dass SARS21 im Süden Panamas auftaucht und sich verbreitet. Vielleicht fällt auch ein Trümmerteil dieser chinesischen Rakete auf eine griechische Insel.



      All das kann passieren. Und dann sollten wir überlegt handeln.

      Wahrscheinlich ist es auch, dass aufgrund der Impfungen und des vorwiegend vernünftigen Handelns unserer Mitmenschen die Inzidenzen weiter fallen und sich das Infektionsgeschehen im Bereich der U50 jährigen abspielt.

      Und damit diese optimistische Variante wahrscheinlich bleibt, müssen wir weiter in Kleingruppen bleiben. Geschlossene Räume sind keine gute Idee.

      Vorsicht ist gut. Pessimismus und Angst machen auch blind.

      • @xriss:

        Wir sollten überlegt handeln bei überlastet Gesundheitssystem und 18.000 Neuinfektionen täglich. Also genau jetzt! Verfolgen sie in irgendeinem wissenschaftlichen Podcast oder das Infektionsgeschehen, oder eher in Kommentarspalten? Da ist sich das gesamte Gesundheitswesen und Virologie einig und ein Blick nach Indien zeigt, wie fatal kollektive Ignoranz sein kann!

        • @InvasivPlakativ:

          Na, das erzählen Sie doch mal Herrn Laschet, der gestern in Aachen mit ca. 80 Leuten symbolisch eine Verdichterstation im Festzelt eröffnete. Vielleicht ist alles hier ja doch einfach nicht so schlimm, hm? Oder warum geht so eine Feier Ihrer Meinung nach, auf der der Kanzlerkandidat ohne Maske eine Laudatio hält?

          www.aachener-zeitu...oetig_aid-57933215