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Verpflichtende Schnelltests an Schulen536 Gründe

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Einig sind sich die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen bisher nur darin: Schnelltests für Schü­le­r:in­nen werden freiwillig sein. Sinnvoll ist das nicht.

Österreich, Wien: ein Lehrer demonstriert Schülern die Handhabung eines „Nasenbohrer-Schnelltests“ Foto: Sebastian Gollnow/dpa

W enn kommende Woche fast überall im Land wieder Grund­schü­le­r:in­nen in den Unterricht dürfen, sollen sie Masken tragen, Abstand halten, in Gruppen lernen. Was jedoch kein Bundesland vorschreibt: dass sie vor Unterrichtsbeginn auf Covid-19 getestet werden. Weder einmalig am „ersten“ Schultag – noch in regelmäßigen Abständen danach.

Lediglich im Saarland stehen Schü­le­r:in­nen ab Montag zwei Antigen-Schnelltests pro Woche zur Verfügung. Berlin verspricht dasselbe für Mitte März, wenn die ersten Produkte für den Eigengebrauch zugelassen sind. Auch andere Länder erwägen solche Testangebote. Einig sind sich die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen bisher nur darin: Die Schnelltests werden – wie für Lehrkräfte – freiwillig sein. Sinnvoll ist das leider nicht.

Das zeigt das geringe Interesse an den Tests, die einige Länder ihren Schü­le­r:in­nen nach den Weihnachtsferien angeboten haben. Wie man aber möglichst viele Infektionen finden will, wenn sich – wie in Sachsen – gerade mal ein Drittel der Schü­le­r:in­nen testen lässt, sollten die Ministerien überdenken. Wie hilfreich dagegen verbindliche Tests sind, zeigt ein Blick nach Österreich. Dort müssen Schü­le­r:in­nen und Leh­re­r:in­nen seit Kurzem zwei mal wöchentlich einen „Nasenbohrer-Test“ machen, seit dieser Woche erstmals im ganzen Land: Und siehe da: 536 der 1,3 Millionen Tests waren positiv. Klingt wenig, ist es aber nicht.

Denn wie in Österreich sind auch bei uns die Mutationen auf dem Vormarsch. Heißt: Wir müssen uns auf mehr Infektionen an Schulen einstellen. Denn B.1.1.7 & Co sind – das lassen bisherige Daten befürchten – für Kinder deutlich ansteckender. Wer also verhindern will, dass sich die Mutationen unbemerkt verbreiten, kommt an massenhaften Tests an Schulen nicht vorbei.

Daran ändern auch die geringere Zuverlässigkeit der Antigen-Tests oder die für Kindernasen unangenehmen Wattetupfer nichts (die möglicherweise bald durch kinderleichte Spucktests ersetzt werden könnten). Für die Kul­tus­mi­nis­te­r:in­nen heißt das jetzt: An die 536 Fälle in Österreich denken – und handeln.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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5 Kommentare

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  • "Daran ändern auch die geringere Zuverlässigkeit der Antigen-Tests oder die für Kindernasen unangenehmen Wattetupfer nichts"

    Wenn ich Ihnen eine Schale mit 100 Bonbons hinstelle, und sage: 3 davon sind vergiftet, aber nur bei 2 davon lässt sich das erkennen, und Sie können entweder alle essen oder gar keins: würden Sie dann die Bonbons essen?

    Die WHO warnt vor dem Einsatz von Antigentests ohne Rückversicherung durch PCR-Tests (in Deutschland nur unzureichend vorhanden) und effiziente Kontaktverfolgung (in Deutschland aufgrund der schlampigen Testpraxis de facto nicht möglich, auch wenn Henriette Reker etwas anderes bhauptet).

    • @Ajuga:

      Es geht nicht darum jede Neuinfektion zu vermeiden also jeden Infizierten zu erkennen sondern möglichst viele Infektiöse damit der R Wert möglichst unter 1 bleibt. Und Infektiöse soll viele Antigen-Tests gut erkennen und der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber einem PCR Test soll auch noch mal 20% bringen. Regelmäßige verdachtsunabhängige Massentestungen sollten also mit guten Antigentests bezüglich der Senkung des Infektionsgeschehens etwa genauso effektiv sein wie mit PCR Labortests und viel günstiger.

      Für einen PCR Test werden etwa 40 Euro berechnet, Antzigentests gibt es im Internet schon für 4,76 Euro bei Abnahme von 25 Stück und eine Firma bietet bei garantierter Abnahme von hohen Stückzahlen über einen Zeitraum von 6 Monaten einen von der Berliner Charité geprüften Test für 2,50 Euro bis 3 Euro an. Das Pasteur Institut in Senegal wollte eine Test für einen Euro entwickeln.



      taz.de/Senegal-ent...a-Analyse/!5684709

  • "536 der 1,3 Millionen Tests waren positiv. Klingt wenig, ist es aber nicht."



    Das dürfte der Fehlerquote vom Test entsprechen. Das klingt somit nicht nur wenig, das ist überhaupt nichts.

    • @PS007:

      Die falsch positiv Rate soll bei den Antigentest teilweise 0% betragen.

    • @PS007:

      536 von 1,3 Millionen Tests entspricht einer Inzidenz von 50.

      Wenn die Tests nicht falsch-positiv waren, und durch positive PCR-Tests bestätigt werden, würde bei einer ähnlichen Quote in Deutschland der Lockdown verlängert.

      Nicht, weil sich die Infektionslage geändert hätte. Sondern weil durch 1,3 Mio zusätzliche Tests Infektionen gefunden wurden, die sonst unerkannt geblieben wären.

      Prinzipiell ist das gut. Wenn aber Lockdowns an arbiträren Grenzwerten festgemacht werden, müssen wir die Grenzwerte ändern, wenn wir mehr testen.