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Schulöffnungen im LockdownGrundschulen müssen Priorität haben

Anna Klöpper
Kommentar von Anna Klöpper

Die Schulen öffnen ab kommenden Montag in Berlin schrittweise. Das ist richtig – aber in der Umsetzung nicht konsequent.

Auf Abstand gesetzt: Distanzunterricht geht auch im Klassenraum Foto: picture alliance/dpa | Philipp von Ditfurth

D ie Schulen öffnen in Berlin also nun doch schon weit vor dem (vorläufigen) Lockdown-Ende am 31. Januar. Am Montag kommen die „abschlussrelevanten Jahrgänge“, also die Jahrgänge 9–13 an weiterführenden Schulen in halber Klassenstärke und stundenweise zurück. Eine Woche später folgen die Klassen 1–3 an Grundschulen, wiederum eine Woche später die Klassen 4–6. Und dann sind schon wieder Winterferien.

Hätte man die Schulen nicht dichtlassen können, diese relativ kurze Strecke bis zu den Winterferien? Vermutlich wäre ein Schul-Lockdown bis in den Februar hinein das, was man „konsequent“ nennen würde. Wie schon in Lockdown Nummer eins ist die rot-rot-grüne Landesregierung bei der Frage der Schulöffnungen aber nicht einfach bloß konsequent, sondern man macht es sich schwer. Zum Glück.

Es ist nämlich richtig, dass man die sozialen Härten schwer wiegen lässt, die geschlossene Schulen bedeuten – sowohl für Kinder als auch für Eltern im Homeoffice. Und wenn es, zu Recht, als unlogisch kritisiert wird, dass die Schulen öffnen, aber bei den Kontaktbeschränkungen für Kinder keine Ausnahmen mehr gelten, dann ist es richtig, Letzteres wieder zu ändern – anstatt die Schulöffnungen zurückzunehmen.

Was man kritisieren kann: Die Klassen 4–6 für eine Woche in die Schule zu schicken und dann wieder in die Ferien, macht keinen Sinn. Und gerade viele weiterführende Schulen sind inzwischen digital gut aufgestellt, hört man von vielen Schulleitungen. Warum die Älteren nicht weiter im Distanzunterricht lassen? Immerhin sind sie es, die oft mit Öffentlichen quer durch die Stadt fahren, die Grundschule hingegen ist für die meisten um die Ecke.

Stattdessen hätte man die GrundschülerInnen, und zwar alle Jahrgänge, schon ab Montag wieder – auf Abstand gesetzt und stundenweise – in die Klassenzimmer holen können. Eine klare Priorisierung auf die Grundschule: Es hätte die Schulöffnung im Lockdown nachvollziehbarer gemacht.

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Anna Klöpper
Leiterin taz.eins
Seit 2011 bei der taz. Leitet gemeinsam mit Sunny Riedel das Ressort taz.eins. Hier entstehen die ersten fünf Seiten der Tageszeitung, inklusive der Nahaufnahme - der täglichen Reportage-Doppelseite in der taz. Davor Ressortleiterin, CvD und Redakteurin in der Berliner Lokalredaktion. Themenschwerpunkte: Bildungs- und Familienpolitik.
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6 Kommentare

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  • Es gibt Studien aus Österreich speziell zu Kindern und deren Rolle. Ist gerade im Review-Prozess. Es sei den BerlinerInnen und Mitkommentatoren empfohlen, einfach einmal anhand von naturwissenschaftlichen und medizinischen Untersuchungen vorzugehen. Wenn ich lese, in Frankreich hätte es mit Schulen funktioniert - wenn das stimmt, ist es so, dass dort der einzige zeitlich längere Kontakt von Familien nach draußen über die Schulen erfolgt. Der Rest ist ja knallhart verboten! In Israel ließen sich in einer Welle ganz klar Zusammenhänge zwischen Schulschließungen und Abnahme der Fallzahlen finden. Warum? Das lag an der speziellen Durchführung des lockdown in Teilen der Bevölkerung.



    Was uns in D angeht: Ich hat ja schon anderweitig aus erster Hand berichtet, wie anders es in Deutschland ist, wo Verdachtsfälle einfach zur Schule gehen und Mitschüler anstecken.



    Also, kurz gefasst:



    Schulen auf wie in Frankreich bedeutet ein echter lockdown wie in Frankreich mit Polizeikontrollen!



    Andernfalls: Wissenschaftliche Daten studieren, neutrale Erhebungen weltweit, und eine eigene Mischung aus Teillockdown und Schulen finden. Da gibt es keine Kopiervorlage für unseren Weg.



