Berliner Verkehrspolitik: Vom Fahr­rad­aktivisten zum CDUler

Erzkonservativ im Sinne der Bewahrung von Schöpfung: Heinrich Strößenreuther ist öko und gegen Autos, aber die CDU passt zu ihm.

Radaktivist Heinrich Strößenreuther und sein Fahrrad

Jetzt in der CDU: der Berliner Fahrrad- und Klimaaktivist Heinrich Strößenreuther Foto: Amélie Losier

BERLIN taz | Wieder so ein PR-Stunt: Das war die Reaktion mancher BeobachterInnen auf die Ankündigung des Berliner Verkehrs- und Klimaaktivisten Heinrich Strößenreuther, er sei jetzt CDU-Mitglied. Zumal die Pressemitteilung fast wie gute Satire daherkam: „Prominenter Klimaschützer tritt in die CDU ein war sie überschrieben, wurde von Strößenreuther selbst versandt und enthielt herzliche Begrüßungen von Berlins CDU-Landeschef Kai Wegner und dem Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann. Irgendwie klang das ausgedacht.

Warum, bitteschön, sollte der 55-Jährige bei den Christdemokraten anheuern? Ein Mann, der in Berlin 2016 tatsächlich zu Prominenz gelangte, als er dem rot-rot-grünen Senat mit dem „Volksentscheid Fahrrad“ Feuer unterm Hintern machte? Der gegen die Vormachtstellung des Autos in den Städten zu Felde zieht? Der die NGO GermanZero gründete, die ein 1,5-Grad-Klimaschutzgesetz erarbeiten und den nächsten Bundestag dazu bringen will, Klimaneutralität bis 2035 festzuschreiben?

Die CDU scheint da keine vielversprechende Plattform zu sein. So lag die Vermutung nahe, der „mehrfache Gründer, Changemaker, Klima- und Verkehrsexperte, Buchautor und Keynote-Speaker“ (Strößenreuther über sich selbst) sei pro forma eingetreten, um die Partei von innen zu piesacken und mit Knalleffekt wieder zu verlassen.

Anlass für den CDU-Eintritt war offenbar der in der Bundestagsfraktion verbreitete Aufruf für eine „Grüne Null“: 29 ParlamentarierInnen fordern darin unter anderem, die CO2-Bepreisung deutlich anzuheben und dafür unter anderem EEG-Umlage und Kfz-Steuer abzuschaffen, aber auch, die Wasserstoffproduktion für Brennstoffzellenautos zu fördern.

Ein PR-Stunt war das nicht

Vieles davon gefällt Strößenreuther ganz gut, wie er der taz verrät. Auf jeden Fall stellt er klar: Ein PR-Stunt war das nicht. „Ich bin erzkonservativ im Sinne der Bewahrung von Schöpfung“, sagt er und betont, in einem „CDU-Haushalt“ aufgewachsen zu sein. Er sei „tendenziell dem Unternehmerlager zuzurechnen“ und es sorge ihn, dass da ein Feindbild gewachsen sei: „Der Ton bei Fridays for Future hat sich stark in Richtung links und aggro entwickelt.“

Strößenreuther stellt klar, dass er auch in anderer Hinsicht gut zur CDU passt: „Mit Enteignung kann ich nichts anfangen“, sagt er über den in Berlin laufenden Volksentscheid zur Vergesellschaftung des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen. „Ich hielte das für eine gigantische Geldvernichtung.“ Und auch mit dem Begriff „Heimat“ habe er kein Problem, „auch wenn da jetzt einige aufschreien“. Es gehe am Ende ja auch darum, durch Klimaschutz gewachsene Landschaften zu bewahren.

Natürlich sei die 1,5-Grad-Politik für ihn die Messlatte, so Strößenreuther, und man werde sehen, ob die CDU wirklich in diese Richtung gehe. Aber von der SPD erwartet er im Berliner Landeswahlkampf gar nichts (Spitzenkandidatin Franziska Giffey „macht Autopolitik“), von der amtierenden grünen Verkehrssenatorin wenig: An der schleppenden Umsetzung des fahrradfreundlichen Berliner Mobilitätsgesetzes lässt er kaum ein gutes Haar.

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