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Vertrag zum AtomwaffenverbotFatale Folgen

Gastkommentar von Christoph Von Lieven

Der neue Atomwaffenverbotsvertrag tritt in Kraft – ein wichtiges Zeichen. Deutschland ist nicht dabei, doch seine Abschreckungspolitik ist überholt.

Greenpeace demonstriert am Donnerstag für einen Beitritt zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag Foto: Bernd von Jutrzenka/dpa

D ieser Freitag ist ein guter Tag für den Weltfrieden: Der neue Atomwaffenverbotsvertrag tritt in Kraft. Er verbietet Entwicklung, Produktion, Besitz, Lagerung und Einsatz von Atombomben. 122 Staaten haben sich 2017 in der Vollversammlung der Vereinten Nationen auf diesen Meilenstein in der Abrüstungspolitik geeinigt. Aber Deutschland ist nicht dabei. Wie kann das sein?

Die Wahrheit ist: Deutschland guckt nicht nur zu – es macht aktiv mit bei der Aufrüstung. Nach wie vor sind im rheinland-pfälzischen Büchel 20 US-Atombomben stationiert. Im Ernstfall wird Deutschland auch nicht nur „dasitzen“, sondern diese Bomben selbst in deutschen Flugzeugen an ihr Ziel bringen. Zudem soll das Trägersystem demnächst modernisiert werden, dafür will die Bundesregierung sogar für mindestens 7,7 Milliarden Euro neue Kampfflugzeuge kaufen. Abrüstung durch neue Kampfjets?

Im Ernstfall wird das tatsächlich fatale Folgen haben: Durch die Stationierung der US-Bomben wird Deutschland zum Angriffsziel eines atomaren Erstschlags. Die Gefahr ist akuter als viele wissen. Experten schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Atomangriffs heute wieder als ebenso hoch ein wie zu Zeiten des Kalten Krieges und höher.

Der Atomwaffenverbotsvertrag setzt da international ein wichtiges Zeichen hin zu einer atomwaffenfreien Welt, auch wenn die Atomwaffen besitzenden Staaten ihn bisher nicht unterzeichnet haben. Er ist zwar völkerrechtlich nur für die Unterzeichner bindend. Aber die Erfahrung mit den vergleichbaren Bio- und Chemiewaffenkonventionen zeigt, dass auch die Nicht-Unterzeichnerstaaten und vor allem Banken und Firmen aus allen Staaten die Regelungen beachten.

Christoph Von Lieven

ist Sprecher von Greenpeace für atomare Abrüstung.

Die Abschreckungslogik der deutschen Politik ist historisch überholt. Nicht Drohung, sondern Kooperation und Verständigung garantieren Sicherheit und Frieden. Deutschland muss deshalb die nukleare Teilhabe beenden und den Atomwaffenverbotsvertrag unterzeichnen. Politisch wäre beides möglich, ohne den Ausschluss aus der Nato zu riskieren.

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9 Kommentare

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  • Jaa..."..die Abschreckungslogik der BRD ist überholt.."



    Schade ist, das die BRD - aus alten Ängsten heraus?- den eigentlich überwundenen Kalten Krieg, mit den möglichkeiten des globalen Todes durch Atomkrieg.. so willig hilft wiederzubeleben!



    Aber? Bisher haben mehr als 50 Staaten den Vertrag des "Verbots von Atomwaffen", der da 2017 in der U.N.O. von 122 Staaten angenommen/ formuliert wurde, unterzeichnet!



    Und ICAN bedeutet ja " International Campaign for Abolition of Nuclear weapons" ! Will sagen, das ICAN weit über den militärisch/provinziellen und begrenzten Horizont von BRD, NATO, Russland usw hinausgeht! Es ist ja so, das seit der Pugwash Konferenz in den 50´ern, seit der Gründung der Campaign for Nuclear Disarmament (CND) in UK in den 1960s.. ein wissenschaftlich/humanes Bewusstsein zur Vermeidung von Atomkrieg global im wachsen ist !



