Klimastreik in Berlin: Another World Is Possible
Erstmals seit September ruft Fridays For Future den globalen Klimastreik aus. Um trotz Pandemie aktiv sein, setzt die Bewegung auf kreative Methoden.
BERLIN taz | Abwechselnd prasseln Regen, Hagel und Schnee auf die Aktivist:innen von Fridays For Future (FFF) hernieder. Von ihrer Aktion auf der Oberbaumbrücke lassen sie sich dadurch aber nicht abhalten. Rund 200 Leute sind an diesem Freitag hier, um die Fahrbahn der Brücke nach dem Motto „Another World Is Possible“ zu bemalen. Während größere Versammlungen aktuell nicht möglich sind, soll diese pandemiekonforme Kunstaktion die Klimakrise wieder mehr in den öffentlichen Fokus rücken.
Zum globalen Klimastreik fanden Aktionen in über 50 Ländern statt. In Deutschland wurde in über 210 Städten protestiert. In Berlin waren parallel zur Kunstaktion auf der Oberbaumbrücke unter anderem vier Fahrraddemos und eine Bootsdemo auf der Spree unterwegs. Motto und zentrale Forderung der Klimastreiks: #AlleFür1Komma5 – Eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten müsse unbedingt eingehalten werden.
Die Vorbereitungen an der abgesperrten Oberbaumbrücke beginnen bereits um sechs Uhr. In Kreide werden die Umrisse für eine riesige Straßenbemalung auf den Asphalt gezeichnet und von kleineren Gruppen mit Farbe befüllt. In der Mitte der Brücke prangt der Slogan „Another World Is Possible“, daneben acht verschiedene Symbole mit FFF-Kernforderungen. Nötig sei ein Umdenken unter anderem in den Bereichen Mobilität, Energie, Ernährung und Gesundheit.
Der durchnässte Asphalt erschwert das Ausfüllen der Logos mit Farbe zunächst, die auf dem Untergrund zerläuft. Bewusst wurden biologische Farben auf Naturbasis wie Kurkuma und rote Beete gewählt. Falls etwas verschüttet wird, würde die Spree nicht verschmutzt, erzählt einer der Ordner. Am Ende übersteht die Bemalung das nasskalte Wetter aber – besonders gut zu erkennen im Livestream zum Klimastreik.
Erste FFF-Demo seit Monaten
Seit September hatte es keinen globalen Klimastreik mehr gegeben. Während die Infektionszahlen steigen, findet die Aktion heute mit besonderer Vorsicht statt. Schilder ermahnen an die Hygieneregeln, auf einem heißt es: „Kein Zutritt ohne Masken“, auf einem anderen „Achtung Viren“. Ein Teil der Aktivist:innen hat vor der Aktion zudem einen Schnelltest gemacht. Zehn Personen bilden ein Hygieneteam, das auf die Einhaltung von Abständen und Maskenpflicht achtet.
Seit Beginn der Pandemie hat Fridays For Future größere Straßenproteste weitgehend eingestellt. Nach Monaten der Protest-Pause ist den Teilnehmenden die Freude anzumerken, wieder für das Klima auf die Straße gehen zu können. Der 18-Jährige Jonas Sack, der sich seit Ende 2018 bei FFF engagiert, betont: „Man würde schon gerne wieder auf eine richtige Demo gehen.“
Das vergangene Jahr habe der Bewegung durchaus an Aufmerksamkeit gekostet, sagt FFF-Sprecher Quang Paasch: „Wir haben ohne Frage an Momentum verloren. Der Diskurs hat sich auf die Pandemie verschoben. Der Kampf für das 1,5-Grad-Ziel ist aber trotzdem nicht weniger relevant geworden.“
Mit Blick auf das anstehende Wahljahr erklärt Mitorganisatorin Carla Reemtsma: „Die kommende Legislaturperiode sehen wir als entscheidend. Wenn wir so weiter machen wie bisher, ist unser CO2 Budget in sieben Jahren aufgebraucht.“ Angedacht seien daher auch weitere Aktionen, um eine Umsetzung des 1,5-Grad-Ziels von der Politik einzufordern. Die Zeit für leere Versprechen sei vorbei.
Leser*innenkommentare
Martin Rees
In Bausch und Bogen gemeinsam komplettieren wir die Phalanx der gesellschaftlichen Bewegung hoffentlich spätestens nachhaltig wirkmächtig bis September 21. Über Generationen halten sich Widerspruch, Widerstand und wiederholt Unmut in Sachen Teilhabe an Politik und Wirtschaft. Eine zyklische Abfolge von "Murmeltier- Déjàvus"? Transformation zur globalen Klimagerechtigkeit ist Auftrag und Generationenprojekt, mit Politiker:innen-Worten befinden wir uns mindestens in einem Marathon (Politik vllt Hamsterrad?). Ein schönes Motto für die intrinsischen Kräfte, ein Lied des erweiterten Repertoire "Politisches Lied" aus früheren Tagen: "Was keiner wagt, das sollt ihr wagen! Was keiner sagt, das sagt heraus! Was keiner denkt, das wagt zu denken! Was keiner anfängt, das führt aus!" Gedicht von Lothar Zenetti, gesungen von Wecker, Wader, Mey. "Das weiche Wasser bricht den Stein", scharfsinnige Bots-Worte stärker als schneidende Waffen. Klimaschutz ist das - vielleicht ultimative - Projekt ALLER, denn wir haben uns alle die Erde nur von unseren Kindern geliehen (weise indigene Erkenntnis aus God's Own Country, aus der Zeit vor der Okkupation zur Ausbeutung).
Ringelnatz1
Tolles Bild!
Ich ertappe mich bei der Frage was(war)-wo ist.
Zum Glück steht der Molecule Man da.
de.wikipedia.org/w..._Berlin_-_2013.jpg
Beitrag ist auch ok.
Aktivistin Luisa Neubauer finde ich nicht so gut.
Sie hat irgend was sektiererisches in meinen Augen.
Schade, früher wäre jetzt Frau Kirschgrün auf mich niedergegangen.