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Schnee auf Radwegen in BerlinRäumen oder nicht räumen?

RadlerInnen sind sauer über Schneemassen auf ihren Wegen. Wozu gibt es denn das Mobilitätsgesetz? Doch die Hintergründe sind kompliziert.

Vor dem Schnee sind alle gleich. Jedenfalls bis die Kehrmaschine kommt Foto: imago / snapshot

Berlin taz | Kreuzberg, Mehringdamm Ecke Bergmannstraße: Vom Platz der Luftbrücke herunter führt einer der komfortabelsten Radwege Berlins, breit, vorzüglich asphaltiert und mit leichtem Gefälle. An diesem Freitagmittag sieht er besonders schön aus: Die Schneekruste, die sich darauf in den vergangenen Tagen gebildet hat, glitzert in der Sonne.

Wobei – sollte ein Radweg nicht eigentlich schneefrei sein? Schön abgetaut wie die Fahrbahn für den Autoverkehr zur Linken oder zumindest mit der Kehrmaschine vom Gröbsten befreit wie der Fußgängerweg zur Rechten? Auf diesem Weg zu radeln kann nicht gesund sein, und offenbar macht es auch kaum jemand.

Dabei ist dieser Freitag nicht irgendein Tag, sondern der von Aktivistinnen ausgerufene internationale „Winter-bike-to-work-day“. In Berlin allerdings eher nicht. Hier füllen sich die Sozialen Medien mit Fotos von Schneebergen auf Radstreifen und -wegen, gespickt mit galligen Kommentaren und Vorwürfen an die Verantwortlichen.

Auch die Berliner Radlobby schweigt dazu natürlich nicht. „Ob Schnee oder Matsch: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Infrastruktur. Every Day kann #WinterBikeToWorkDay sein, wenn es gute und geräumte Radwege gibt!“, twittert ADFC-Sprecherin Lisa Feitsch. Und der Verein Changing Cities ätzt in Richtung Verkehrssenatorin: „Radfahrende bleiben auf der Strecke. Während Fahrspuren für Kfz zügig geräumt wurden, haben die Menschen, die auf Fuß- und Radwege angewiesen sind, das Nachsehen.“

Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen, die aus Kopenhagen stammt, weiß, dass es auch anders geht: „In meiner Heimatstadt konnte ich jeden Tag, auch im Winter, Rad fahren. Die Radwege wurden zügig geräumt, und ich habe mir ehrlich gesagt nie darüber Gedanken gemacht.“ Erst in Berlin habe sie angefangen, das Radfahren im Winter als Problem zu erleben.

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Sie verweist auf Paragraf 22 des Berliner Mobilitätsgesetzes. In dem heißt es: „Die Nutzbarkeit der Vorrangnetze der Verkehrsmittel des Umweltverbundes hat eine besondere Bedeutung. Dieses betrifft insbesondere die Konzeption, Koordination und Umsetzung wirksamer Maßnahmen […] zur Überwachung und Freihaltung von Geh- und Radwegen […]“. Warum klappt es also nicht?

Streuen nur auf der Fahrbahn

Tatsächlich ist es kompliziert, wie sich im Gespräch mit der BSR herausstellt: Die Stadtreinigung hält sich nämlich an das Berliner Straßenreinigungsgesetz (StrReinG), das den Winterdienst nach Art der Radinfrastruktur differenziert. Radstreifen auf der Fahrbahn sind genauso wie die Fläche für die Autos zu räumen und zu streuen. Das gilt auch für „Protected Bikelanes“, wobei hier aufgrund von Pollern oft eine schmalere Maschine separat anrollen muss.

Dagegen dürfen bauliche, also auf dem Gehweg angelegte Radwege nicht gestreut, sondern nur geräumt werden. Und das betrifft auch bei weitem nicht alle. „Mit Kehrmaschinen befahrbare ausgebaute und ausgewiesene Radwege sind vom Schnee zu räumen. Eine Eisglätte- und Schneeglättebeseitigung findet nicht statt“, heißt es in §3(9), auf den die BSR verweist. Sprich: Für die allermeisten Radwege Berlins, die nicht explizit ausgewiesen sind (blaues Fahrrad-Schild und Benutzungspflicht), ist die BSR gar nicht zuständig – und für Abschnitte, auf die keine Kehrmaschine passt, auch nicht.

Oder? Im Kreuzberger Bezirksamt interpretiert man den Begriff „ausgewiesen“ dahingehend, dass dies nicht erst durch Beschilderung geschehe, sondern allein dadurch, dass ein baulicher Radweg als solcher erkennbar sei. Dass es hakt und hapert, etwa auf dem Mehringdamm, bringt man eher damit in Zusammenhang, dass der Weg in dieser Form noch sehr neu ist. Und dass seit Jahren niemand mehr daran gedacht hat, dass es mal wieder so richtig schneien könnte.

Ist deshalb das Winterdienst-Kapitel des Gesetzes nie angefasst worden in den letzten Jahren? Immerhin teilt die Senatsverkehrsverwaltung jetzt mit: „Wir sind mit der BSR im Gespräch, um bessere Räumungsleistungen für Radwege zu erreichen – kurzfristig, sofern möglich, aber auch mittel- und langfristig.“ Das klingt gut. Auf den nächsten Wintereinbruch in ein paar Jahren könnte die Fahrradstadt Berlin also schon vorbereitet sein.

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2 Kommentare

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  • Streusalz ist für Radverkehr eher schädlich, weil dann so Schneematsch wie auf dem Photo entsteht. Auf glatt gedrücktem Schnee fährt es sich recht gut. Bei gestreuter Straße ist der Radweg vordringlich freizuhalten, weil sonst von der Straße verschlepptes Salz auch den Radweg schwerer befahrbar macht. Und Bäumen schadet.

    Fahrradstraßen sollten nur dann gesalzt werden, wenn eine komplette Enfernung der Belags erreichbar ist, und nicht nur ein Matsch bzw. Sulz.

    • @meerwind7:

      Man kann viel für ein funktionierendes Radnetz tun, abgesehen vom Streusalz.

      Als Anregung empfehle ich folgenden Thread, welcher den Winterdienst auf einem 125 km-Netz in Finnland beschreibt:

      twitter.com/pekkat...359269804448899074

      Dort wird der Schnee unten verdichtet und oben geräumt, sodass man eine fast normale Fahrbahn zum Radfahren hat.

      In Deutschland wird das nur stellenweise gemacht, aber das Räumfahrzeug kommt höchstens einmal, und bei den späteren Matsch-Situationen passiert gar nichts mehr. Das ist deutlich verbesserungsfähig.

      (Kein Vergleich mit dem Aufwand, der für die Kfz-Fahrbahnen betrieben wird, aber ich weiß auch nicht, wie in Finnland der Vergleich ausfallen würde)