    Leider scheint mir verfügt man in Deutschland nicht über ausreichend wissenschaftliche Kompetenz bei denen, die alle mitreden wollen.

  • Vielleicht ist es notwendig, die Schulen zu schließen -- vielleicht aber auch nicht: Frankreich hatte seine Schulen im zweiten Lockdown komplett offen und hat die Zahlen trotzdem deutlich senken können -- was machen die anders als wir? Vielleicht lohnte da ja doch einmal ein Blick.



    Aber hinschauen will man ja generell nicht so genau. Deswegen sichert man auch keine Strategie ab z.B. mit einer breiten Teststrategie. Dann bekäme mab belastbare Antworten, wie sich das Virus unter Schülern und Lehrern verbreitet. Vielleicht gute, vielleicht schlechte.



    Stattdessen: Moralinsaueres Geschwafel und Realitätsverweigerung. Was von beiden mehr nervt, kann ich schon gar nicht mehr sagen.



    Worauf ich mich aber freue: Wenn sich alle dann nach Corona weiterhinn so intensiv um die benachteiligten SchülerInnen kümmern. Wetten, dass der traurige Rest an Förderstunden als erstes gestrichen wird? Wir müssen sicher sparen nach Corona ...

  • Distanzunterricht im geschlossenen Raum hilft vielleicht gegen Tröpfen- aber nicht gg. eine Infektion durch Aerosole - verbreiten sie nicht Unsinn mit ihrer Bildunterschrift.



    Ich kann es einfach nicht fassen - wie lange soll das jetzt mit diesen Halbheiten noch weitergehn. Ich habe zwei Kinder und eine Arbeit und ich bin schockiert über diese unverantwortlichen Entscheidungen der berliner SPD - bei diesen Zahlen muss man die Kitas schließen und nicht die Schulen öffnen. Wo ist der Gesundheitsschutz für die betroffenen Familien, die sich überhaupt nicht schützen können, und deren Angehörigen und Kollegen (eine Home-Office-Pflicht gibt es ja auch nicht)? Wann schreibt endlich mal jemand über die Verletzung der Fürsorgepflichten gegenüber Lehrern und Erziehern? Sie haben mit die höchsten Infektionsfälle! Schulen spielen sehr wohl eine herausragende Rolle bei der Weiterverbreitung des Virus - und es ist schlicht unfasslich wie hier gegen jede Vernunft gehandelt wird. Alle berliner Verantwortlichen auf der Senatsebene haben offenbar sehr entspannte und lange Sommerferien gemacht in jedem Fall nicht ihren Job: Die Schulen Coronasicher zu machen - es gab viele Vorschläge und Hinweise und NICHTS ist geschehen, nur immer schon die Verantwortung auf die untersten Ebenen abgeschoben - pfui teufel.

  • Nein, es ist falsch die Schulen zu öffnen, die Kitas offen zu lassen (die Eltern sollen ihre Kinder freiweillig zu Hause betreuen, was mit gleichzeitiger Arbeit nicht möglich ist und es gibt keine Ersatzleistungen solange die Kitas nicht offizielle geschlossen werden) - so wird der strenge Lockdown derart aufgeweicht, dass wir es alle gleich lassen können. Kinder tragen die Infektionen in die Schule und Kita verspreadern sie dann dort an die anderen Kinder, Lehrer und Erzieher und bringen es dann nach Hause. Die Eltern tragen es dann an ihre Arbeitsplätze und verbreiten es dort. Je lockerer der "Lockdown ist, desto so schlimmer und länger wird es dauern. Es reicht! Schule erst wieder ab der 50er Inzidenz + Luftreiniger + Kleingruppen (max.10 Personen). Und: Lohnersatzleistungen für ALLE betreuenden Eltern ohne Ausnahmen und sofort!!!

    • @marusja meyer:

      Im TV hatte eine Mitarbeiterin eines Max-Planck-Institutes für ich sage mal Dumme erklärt, wie sich es auswirkt, wenn man die Reproduktionszahl von 0,9 auf 0,7 runterbringt. Der Unterschied ist, wann man unter Dir für das Medizinsystem gut handhabbare Fallzahl kommt. Man kann wählen zwischen drei bis vier Monaten gegenüber wenigen Wochen.



      In der Politik begreift das im wesentlichen Markus Söder und Angela Merkel. Für mich mit ihrer eindringlichen Vorhersage im Frühherbst zu den Zahlen in Dezember übrigens sehr beeindruckt hat. Den Rest der Landesregierungen finde ich nur wenig vertrauenserweckend, die Opposition jeweils ebenso.

    • @marusja meyer:

      Ich denke auch, man muss das jetzt einfach durchziehen. Ganz konsequent überall in Deutschland.