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Defekte Fischtreppe in GeesthachtNicht verkommen lassen

Gernot Knödler
Kommentar von Gernot Knödler

Die Fischtreppe am Stauwehr in Geesthacht bekommt die Allgemeinheit ohne Gegenleistung. Jetzt muss sich der Staat auch darum kümmern.

Staat und Vattenfall vereint: Bei der Einweihung der Fischtreppe im Jahr 2010 freuten sich noch alle Foto: Markus Scholz/dpa

D a könnte man ja direkt dem Kohlekraftwerk Moorburg nachtrauern: Weil das Kraftwerk vom Netz genommen wurde, sieht sich der Vattenfall-Konzern nicht mehr in der Pflicht, seine Fischaufstiegsanlage am Stauwehr bei Geesthacht in Stand zu halten. Die Folge: Die Fische können das Wehr nicht mehr passieren und nicht mehr zu ihren Laichplätzen gelangen.

Dass sich Vattenfall nicht mehr um die Fischtreppe kümmert, ist durchaus folgerichtig. Schließlich musste die Treppe gebaut werden, um ökologische Schäden aus dem Betrieb des Kraftwerks zu begrenzen. Zur Kühlung musste das Kraftwerk Elbwasser ansaugen, und damit auch einen Teil der Fische, die darin schwammen.

Mehr als ein Jahrzehnt lang wurde über die Kraftwerkskühlung vor den Gerichten bis hinauf zum EuGH gestritten. Dabei ging es darum, wie sehr die Kühlung das Laichgebiet oberhalb des Stauwehrs beeinträchtigt, weil dort weniger Fische ankommen, und ob die Fischtreppe diesen Schaden ausgleicht oder vermindert. Denn das Laichgebiet steht unter dem Schutz der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie.

Klar ist: Die Fischtreppe hat funktioniert. Wahrscheinlich hätte sie auch bei einem Weiterbetrieb des Kraftwerks den ökologischen Zustand der Elbe verbessert. Ganz sicher hätte sie das nach Abschaltung des Kraftwerks getan. Hinter diesen Zustand zurückzufallen, widerspräche dem Verschlechterungsverbot für Gewässer der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie.

Vattenfall mit dem Argument „Eigentum verpflichtet“ für den Weiterbetrieb der Fischtreppe haftbar zu machen, ist widersinnig. Das gescheiterte Kraftwerksprojekt führte zu dem glücklichen Umstand, dass der Allgemeinheit ein Werkzeug zur Heilung der Umwelt zur Verfügung steht – einfach so, ohne eine Beeinträchtigung auf der anderen Seite, die es auszugleichen gälte. Also steht der Staat jetzt in der Verantwortung.

Wenn das staatliche Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Lauenburg die Anlage jetzt verkommen lässt, ist das nicht nur ein Ärgernis ersten Ranges, sondern auch ein Rechtsverstoß. Politisch ist es an den Umweltministern Schleswig-Holsteins und Niedersachsens, Jan-Philipp Albrecht (Grüne) und Olaf Lies (SPD), Druck zu machen.

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Gernot Knödler
Hamburg-Redakteur
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