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Generationswechsel bei Bremer Feuerwehr

Bremen hat einen neuen Oberbrandschützer. Wie der die Rassismusvorfälle aufarbeiten soll, bleibt aber im Vagen. Ein strukturelles Problem sieht der Senator ohnehin nicht mehr

Jünger, nicht weiblicher und Rechtsextremismus ist nur Kinderkram: Bremen hat eine neue Feuerwehrspitze Foto: Uwe Zucchi/imago

Von Lotta Drügemöller

Ulrich Mäurer glaubt, den Richtigen gefunden zu haben: „Mit Wasser und den Pro­blemen davon kennt er sich schon mal aus“, sagt der SPD-Innensenator und lacht, als er am Mittwoch Philipp Heßemer als künftigen Bremer Feuerwehrchef vorstellt. Heßemer kommt frisch aus Köln, wo das Rheinhochwasser weiter steigt.

Man habe, so Mäurer, eine Leitungskraft gesucht, die im Brandschutz, im Rettungsdienst und im Katastrophenschutz Erfahrung habe. Jemand, der die Modernisierung vorantreiben könne. So weit so Feuerwehr. Der Elefant im Raum wird lange ausgespart bei der Vorstellungsrunde: Die Bremer Feuerwehr hat nicht nur Probleme mit veralteter Technik oder Organisationsabläufen, sondern steht mitten in einem ausgewachsenen Rassismus- und Mobbingskandal.

Ein Rechercheverbund aus Radio Bremen, Süddeutscher Zeitung und NDR hatte im November Insiderinformationen veröffentlicht, die Polizei das Haus eines Verdächtigen durchsucht und tausende Stunden an Videomaterial beschlagnahmt. Nachweislich gab es bei der Bremer Feuerwehr zwischen 2013 und 2015 rechtsextreme Chatgruppen; geteilt wurden verfassungsfeindliche Symbole und Todeswünsche gegenüber Geflüchteten. Zusätzlich wurde mindestens eine ehemalige Feuerwehrfrau extrem gemobbt; Tonaufnahmen verraten Gewaltfantasien gegenüber der Kollegin.

Die Aufregung war groß: Einen Kulturwandel beschworen Bürgerschaftsmitglieder fraktionsübergreifend, der Innensenator zeigte sich erschrocken, dass Kol­le­g*in­nen die Vorfälle nicht früher gemeldet hätten. Im Vergleich zu den großen Worten aus dem letzten Jahr muss man schon sehr genau hinhören, um nun konkrete Maßnahmen gegen rechte Tendenzen aus der Aufgabenbeschreibung für den neuen Leiter herauszuhören.

Erst auf Nachfrage redet Mäurer über Probleme: Fraglich sei weiter, warum Vorgesetzte nichts mitbekommen hätten. Und interne Kritikkultur sei wichtig: „Auch verantwortliche Leitungspositionen müssen sich Kritik aus den Wachabteilungen gefallen lassen“, sagt er. Über konkrete Maßnahmen werde man in den folgenden Wochen noch mehr hören, heißt es aus dem Ressort. Die Hoffnung, die auf Heßemer liegt, bleibt abstrakt: Ausgewählt habe man den Neuen auch wegen dessen Kommunikationsfähigkeit, so die Sprecherin des Senators.

Heßemer arbeitet aktuell als Leiter der Abteilung Gefahrenvorbeugung und sitzt im Lenkungsausschuss zum Reformprozess bei der Kölner Feuerwehr. Zu den Aufgaben in Bremen will er sich noch nicht eingehend äußern: „Ich bin gestern erst angekommen.“ Als er im November von den Vorfällen hörte, habe ihn das erschreckt – nicht nur, weil er damals schon im Bewerbungsprozess steckte.

Übernehmen soll er den Posten am 1. April direkt von Mäurer. Der Innensenator hatte sich im November selbst an die Spitze der Feuerwehr gestellt. Karl-Heinz Knorr, bisheriger Feuerwehrchef, war bereits einen Monat zuvor zum Katastrophenschutzbeauftragten ernannt worden und konnte ohne größeren Gesichtsverlust die Position verlassen. Zum Dienstantritt würde die Behörde gerne abgeschlossen haben mit den alten Geschichten: „Der Neue soll nicht belastet werden mit dem, was in der Vergangenheit passiert ist“, meint der Innensenator. „Die Dinge räumen wir vorher weg.“

„Der Neue soll nicht belastet werden mit dem, was in der Vergangenheit passiert ist“

Ulrich Mäurer (Innensenator)

Auf Nachfrage erklärt er, dass die Innenbehörde nicht mehr von ganz so heißen Vorwürfen ausgeht wie noch im November. „Wir dachten, dass die Geschehnisse möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs sein könnten“, sagt Mäurer. „Der Albtraum war, dass es feste Netzwerke gibt.“ Das habe sich in den Ermittlungen bisher nicht bestätigt: Über den rechtsextremen Gruppenchat hinaus habe die Polizei keine Hinweise darauf finden können. „Es gibt keine Belege für strukturellen Rassismus.“

Sophia Leonidakis (Die Linke), die in der Bürgerschaft früh einen Antrag zur Aufklärung der Vorfälle gestellt hat und Kontakt zu Betroffenen hat, sieht das etwas anders: „Nach meinem Wissen ging es nicht nur um Einzelfälle. Es gibt durchaus weitere beteiligte Personen.“ Das Problem sei zwar bei der Feuerwehr nicht flächendeckend, „aber durchaus strukturell“.

Sie formuliert große Aufgaben für den neuen Leiter: „Solche Missstände und Mobbing kriegt man nicht von einem Tag auf den anderen raus.“ Es brauche mehr Schulung und eine externe Beschwerdestelle, die auch die Bürgerschaft bereits gefordert habe. Auch im Leitungsstab müsse sich mehr verändern. Die Hoffnung darauf hatte Mäurer allerdings schon im November kleingehalten: Die meisten Vorwürfe seien strafrechtlich verjährt und daher wären auch disziplinarische Maßnahmen gegenüber Be­am­t*in­nen schwer.

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