    Und nun? Durch ICAN und die U.N.O. gewinnt diese "Vision allgemeiner globaler, atomarer Abrüstung" eine global hoffnungsvolle Substanz! Es geht doch darum, Katastrophen wie Hiroshima und Nagasaki unmöglich zu machen!

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @vergessene Liebe:

      Die Katastrophe die Hiroshima und Nagasaki zur Folge hatte nennt sich Deutsches Reich, deren Wahnsinn 57 Millionen Menschen das Leben gekostet hat - und ein 1945 nicht enden wollender japanischer brutaler faschistischer Imperialismus im pazifischen Raum als Auslöser für den Hebel der Tod, Leiden und Verderben über japanische Städte brachte.

      Ihr Argument erinnert an die merkwürdigen Umzüge in Dresden, welche die Zerstörung der Stadt im Februar 45 beklagen - aber verdrängen, das Dresden Vorreiter war, dem Nationalsozialismus die Tür weit aufzumachen. Für Dresden ist Coventry ein unverständliches Fremdwort - trotzdem auch Briten Spenden überwiesen haben die Stadt nach 1989 wieder aufzubauen.

      Ihre Geschichtsklitterung durch Verschweigen macht fassungslos.

      • @06438 (Profil gelöscht):

        "Geschichtsklitterung" ist mE ein sehr übles Vergehen! Kriminell zB bei all den Leuten, die da den Holocaust leugnen..



        In meinem Kommentar habe ich im wesentlichen nur auf den internationalen , von der U.N.O. 2017 `demokratisch´(!) legitimierten Charakter der "Ächtung von Atomwaffen global" hingewiesen...



        Eine Ächtung, die bisher durch mehr als 50 `demokratische Nationen`(alles U.N.O. Mitgliedstaaten!) rechtskräftig signiert wurde..



        Leider enthalten sich die globalen Staaten, die im Besitz von A-Waffen sind, oder die A-Waffen bei sich gelagert haben, der Zustimmung zum globalen Verbot von A-Waffen! ..u.A. die BRD und andere NATO Länder.. ich meine mich an den Text von Herrn Christoph von Lieven gehalten zu haben.

  • "Die Abschreckungslogik der deutschen Politik ist historisch überholt. Nicht Drohung, sondern Kooperation und Verständigung garantieren Sicherheit und Frieden."



    Hier wären ein paar Erläuterungen schön gewesen. Denn dass die atomare Abschreckung funktioniert hat (trotz oder gerade wegen ihrer Perversion?), ist wohl historisches Faktum. Bei gleichzeitigem Hinweis darauf, dass die Gefahr eines Atomkriegs so hoch ist wie damals, ist ein solches Statement zur "historischen Überholung" nicht wirklich logisch.

  • " Durch die Stationierung der US-Bomben wird Deutschland zum Angriffsziel eines atomaren Erstschlags. Die Gefahr ist akuter als viele wissen. Experten schätzen die Wahrscheinlichkeit eines Atomangriffs heute wieder als ebenso hoch ein wie zu Zeiten des Kalten Krieges und höher."

    Jetzt habe ich ein Déjà-vu.

    Wir sind wieder Opfer. Der Atomkrieg wird auf deutschem Boden ausgetragen.

    Schnell zurück in die 80-er und die Sowjetunion zum Untergang zwingen. Und dann: Zurück in die Zukunft.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Jim Hawkins:

      Deutschland ist so oder so Ziel von nuklear Schlägen wir liegen in der Mitte Europas mit einer Menge Infrastruktur und Fabriken. Da kann Deutschland sich absolut neutral erklären und die Armee abschaffen wir würden trotzdem bombadiert.

