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Discounter verspricht 50 Millionen EuroBauern wollen mehr als Lidl-Almosen

Landwirte kündigen weitere Proteste gegen Dumpingpreise für ihre Produkte an. Ein vom Discounter Lidl versprochener Zuschuss reicht ihnen nicht.

Landwirte blockieren im südoldenburgischen Cloppenburg die Zufahrt zu einem Lidl-Zentrallager Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Berlin taz | Nach Protesten von Bauern gegen zu niedrige Preise für ihre Produkte will die Betreiberin der Supermarktketten Lidl und Kaufland Landwirte mit 50 Millionen Euro unterstützen – kann damit aber nicht die Kritiker besänftigen.

„Das Angebot der Schwarz-Gruppe reicht bei Weitem nicht aus“, sagte am Freitag der taz Dirk Andresen, Sprecher der Bewegung „Land schafft Verbindung Deutschland“. Er rechne mit weiteren Blockaden von Lebensmittellagern. In den vergangenen Wochen hatten Bauern immer wieder Lager verschiedener Händler mit Traktoren zugestellt.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, nannte das Versprechen der Schwarz-Gruppe ein Trostpflaster. „Wegen des andauernden Preiskampfs verlieren unsere Bauern diesen Betrag fast wöchentlich“, sagt er. Ähnlich äußerten sich die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter.

Die Landwirte beklagen, dass sie vor allem für Milch und Fleisch zu wenig bekämen, um ihre Kosten zu decken. Während die Milchpreise schon lange als zu niedrig gelten, ist der Schweinemarkt in diesem Jahr besonders unter Druck geraten, weil der Export außerhalb der EU wegen des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland zusammengebrochen ist. Zudem fiel der Preis wegen der Coronakrise. Auch andere Sektoren der Landwirtschaft kritisieren, dass sie zu wenig verdienten.

Nach der Blockade eines Lidl-Zentrallagers durch Bauern in Cloppenburg initiierte die Schwarz-Gruppe am Donnerstag eine Videokonferenz mit Bundes­agrarministerin Julia Klöckner (CDU) sowie Managern von Edeka, Aldi und Rewe. Am Abend teilte die Gruppe mit, dass die Organisation Initiative Tierwohl die 50 Millionen Euro im kommenden Jahr an Landwirte verteilen solle, die sich für mehr Tierschutz engagieren.

Ein Zuschuss könne das Problem aber nicht lösen, sagte Hans Foldenauer, Sprecher des Milchviehhalter-Verbands, der taz. „Man muss an die Produktionsmengen ran“, damit die Preise stiegen. Er forderte, das EU-Recht so zu ändern, dass Bauern auch ohne die Molkereien oder Händler Organisationen gründen dürfen, die die Mengen auf dem Markt begrenzen. Auch der Umweltverband Greenpeace verlangte „einen Systemwandel“ weg vom „Wettkampf um die billigsten Lebensmittel“.

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18 Kommentare

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  • Herr Maurin, bitte recherchieren Sie besser bevor Sie solche Beiträge loslassen.



    Die 50 Millionen erhalten nicht die Landwirte sondern die Organisation Initiative Tierwohl. In dieser werden rund 6600 Landwirte, nur Schweine-, oder Geflügelhalter, unterstützt. 2019 hatten wir in Deutschland ca. 266600 Landwirtschaftliche Betriebe, also beträgt der Anteil der da Geld bekommt gerade mal 0,024 %. Da von der ganzen Landwirtschaft zu schreiben ist schon fast Etikettenschwindel.



    Und das die Schwarzgruppe sofort nach den ersten Protesten so einfach 50 Mill. an eine Organisation spendet, ist nur die konsequente Weiterführung ihrer Politik die Landwirte in kleine Gruppen zu spalten. Auch wenn sich jetzt diese verschwindende Anzahl von Landwirten über ein kleines Zuckerl freuen dürfen, ändert es gar nichts an den Geschäftsgebaren der vier großen Heuschrecken im Lebensmitteleinzelhandel

    • @Günter Witte:

      Danke für den Hinweis auf die fälschliche Darstellung im Artikel.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Was ist eigentlich mit der Gewerkschaft IGBAU?



    Tun die was?

    Deutschland ist aufgeteilt - Aldi, Lidl, REWE, Edeka.



    Wer will daran was ändern?



    Noch immer existiert der alte Begriff "soziale Marktwirtschaft". Die gibt es längst nicht mehr. Bei den Stromkonzernen ist das noch schlimmer.

    Die einzige Chance der Bauern ist sich zusammenzuschließen, bessere Produkte herzustellen und eigene Vertriebswege auszubauen. Ansonsten hängen die immer am Gängelband der großen Discounter.

  • wir haben 2 Probleme:

    Ich glaube als Kunde nicht das höhere Preise an die Erzeuger weitergegeben würden

    Andere Länder haben ähnliche Lebenshaltungskosten aber Lebensmittel sind teurer: d.h. anderes muss billiger sein: Energie, Versicherungen, Mieten,...

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wer ist ärmer, die Kunden von Lidl oder die Bauern?

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Schwer zu sagen... vor Stall und Lidl stehen Limousinen der Preiskategorie die sich ein normaler Arbeiter nicht leisten könnte.

  • Warum startet die TAZ nicht einen Aufruf, um von den Handelsketten eine noch stärkere SENKUNG der Einkaufspreise, nämlich für TIERISCHE Produkte zu fordern? Damit könnte die Erzeugung dieser Produkte unwirtschaftlich werden; sie würden schließlich vom Markt verschwinden und damit alle Probleme, die damit zusammenhängen.



