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Eskalation in der OstukraineSorge um brüchigen Waffenstillstand

Berichte über russische Truppenbewegungen in Richtung Donbass und Krim mehren sich. Zuletzt starben wieder mehrere Soldaten.

In Kampfbereitschaft: ein Soldat der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“ südlich von Donezk Foto: Alexander Ermochenko/reuters

Berlin taz | In der Ukraine ist die Angst vor einem Angriff durch die von Russland kontrollierten Aufständischen und damit einem Ende des seit Juli 2020 gültigen Waffenstillstandes groß. Denn im Internet kursieren Videos von russischen Militärtransportern in Südrussland, die riesige Züge mit Panzern und Militärlastern auf dem Weg Richtung Donbass und Krim bilden.

Am Dienstag bat der Leiter der ukrainischen Delegation der 2014 eingesetzten Trilateralen Kontaktgruppe aus OSZE, Russland und der Ukraine, Leonid Krawtschuk, die OSZE um ein außerplanmäßiges Treffen der Gruppe. Nach ukrainischen Angaben haben russische Truppen den Beschuss der ukrainischen Streitkräfte nach der letzten Sitzung der Gruppe am 30. März verstärkt. Allein in der letzten Woche sind drei ukrainische Militärs getötet worden, vier weitere wurden verletzt.

Unterdessen informierte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg von einer Angriffsbereitschaft der russischen Truppen, berichtete das ukrainische Portal nv.ua. „In den letzten Wochen beobachten wir eine gefährliche Tendenz einer erhöhten Verletzung des Waffenstillstands durch die russischen Besatzungstruppen“, so Selenski.

Das russische Medium Gazeta.ru zitiert Denis Puschilin, Chef der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“, der berichtete, dass eine Drohne der ukrainischen Streitkräfte am 2. April ein fünfjähriges Kind in der Ortschaft Alexandrowskoe, unweit von Donezk, getötet habe. Deswegen habe die Staatsanwaltschaft der „Volksrepublik Donezk“ ein Strafverfahren gegen den Kommandeur der 59. Ukrainischen Brigade eingeleitet.

Die ukrainische Seite dementiert eine Mitschuld. Das Kind sei durch eine Mine ums Leben gekommen, schreibt Oleg Nikolenko, Pressesprecher des Außenministeriums, auf Facebook. „Alexandrowskoe liegt 30 Kilometer von den ukrainischen Stellungen entfernt. Keine einzige Drohne der Armee ist in der Lage, dahin zu fliegen.“

Provokationen und hartes Vorgehen

Der Eskalation war eine rhetorische Aufrüstung vorangegangen. Für die Ukraine war etwa ein Besuch der Chefin des russischen Fernsehens, Margarita Simonjan, im Januar in Donezk eine Provokation. Dort hatte sie ausgerufen: „Mütterchen Russland, bring den Donbass nach Hause.“ Nicht weniger provokant für dieUkraine war die Eröffnung einer Vertretung der russischen Partei „Gerechtes Russland“ Ende März in Donezk.

Gleichzeitig geht Kiew landesweit mit zunehmender Härte gegen die Kräfte vor, die man russlandfreundlich wähnt. Der prorussische Politiker Viktor Medwetschuk und seine Frau Oxana Martschenko waren im Februar mit Sanktionen belegt und faktisch enteignet worden. Über Nacht wurden drei prorussische Fernsehkanäle vom Äther genommen.

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