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Öffnung von Kitas und SchulenAngst vor den Mutationen

Nach Baden-Württemberg lässt auch Rheinland-Pfalz die Grundschulen vorerst geschlossen. Bremen schickt Kitas in den Notbetrieb.

Kitakinder müssen bis Mitte Februar in Baden-Württemberg Zuhause bleiben Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz | Die neuen Virusmutationen zwingen die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen, angekündigte oder bereits erfolgte Lockerungen bei Kitas und Schulen zurückzunehmen. So hat nach Baden-Württemberg auch Rheinland-Pfalz die geplanten Grundschulöffnungen verschoben.

Wie das Kultusministerium in Mainz am Donnerstag mitteilte, findet nun nicht wie angekündigt ab 1. Februar Wechselunterricht in den Klassen 1-4 statt. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) betonte, sie bedaure die Entscheidung. Sie sei gefallen, nachdem Ex­per­t:in­nen der Universitätsmedizin Mainz zur Vorsicht geraten hätten.

Am Mittwoch sind im Nachbarland Baden-Württemberg insgesamt 13 neue Fälle mit einer Virusmutation bekannt geworden, darunter zwei bei der Kita Immergrün in Freiburg. Daraufhin hat das Land die für kommende Woche geplanten Öffnungen für Kitas und Grundschulen verschoben.

Hubig betonte, es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme für Rheinland-Pfalz, bis belastbare Informationen zu den Virusmutationen aus dem Nachbarland vorlägen. Für den Kita-Notbetrieb würden künftig mehr Testmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Notbetreuung soll aufrecht erhalten werden.

Kitas in Notbetrieb

Auch in Bremen gelten ab Montag wegen der Virusmutationen neue Regeln an Kitas. Einen entsprechenden Senatsbeschluss hat die Bremer Bürgerschaft am Donnerstag verabschiedet. Die Kitas wechseln vom Regel- in den Notbetrieb. Das heißt unter anderem: Maximal zehn Kinder dürfen dann gleichzeitig anwesend sein, pro Woche maximal 12 betreut werden. Zweimal wöchentlich sollen die Kita-Beschäftigten Schnelltests durchführen können. Außerdem sollen künftig alle positiven Coronatests zusätzlich auf die Mutation B.1.1.7. untersucht werden, von denen am Montag mehrere Fälle bekannt geworden sind. Wie ein Senatssprecher der taz bestätigte, ist darunter auch einer an einer Kita.

Zustimmung zu diesen Vorsichtsmaßnahmen hört man von Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger. „Jede vorschnelle Öffnung kann den bisherigen Erfolg der Maßnahmen gefährden“, sagte Meidinger der taz. Aktuell ist die Sieben-Tage-Inzidenz auf den Wert 108 gesunken. Da die Gefährlichkeit der Mutationen aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien noch nicht abschließend geklärt sei, fordert Meidinger die Länder auf, Kitas und Schulen vor dem 14. Februar „möglichst nicht“ zu öffnen.

Bund und Länder hatten sich darauf verständigt, bis zu dem Datum die Schulen „grundsätzlich“ geschlossen zu halten. Einige Länder, darunter Bremen und Niedersachsen, hatten jedoch wieder teilweise Präsenzunterricht angeboten – andere wie Baden-Württemberg ab 1. Februar angekündigt.

Schulstreit im Ländle verschärft sich

Wie es im Ländle weitergeht, blieb am Donnerstag unklar. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) kündigte an, dass Personal in Kitas und Schulen (sowie andere Berufsgruppen wie Polizist:innen) künftig drei Antigen-Tests pro Woche bekommen sollen.

Eisenmann forderte mit Blick auf die 21 weiteren Mutationsverdachtsfälle von der Freiburger Kita das Sozialministerium und das Landesgesundheitsamt auf, nun „für lückenlose Aufklärung zu sorgen“. Erst dann könne über das weitere Vorgehen beraten werden.

Zudem äußerte sich Eisenmann „irritiert“ über die Äußerungen von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne), der über eine Beschränkung der Notbetreuung nachgedacht hatte. „Wenn er die Notbetreuung einschränken oder einstellen möchte, um den Druck auf die hart und unter oftmals schwierigen Bedingungen arbeitenden Menschen in unserem Land zu erhöhen, soll er das bitte auch so sagen“, sagt Eisenmann.

Die Stimmung im Stuttgarter Kabinett dürfte damit wenige Wochen vor der Landtagswahl nicht steigen. Eines scheint am Donnerstag Nachmittag immerhin klar zu sein: Eine Öffnung der Grundschulen am Montag ist momentan aber vom Tisch, teilte eine Ministeriumssprecherin auf taz-Anfrage mit.

Mutation auch in Kölner Kita

Das Thema wird vermutlich bald auch die anderen Bundesländer beschäftigen. So wurde die britische Mutation am Donnerstag an einer Kölner Kita nachgewiesen. Laut dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sind von dem Ausbruch zwei Erzieher und drei Kinder betroffen.

In Nordrhein-Westfalen gilt bis zum 14. Februar Distanzunterricht. Jedoch soll es allen Schü­le­r:in­nen ab kommender Woche möglich sein, zum Distanzunterricht auch in die Schulgebäude zu kommen, wenn das zuhause nicht möglich ist. Das hat Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag angekündigt.

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2 Kommentare

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  • Danke für den Artikel!



    In NRW werden leider immer noch nicht die vernünftigen und dribgend notwendigen Konsequenzen gezogen. Hier bleiben die Kitas weiter geöffnet und die Not vieler Erzieher_innen weiter unbeachtet.

  • Wir werden wahrscheinlich - leider - von noch mehr Mutationen hören, und diese können auch gefährlicher sein.

    Beispielsweise ist in Kalifornien eine B.1.426 Mutation aufgefallen: www.latimes.com/sc...a-strain-homegrown

    Möglicherweise hängt sie mit der sehr hohen Zahl schwerer Erkrankungen in Los Angeles zusammen. Aber deren Auftauchen ist eher eine Zufallsbeobachtung, weil die USA, anders als Großbritannien und Dänemark, aber ähnlich wie wir, kein flächendeckendes Monitoring haben, welche Strähnen sich ausbreiten.

    Ebenso wissen wir, dass die "südafrikanische" Variante (die längst weletweit in Umlauf ist) wohl auch für Kinder besonders gefährlich ist. Unakzeptabel angesichts des realen Risikos von Langzeitfolgen, psychischen Erkrankungen, und kognitiven Schäden.

    Eigentlich ist es unverständlich, dass wir keine kontrollierte 14-tägige Quarantäne bei der Einreise haben, zumindest für touristische Reisen. Zwingend vorgeschrieben ist sie in vielen Fällen sowieso schon, nur wird die Einhaltung nicht überwacht. Das ist fatal, denn wenige eingeschleppte Fälle könne sehr wohl reichen, den Erfolg des Winter-Lockdowns, und der Impfungen zunichte zu machen.

    Dazu kommt, dass wenn wir einmal die Infektionszahlen runter haben, wir ohne Einreisequarantäne aller potenziellen Fälle (nicht nur der symptombehafteten) schwerlich verhindern können, dass sie wieder hoch gehen. Die absehbare Folge wäre ein neuer kostspieliger Lockdown, der nicht nur die Schultore wieder zuwerfen würde, sondern auch das wirtschaftliche und seelische Wohlergehen von Allen gefährden wird - und auch sicherlich länger dauern würde als die 14 Tage, die man isolierten Auslandsreisenden zumuten würde.