taz-Recherche zu rechtem Waffenhandel: Eine alternative Finanzierung
Mit Geld aus Waffendeals sollte offenbar eine AfD-nahe Organisation aufgebaut werden. Es geht um Kampftrainings und Rückzugsorte im Ausland.
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Nach taz-Informationen ergaben die Ermittlungen der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bislang, dass die Erlöse aus den Waffenverkäufen zumindest teilweise dem Aufbau eines bayerischen Landesverbandes der „Patriotischen Alternative“ dienen sollte. Ein der taz vorliegendes Foto zeigt, wie Vertreter der Organisation auf dem Kyffhäusertreffen 2016 gemeinsam mit Höcke ein Banner der „Patriotischen Alternative“ präsentieren.
Mutmaßlicher Kopf des Waffenhandelsrings ist Alexander R., ein 48-jähriger ehemaliger Zollbeamter aus München, der früher bei der NPD aktiv war und sich seit 2016 systematisch mit vielen rechtsextremen Organisationen vernetzt hat, unter anderem mit der Identitären Bewegung, der Europäischen Aktion oder der Gedächtnisstätte Guthmannshausen in Thüringen, einem Treffpunkt von Holocaust-Leugnern. Er trat auch in die AfD ein.
Eine Kriegswaffe zu Hause
Laut den der taz vorliegenden Unterlagen waren die Planungen rund um die „Patriotische Alternative“ sehr umfassend. Es gehe darum, „zielorientiert und effizient Kräfte zu bündeln und Parallelstrukturen zu schaffen für nationale volksbewusste Deutsche und Europäer“, so formuliert es Alexander R. in einem internen Dokument. Es gab Pläne, deutsche Siedlungen in Ungarn, Russland und Kroatien aufzubauen, als Rückzugsort “fernab von Gender-Mainstreaming und geschichtlicher Indoktrinierung“. In den Unterlagen ist ebenso von Kampftrainings und Sicherheitsunternehmen die Rede. Das Ganze sollte demnach unter dem Deckmantel einer vermeintlich unpolitischen Tarnorganisation organisiert werden.
Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt nach taz-Informationen gegen fünf weitere Personen, die am Verkauf und Vertrieb der Waffen beteiligt gewesen sein sollen. Zehn weitere Personen sind als Abnehmer von Waffen beschuldigt. Darunter ist auch eine Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro des bayerischen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron. Sie soll für die Waffenhändler eine Kriegswaffe bei sich zu Hause aufbewahrt haben. Recherchen der taz ergeben zudem, dass sie bereits wegen illegalen Besitzes einer Pistole vorbestraft ist. Die Waffen sollen aus Kroatien nach Deutschland geschmuggelt worden sein. Als Codenamen wurden Bezeichnungen von Kfz-Teilen benutzt, etwa „Mofagetriebe“ oder „langes Getriebe mit manueller Pumpe“.
Der Hauptbeschuldigte Alexander R. sitzt in Untersuchungshaft. Sein Anwalt antwortete nicht auf eine taz-Anfrage.
Die gesamte Recherche über den mutmaßlichen Waffenhandelsring, den Hauptbeschuldigten Alexander R. und seine Verbindungen lesen Sie hier.
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