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Superhelden als Öko-MonsterSpiderman gegen Captain Carbon

Wenn die Welt kurz vor dem Abgrund steht, müssen echte Helden ran. Aber es zeigt sich: Gegen wirklichen Irrsinn helfen auch keine Superkräfte.

Kann Spiderman Umweltzerstörung und Erderhitzung stoppen? Foto: Hadly Vavaldi/imago

A b und zu frage ich mich: Wer soll das eigentlich alles schaffen? Die Berichte über Umweltzerstörung und Erderhitzung können einen schon mal verzweifeln lassen. Für manche Aufgaben, so scheint es, braucht es offenbar Superkräfte: Armut besiegen, Pandemien verhindern, Klimawandel stoppen, die CDU Sachsen-Anhalt zur Vernunft bringen.

Mit den Superhelden von nebenan wird das allerdings nichts. Alles Öko-Ignoranten, hat das britische Verbraucherportal SaveOnEnergy jetzt ermittelt. In der Rangliste der umweltfreundlichsten Superheroes (beurteilt wurde da: Bewusstsein, Schadensbilanz, Waffen und Mobilität, wie man sie in ihren Filmen sieht) kommt erst mal lange niemand.

Dann an Platz eins: Spiderman, der sich an seinen eigenen, biologisch abbaubaren Fäden durch die Welt schwingt. Knapp gefolgt von AquaMan, der saubere Meere liebt, und Storm, die „die Atmosphäre achtet“. Unter den Top Ten finden sich – vielleicht kein Zufall – tierische Helden wie Black Widow, The Wasp und Ant-Man.

Ganz schlimm: Iron Man

Der gute alte Superman schafft es nur auf Platz 21 von 30. Und ganz hinten die Legion der Öko-Schurken: Captain America, Captain Marvel, Batman, The Hulk, Iron Man: Das sind einfach zu viele CO2-Emissionen beim Batmobil und zu viele Kollateralschäden bei der Rettung der Welt.

Wenn gar nichts mehr geht, dann müssen die Übernatürlichen ran, so ist das Strickmuster dieser Geschichten seit der Antike. Die inzwischen säkularisierte Heiligenverehrung, die auch noch unglaublich Profit abwirft, lenkt uns schön davon ab, dass wir unsere Probleme mal gefälligst selbst lösen sollten, ehe sie uns über den Kopf wachsen. „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“, heißt es bei Brechts Galileo Galilei.

So ein Land sind wir offenbar. Auch unsere Bundessuperhelden haben ihre Probleme. Da kämpft ImpfMan gegen fiese Viren und irre Verschwörungsmythen, nur ab und zu hilft ihm GreenBazooka mit einem Schuss aus der Milliardenkanone. Ob WasserstoffWoman im Forschungsministerium auch wirklich alle Probleme löst? Und kann sich The Green Smile wirklich gegen Gülle-Girl durchsetzen, um die Schmetterlinge auf Glyphosonien zu retten? Alles hängt an der Göttermutter Eternal Angel: Lässt sie den Superschurken Bulldozer Autobahnen durch alle Buchenwälder der Galaxis bauen? Füttert sie DAS FOSSIL weiter mit einem Windpark täglich?

Die gute Nachricht: Neue HeldInnen stehen bereit. Gorilla Girl wird den Waldfrevlern ihr illegales Holz um die Ohren hauen, DiversityMan mit Wolverine für die ewigen Jagdgründe streiten. Die Chemiebranche zittert vor Plastic Panther, dem Recycling­­star mit Kreislaufproblemen. Größter Ökoheld ist allerdings Captain Carbon, der Gigatonnen von CO2 aus der Luft filtert und ins nächste Sonnensystem verschiebt.

Und dann gibt es noch die chillige Downsizer-Fraktion. Unsere Tochter schwärmt für BettMan, der Probleme einfach wegschläft. Die Bundesregierung ehrt „besondere Helden“ fürs antriebslose Rumhängen in der Coronakrise.

Da entsteht ein Gigant, der die Regeln des Universums herausfordert. Demnächst läuft in Ihrem Kino die ultimative Abrechnung: DAS NICHTSTUN gegen all die anderen Spinner.

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Bernhard Pötter
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).
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