Minderheiten in der Berliner CDU: Radaktivist mal in der Defensive
Heinrich Strößenreuther ist für klare Ansagen bekannt. Hat ihm seine neue Partei nun in Sachen Autobahn einen Maulkorb verpasst?
Strößenreuther hatte seine aktivistische Biografie vor Jahren als Falschparker meldender „Wegeheld“ eröffnet und zuletzt die Organisation „GermanZero“ aufgebaut, die ein 1,5-Grad-Klimagesetz fordert. Dass er das künftige Dasein als Christdemokrat durchaus ernst meint und sich als Konservativen begreift, stellte er auch gegenüber der taz klar.
Natürlich musste einem cleveren Player wie ihm bewusst sein, dass sein – vermeintlicher – Seitenwechsel einiges und einige aufwühlen würde. Und tatsächlich hat er sich damit zurzeit in eine defensive Position manövriert, die seinem politischen Anliegen nicht wirklich nutzen dürfte. Auch wenn er selbst vielleicht in anderen Zeiträumen denkt.
Am Montag sah sich Strößenreuther gezwungen, der Presse eine Klarstellung zu schicken. Denn der Tagesspiegel hatte in einer Glosse angedeutet, der Mann mit dem Fahrrad habe von CDU-Landeschef Kai Wegner eine Art Maulkorb bekommen, ein „Demoverbot“, um genau zu sein. Zurück ging das auf einen Strößenreuther-Tweet, in dem er die Teilnahme an einer Stopp-A100-Demo absagte und mitteilte, er habe bei dem Thema Differenzen mit Wegner und mit diesem „dazu gesprochen.“
Die Autobahn als Schwimmbad?
Strößenreuther klärte auf: Den Weiterbau der Stadtautobahn nach Friedrichshain lehne er ab. In Bezug auf einen Stopp des derzeit entstehenden Abschnitts nach Treptow kenne er die Fakten zu wenig, könne sich aber vorstellen, dass der bereits vorhandene Trog geflutet als „Schwimmbad für die Kreuzberger und Neuköllner“ dienen könne. Ein Demoverbot gebe es natürlich nicht – er habe am betreffenden Tag einfach nach langer Zeit mal wieder seinen Sohn getroffen.
Insofern könne von einem „100-prozentigen Gesinnungswandel“, den ihm die „Fahrrad-Bubble“ unterstelle, keine Rede sein. Diese Bubble hat sich zuletzt allerdings vor allem wegen ein paar anderer, mittlerweile gelöschter Strößenreuther-Tweets empört: Darin hatte er die Frage aufgeworfen, ob es angesichts des Umsetzungsstaus beim Mobilitätsgesetz wirklich so wichtig sei, sich für die Umbenennung der Mohrenstraße in Mitte einzusetzen.
Unter anderem äußerte sich dazu Changing Cities e. V. – der Verein war aus Strößenreuthers Volksentscheid Fahrrad hervorgegangen: „Changing Cities steht für Klimagerechtigkeit ohne Rassismus“, heißt es in einem Tweet vom Sonntag. „Mit seinem Tweet, in dem er rassistische Diskriminierung und fehlende Radinfrastruktur gegeneinander ausspielt, verabschiedet sich Heinrich Strößenreuther (CDU) von den Werten und Positionen von Changing Cities und der von uns begründeten Radentscheidbewegung.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“