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Mutmaßlicher AfDler auf Nazi-DemoZiemlich beste Freunde

Guido G. war auf der Neonazi-Demo vor knapp zehn Tagen. Er ist mutmaßlich Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann.

Zur Demo hatten Neonazi-Gruppen aufgerufen: Guido G. (3. v.l.) fühlte sich offenbar angesprochen Foto: Igor Netz

Berlin taz | Für die Neonazis, die am Brandenburger Tor groß auftrumpfen wollten, war es ein Misserfolg: Die Demo vom vorletzten Samstag, zu der extrem rechte Gruppen aufgerufen hatten und bei der unter anderem viele NPDler, Hools und andere Neonazis waren, blieb mit unter 300 Teil­neh­me­r:in­nen eher klein und war von Gegenprotest flankiert. Selbst in den Telegram-Gruppen der Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen war von einem „Totalausfall“ die Rede.

Dennoch halten Bilder der Demo interessante Informationen bereit: Sie belegen einmal mehr, dass zwischen Teilen der AfD Berlin und organisierten Neonazi-Kreisen wenig Berührungsängste bestehen.

So sind auf Fotos von An­ti­fa­schis­t:in­nen nicht nur Personen aus dem Spektrum der Neonazi-Parteien NPD und des III. Wegs und zahlreiche antisemitische und neonazistische Symbole und Fahnen zu sehen, sondern auch Guido G., der mutmaßlich Mitarbeiter oder zumindest ein Vertrauter des Berliner AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann ist.

Lindemann holte 2016 für die AfD das Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf und wurde kürzlich als Beisitzer in den Vorstand der Partei gewählt. Er gilt als Anhänger der angeblich aufgelösten rechtsextremen Parteiströmung Flügel und posiert gern mit Daumen nach oben auf Fotos mit Björn Höcke. In der Vergangenheit war Lindemann häufig zusammen mit G. unterwegs, wie der taz vorliegende Fotos zeigen.

Nazi-Sprüche und Antifa-Hass

Trotz der Vermummung des Mannes auf dem aktuellen Foto der Neonazi-Demo lässt sich zweifelsfrei belegen, dass es sich um Guido G. handelt. Das ergibt eine kurze Facebook-Recherche der taz: Auf seinem privaten Account unter Klarnamen hat G. von der Veranstaltung live gestreamt. Auch trägt er auf den Fotos von der Nazi-Demo dieselbe Jacke, Ledertasche, Käppi sowie ein auffälliges rotes Brillengestell wie auf verschiedenen Facebook-Fotos.

Auf mehreren der taz vorliegenden Fotos von Demonstrationen begleitete G. den Abgeordneten Lindemann teilweise im exakt gleichen Outfit, in dem er nun auf der Nazi-Demo erschienen war: bei Bauernprotesten im Januar 2020, bei einer AfD-Demo im Februar 2020, bei verschwörungsideologischen Protesten im Dezember 2020 sowie im Mai 2020. Ebenso streamt G. auf Facebook von den verschwörungsideologischen Autokorsos in Marzahn-Hellersdorf, an denen auch Lindemann immer wieder teilnimmt.

Auch sonst lässt das Facebook-Konto von G. tief blicken: Neben Union-Berlin-Selfies postet der Mann gerne Bilder von sich mit AfD-Slogans, posiert ohne Maske vor dem Supermarktregal oder montiert auf Urlaubsfotos von der Ostsee den Nazi-Spruch „White Lives Matter“. Ebenso finden sich Anklänge an die neonazistische Anti-Antifa: „Love Football – hate Antifa“.

Blöd, dass Lindemann selbst sagt, dass es sich bei G. um seinen Mitarbeiter handele

Auf taz-Anfrage bestreitet Lindemann, dass es sich bei dem Mann um seinen Mitarbeiter handeln soll. Guido G. sei niemals sein Mitarbeiter gewesen und er habe auch nicht vor, diesen zu beschäftigen.

Blöd nur, dass Lindemann selbst sagte, dass es sich bei G. um seinen Mitarbeiter handele – und zwar in einem gut drei Monate alten Video-Interview am Rande einer verschwörungsideologischen Demo. Damals interviewte ihn der antisemitische Videoblogger und als sogenannter „Volkslehrer“ bekannte Holocaust-Leugner Nikolai Nerling.

In dem Video sieht man ab Minute dreieinhalb, wie Lindemann und G. mit der Polizei diskutieren, bis G. schließlich von der Polizei weggeschickt wird – vermutlich wegen der Infektionsschutzbestimmungen. Lindemann gibt daraufhin dem rechtsextremen Videoblogger ein Interview, spricht von aufgeregten Polizisten und sagt: „Mein Mitarbeiter hat seinen Ausweis leider nicht mit, darum muss er jetzt spazieren gehen.“ Auch an jenem Tag trug G. dieselbe Jacke und Tasche wie vergangenes Wochenende auf der Nazi-Demo.

Trotz Konfrontation mit diesem Ausschnitt bestreitet Lindemann auf erneute Nachfrage weiter, dass G. sein Mitarbeiter sei. In welchem Verhältnis er dann zu ihm stehe, beantworte Lindemann genau so wenig wie die Frage, warum er dem extrem rechten Videoblogger Nerling ein Interview gibt.

Möglich natürlich, dass Lindemann lediglich gegenüber der Polizei fälschlich behauptet hatte, dass es sich bei G. um seinen Mitarbeiter handele. In jedem Fall bleibt es aufschlussreich, dass ein mit Lindemann vertrauter oder bekannter Mann sich auf Neonazi-Demos herumtreibt.

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