    Die TAZ hat schon viele Beiträge gebracht, um die vegetarische/vegane Lebensweise zu unterstützen. Aber wenn‘s dann konkret werden soll . . .

    • @Pfanni:

      ??? nicht jeder will wider die eigene Natur Leben

    • @Pfanni:

      Das scheint mir nicht wirklich zuende gedacht zu sein, weil es den eigentlich recht simplen Zusammenhang von Angebot und Nachfrage ignoriert. Die Discounter werden immer nur gerade eben soviel zahlen wie nötig ist um die Nachfrage durch die Verbraucher zu decken, da aber zu viel produziert wird sind die Preise niedrig und die Erzeuger leiden. Weil sie aber durch diverse Subventionen künstlich am Markt gehalten werden ändert sich aber auch nichts an dieser Situation. Um eine Veränderung herbeizuführen bräuchte es einerseits die politische Festlegung höherer Produktionsstandards, andererseits die Streichung der Subventionen. Der dadurch ausgelöste Investitionsbedarf würde über eine Marktbereinigung zu einem verringertem Angebot bei gleichzeitig höherer Qualität führen, darüber höhere Preise und damit auch höhere Margen erlauben. Das würde die Produkte zwar für die Verbraucher vordergründig teurer machen, durch die eingesparten Subventionen die derzeit in ein schlechtes und dysfunktionales System fließen, aber auch Steuererleichterungen möglich machen.

      • @Ingo Bernable:

        Wenn Sie schon auf den Subventionen herumreiten, sollten Sie auch erwähnen das Biogas Betreiber 2x Subventionen erhalten, für ihre Fläche und den erzeugten Strom. Es waren die Grünen und ihre freunde von der SPD, die durch ihr EEG Gesetz den größten Wandel in der Landwirtschaft ( von klein zu groß ) angestiftet haben, und noch dazu den Ausbau von Monokulturen finanziert haben.

      • @Ingo Bernable:

        Das scheint mir aber auch nicht so richtig zu Ende gedacht zu sein. Der Selbstversorgungsgrad an Lebensmitteln aus der Landwirtschaft liegt bei 88%. Anfang der 90er lag er bei 98. Milch und Fleisch sind über 100%. Alles andere zum Teil weit darunter. Obst zB liegt bei knapp 30%. Insgesamt ist Deutschland also heute schon auf Importe angewiesen. Was ist denn daran erstrebenswert, sich die Dinge aus teils fernen Ländern zu holen? Äpfel aus Südamerika, Neuseeland oder Südafrika. Sojaöl aus Brasilien oder Rindfleisch.

        • 1G
          17900 (Profil gelöscht)
          @Le Kralle:

          "Insgesamt ist Deutschland also heute schon auf Importe angewiesen."

          Das kann man so nicht sagen. Wenn man wollte und die Preise stimmen, dann könnte man natürlich hierzulande viel mehr Obst und Gemüse anbauen. Auch brauchen wir eigentlich kein Soja für das Vieh. Die Massentierhaltung ist dafür hauptsächlich verantwortlich. Aber das ist kein in Stein gemeißeltes Gesetzt!!!

          Wir haben einfach schlechte Politiker und leider auch viele Bauern, die nicht über den Tellerrand schauen können.

          • @17900 (Profil gelöscht):

            Ist nicht unbedingt eine Frage des nicht wollens. Obstbau und Schweinezucht sind verschiedene Berufe. Und dass die Preise nicht stimmen (In allen Sparten) war ja der Auslöser der Blockaden. Mit welcher Berechtigung schlägt der Handel 200 bis 300% auf das Kilo Äpfel. Ein Nahrungsmittel, das keiner weiteren Verarbeitung bedarf. Weder muss es geschlachtet noch pasteurisiert werden. Das ist doch pervers. Nicht die Preise im Discounter, sondern die immense Spanne des LEHs.

            • 1G
              17900 (Profil gelöscht)
              @Le Kralle:

              Sie haben recht!

      • @Ingo Bernable:

        Ein Großteil der Subventionen werden von den (deutschen) Landwirten lustigerweise an John Deere (Trecker links), Fendt (Trecker rechts, eigentlich AGCO), Claas, Joskin, ... und BAYER/Monsanto, K+S (Kali und Salz),... weitergereicht.



        (Hab mal nur halbwegs bekannte Hersteller erwähnt.)

        • @Hugo:

          Übrigens sagen Sie "ein Großteil der Subventionen werden weitergereicht". Indirekt wahrscheinlich schon. Es suggeriert aber, dass die Subventionen ausreichen würden, so eine Maschine zu bezahlen. Lustigerweise reichen diese Subventionen bei weitem nicht aus, um davon diese Traktoren zu bezahlen. Solche Dinge finanziert man über Kredite, die man bei Banken aufnimmt und womöglich irgendwann zu tilgen hofft.

        • @Hugo:

          Ja. Sicher nutzen Landwirte Maschinen um ihre Arbeit zu erledigen. Aber was hat das hiermit zu tun. Wäre es von Vorteil den Lanz Bulldog weiter zu verwenden? Und schreiben Sie ihre Kommentare per Schiefertafel? Moderne Federungssysteme der Schlepper erhalten die Arbeitskraft des Landwirts, da Sie helfen Bandscheiben zu schonen. Was soll daran lustig sein?