Steigende Energiekosten für Klimaschutz: Wer bezahlt die Wärme?
Energie wird im neuen Jahr teurer. Mieter:innen und Vermieter:innen sollen sich die Zusatzausgaben teilen, schlägt Svenja Schulze vor.
BERLIN taz | Zum neuen Jahr steigen die Energiekosten für Privathaushalte und meisten Firmen – eine Folge der Klimapolitik der Bundesregierung. Benzin und Diesel, aber auch Heizöl und Erdgas für Gebäude werden teurer, damit die Leute weniger verbrauchen und der Kohlendioxid-Ausstoß sinkt. Vor diesem Hintergrund forderte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag, dass die Vermieter:innen einen Teil der Zusatzkosten übernehmen sollten, um die Mieter:innen zu entlasten.
Bisher ist die Rechtslage so: Die Privathaushalte und Gewerbebetriebe bezahlen die Heiz- und Warmwasserkosten komplett im Rahmen der Nebenkostenabrechnungen. Deshalb geht auch der neue, zusätzliche Preis für Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoß, der ab diesem Januar eingeführt wird, zu ihren Lasten. Anders als die SPD will die Union diese Regelung unverändert beibehalten.
Beispielrechnungen des Umweltministeriums zeigen, dass die Zusatzkosten für Heizung pro Haushalt zwischen vier und zehn Euro monatlich liegen können. Pro Jahr macht das dann etwa 50 bis 120 Euro aus.
Wie auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD) schlägt Schulze nun vor, sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen jeweils die Hälfte der Zusatzkosten tragen zu lassen. Die meisten Privathaushalte würden an diesem Punkt etwas entlastet, die Immobilienbesitzer:innen dagegen belastet.
Die Immobilienwirtschaft will nicht zahlen
Schulze hält es für „unfair“, wenn die Mieter:innen alleine zahlen müssten. Schließlich hätten sie keinen Einfluss darauf, welche Art von Heizung im Haus installiert sei. Diese Entscheidung liege bei den Besitzer:innen der Gebäude. Diese seien „in der Verantwortung“, so Schulze, und müssten „die Auswirkungen“ des neuen CO2-Preises ebenso „zu spüren bekommen“.
Lukas Siebenkotten, der Präsident des Deutschen Mieterbundes, sieht das genauso. Mit dem Unterschied, dass er den Vermieter:innen gerne die kompletten Zusatzkosten für Heizenergie aufbrummen würde. Das forderte auch Sören Bartol, ein Vizevorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen würde sich dagegen mit der 50-50 Aufteilung zufrieden geben.
Die Union dagegen hält das für falsch. „Die geplante Umwälzung der CO2-Kosten auf Vermieter stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar“, sagte Jan-Marco Luczak, rechts- und verbraucherpolitischer Sprecher der CDU-CSU-Fraktion. Die Ausgaben für Heizung seien ja in erster Linie vom individuellen Verhalten der Mieter:innen abhängig. Sollten ärmere Haushalte mit dem CO2-Preis überfordert sein, könne eventuell ein staatlicher Fonds helfen, so Luczak.
Die ablehnende Position unterstützt der Immobilienbesitzer-Verband Haus & Grund. Für den sozialen Ausgleich höherer Heizausgaben habe die Regierung bereits gesorgt, indem sie beispielsweise das Wohngeld erhöht habe, sagte H&G-Mitarbeiter Matthias zu Eicken.
Das zuständige Bundesministerium für Inneres und Wohnen unter Horst Seehofer (CSU) hat bisher keinen eigenen Vorschlag zur Forderung der SPD-Ministerien entwickelt. „Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen“, teilte ein Sprecher mit. Ob die Koalition diesen Konflikt lösen kann, ist unklar. Mit der nahenden Bundestagswahl dürfte es zunehmend schwieriger werden, Kompromisse zu finden.
Unter dem Strich belastet der zusätzliche CO2-Preis im Verkehrs- und Gebäudesektor Privathaushalte und Firmen mit etwa sechs Milliarden Euro in 2021. Einen Teil der Mehrkosten hat die Bundesregierung ausgeglichen, indem die Umlage für Ökostrom (EEG-Umlage) sinkt und das Wohngeld steigt – aber eben nur einen Teil. Mit der Heizkosten-Regelung, die Schulze nun angeregt, würden die Zusatzkosten überwiegend an die Verbraucher:innen zurückerstattet.
Leser*innenkommentare
Sven Günther
"Einen Teil der Mehrkosten hat die Bundesregierung ausgeglichen, indem die Umlage für Ökostrom (EEG-Umlage) sinkt"
Nur das der Endverbraucher davon nichts hat, der Strom wurde nicht billiger!
Beim letzten Treffen der Eigentümergemeinschaft wurde uns erklärt, wir haben einen gemeinsamen Anbieter, der Strom kostet genauso viel wie letztes Jahr und auch nur, weil wir den Anbieter gewechselt haben und das ist überall in Deutschland so.