  • Danke

    UNION/SPD geführte Bundesregierung ignoriert nicht nur ICAN UNO Atomwaffenverbot 2017, das heute 22.1.2021 Völkerrecht wird, sondern auch Deutschen Bundestag Beschluss 2010, in Verhandlungen zu treten mit USA, Nato, Atomwaffensysteme, samt deren radioaktiv strahlender Hinterlassenschaft an Atommüll auf rechtlich prekär exterritorialer US Air Base Büchel/Eifel Rheinland-Pfalz abzuziehen. Das will nicht in heutiges globales Verständnis nach Pariser Klimaabkommen 2015 passen, Menschenrechts-, Klima-, Umweltschutz schonenden Umgang mit Ressourcen durch völkerrechtlich bindende Systeme kollektiver Sicherheit regional verankert, global vernetzt zu kommunizieren, sind doch bereits Schürfen, Abbau von Uranvorkommen auf allen Kontinenten für den Bau von Atomwaffensystemen Teil des Problems, nicht genug gegen Klimawandel, Erhitzung der Atmosphäre unseres Planeten durch anschwellendes CO2 Aufkommen, Einlagerung durch Menschenhand wirksam entgegen zu wirken, zu verhindern, das ozeanische Inseln, Küstenregionen weltweit entlang afrikanischen, asiatischen, australischen, nord-, südamerikanischen, Grönland Küsten, in England, Irland, Spanien, Italien Frankreich, , Niederlanden, Deutschland, Dänemark in Nord-, Ostsee unter die Wasserlinie geraten, Wetterturbulenzen mit erweiterte Dürreperioden im Wechsel mit Wasserfall artigen Regenergüssen, die Sturzbäche auszulösen bewohntes Gebiete, gewerbliche Flächen überfluten, Orkanen, Hurrikans, blanker Hans Sturmfluten, die Deiche brechen, unterspülen, Korallenriffe zerstören durch erwärmt ansteigende Feuchtigkeit in der Atmosphäre.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Aber die Erfahrung mit den vergleichbaren Bio- und Chemiewaffenkonventionen zeigt, dass auch die Nicht-Unterzeichnerstaaten und vor allem Banken und Firmen aus allen Staaten die Regelungen beachten.""



    ==



    Das Gegenteil ist der Fall.







    Am 20. August 2020 wurde der russische Oppositionspolitiker Nawalny mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet. Dieses Nervengift ist völkerrechtlich verbindlich verboten wobei die Russische Förderation dieses Abkommen, in dem auch die Aufbewahrung und Weiterverbreitung geächtet ist, unterzeichnet hat.

    Nowitschok wurde nicht nur in der Russischen Förderation eingesetzt sondern auch in UK wobei russische Agenten die Attentäter waren. Auch im Fall Nawalny lassen sich die mutmasslichen Attentäter auf den russischen Geheimdienst zurückführen.

    Wenn also eindeutige Abkommen nachweislich durch die Unterzeichner nicht eingehalten werden - warum sollte dann ein Atomwaffenverbotsvertrag das Gegenteil erreichen?

    Der Start-Vertrag über die Begrenzung von Atomwaffen wird im Februar auslaufen. Das am 5. 02. 2011 in Kraft getretene Abkommen begrenzt die Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe.

    Joe Biden hat gestern ein Dekret unterschrieben (eines von seinen 17 Dekreten) den Start Vertrag verlängern zu wollen. Sich hinter Bidens Absicht innerhalb der NATO zu stellen, ohne die seit 1955 erfolgreich bestehende Sicherheitsarchitektut der Bundesrepublik einzureißen, ist eindeutig erfolgversprechender als eine Zustimmung zum derzeit agressiven Russland und China, die einseitige Abrüstung als ""Bewunderung"" und als ein "weiter-so" für ihre grenzüberschreitenden Agressionen ansehen würden.

    Das wäre mit Sicherheit ein falsches Signal.

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    "Nicht Drohung, sondern Kooperation und Verständigung garantieren Sicherheit und Frieden." Stimmt und wenn Deutschland dann auf Kosten der Balten, Ukrainer, Polen und im Zweifelsfall Finnen mit Russland kooperiert kann es endlich in Frieden leben, die Armee abschaffen und sich der Illusion hingeben zu den Guten zu gehören.

    Kooperation und Verständigung funktionieren nur wenn der andere will (was im Falle Chinas, Russlands und der Türkei nur begrenzt gegeben ist), und wenn man bereit ist auf so Dinge wir Werte oder internationales Recht zu sch*****.