"Nicht mal jeder zehnte Versorger senkt die Strompreise
Verbraucherschützer verlangen zwar trotzdem, dass die Stromanbieter die Preise wenigstens ein bisschen senken. Doch nach Erhebungen von Vergleichsportalen tut das nur eine Minderheit: Nicht einmal zehn Prozent der regionalen Anbieter planen demnach Senkungen, rund 80 Prozent ändern gar nichts und wiederum knapp zehn Prozent erhöhen die Preise im neuen Jahr sogar."
www.tagesschau.de/...lung-2021-101.html
80576 (Profil gelöscht)
Gast
In zweifacher Hinsicht dumm. Weder wäre der Split zu kontrollieren, noch in der Sache sinnvoll. Der Zusatztbetrag soll doch der Verhaltenssteuerung beim primären Verbraucher dienen, also warum ihn entlasten wollen?
satgurupseudologos
niemand braucht vermieter*innen.diese kategorie von ausbeuter*innen loszuwerden ist besonders einfach.
man verderbe ihnen zuerst die geschäfte durch das einfrieren der mieten oder verordne mietobergrenzen und zwinge sie danach zum verkauf,indem man sie wirtschaftlich ruiniert.
man könnte sie auch einfach enteignen
das ist noch einfacher
alle wohnungen sollten denen gehören die darin wohnen
83492 (Profil gelöscht)
Gast
"Benzin und Diesel, aber auch Heizöl und Erdgas für Gebäude werden teurer, damit die Leute weniger verbrauchen und der Kohlendioxid-Ausstoß sinkt. Vor diesem Hintergrund forderte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Donnerstag, dass die Vermieter:innen einen Teil der Zusatzkosten übernehmen sollten, um die Mieter:innen zu entlasten."
Ja, wie: ich dachte der Plan war, dass die Leute weniger verbrauchen, wenn es teurer wird. Wo bleibt da der Anreiz für Wollsocken und Strickpullover in der Wohnung, wenn der Verbraucher doch nicht mehr zahlt?
kamera mann
@83492 (Profil gelöscht) Wo bleibt der Anreitz für den Vermieter eine klimaschonende Heizungsanlage zu installieren, wenn ihn einen CO2 Schleucer kein Geld kostet?
80576 (Profil gelöscht)
Gast
@kamera mann Eine alte "Energieschleuder" zu ersetzten lohnt sich heute schon. Aber bei einer modernen, effizienten Gasbrennwerttherme, deren Abgas so kalt ist, dass sie keinen Schornstein mehr brauchen, sondern der ein Kunststoffohr reicht, da lohnt es sich nicht. Diese jetzt rausschmeißen zu wollen, ist ökonomischer und ökologischer Unsinn.
80576 (Profil gelöscht)
Gast
@83492 (Profil gelöscht) Es ist doch Wahljahr, da muss man sich vermeintlich sozial zeigen.
tomás zerolo
Eigentlich sollten wir von der Belastung der Volkswirtschaft durch zu hohe Mieten sprechen.
Aber ja -- einen Teil der Energiekosten bei denen zu verbuchen, die über Effizienz des installierten Heizungssystems und über Wärmeisolation entscheiden scheint richtig zu sein.
Das Haus und Grund & Co nichts davon wissen wollen ist klar: das ist eine Lobbyorganisation. Möglichst viel Rendite bei möglichst niedrigem Risiko ist deren Ziel. Ob das gesamtgesellschaftlich sinnvoll ist, das ist denen wurscht.
80576 (Profil gelöscht)
Gast
@tomás zerolo Es gibt ja nicht nur Mieter und Vermieter, sondern auch Eigengheimbewohner. Ich werde wegen des CO2 Preises sicher nicht meine effiziente, drei Jahre alte Gasbrennwertheizung entsorgen und gegen eine strombetriebene Luftwarmepumpe tauschen.
Ria Sauter
Gast
Das wird nicht kommen und ist blabla.
Ein Immobilienhai hat in Berlin gerade 800tausend Euro gespendet an die CDU.
Wir leben in einem Bananenstaat, wenn solche Spenden zulässig sind.
Ein Land, in dem wir gut und gerne leben?Diese Aussage kann nur jemand machen, der mächtig profitiert von diesen Gesetzen.
80576 (Profil gelöscht)
Gast
@Ria Sauter Der Unterschied zur Bananenrepublik ist, dass Sie von dieser Spende wissen können.
Trabantus
Stehen denn Wahlen an? Solche Vorschläge sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben werden.
Erst ins Horn angeblichen Klimaschutzes stoßen und dann vor dem möglichen Echo auf schrägtönendes, sinnentleerten Blasens erschrecken.
Allein die Erwähnung der Tatsache, dass die steigenden Kosten Privathaushalte überfordern könnten, um damit dann einen wiederum steuerfinanzierten Ausgleichsfond aufzulegen (linke Tasche, rechte Tasche) ist eine Schande.
Adam Weishaupt
"Wie auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD) schlägt Schulze nun vor, sowohl Mieter:innen als auch Vermieter:innen jeweils die Hälfte der Zusatzkosten tragen zu lassen. Die meisten Privathaushalte würden an diesem Punkt etwas entlastet, die Immobilienbesitzer:innen dagegen belastet."
Was für ein Unfug. Auch Vermieter:innen und Immobilienbesitzer:innen haben eigene Heizkosten und tragen sie auch selbst. Mieter:innen die Heizkosten zum Teil abzunehmen setzt zudem einen völlig falschen Anreiz zum Mehrverbrauch, zumindest nicht zum Sparen von Heizkosten und CO2-Ausstoß.