Kommentar von Gereon Asmuth zu Konsequenzen der Amokfahrt in Trier: Schutz durch Technik
Jeder Land Rover fühlt sich auf Anhieb in jeder Umgebung zu Hause – auf felsigen Strecken ebenso wie auf eleganten Boulevards. Es sind Marketingsätze wie dieser, die einem nach der Amokfahrt in Trier im Hals stecken bleiben. Erst recht, wenn im dazugehörigen Werbespot übermotorisierte SUVs eine gigantische Bodenwelle in einer Innenstadt überwinden. „I’m unstoppable“, ruft ein kleiner Junge. „Ich bin nicht zu stoppen!“ Es ist der einzige Satz in dem Video. Er lässt einen schaudern.
Mit einem Land-Rover-SUV ist am Dienstag ein Mann durch die Fußgängerzone von Trier gerast. Unstoppable. Fünf Tote. Dank ausgereifter Technik ist zum wiederholten Mal ein Auto zur Mordwaffe geworden. So was könne man niemals zu 100 Prozent verhindern, sagten der Oberbürgermeister von Trier und der Innenminister von Rheinland-Pfalz nahezu wortgleich. Aber sollte man nicht wenigstens versuchen, es zu 90 Prozent zu verhindern? So klingt es doch fatal nach: Da kann man nichts machen. Schlimmer noch: Wir wollen nichts machen.
Der Kern des Problems wird zudem ausgeblendet. Zwar wurde vor vier Jahren nach dem verheerenden Anschlag mit einem Sattelschlepper auf den Weihnachtsmarkt in Berlin gehandelt. Seither werden alle ähnlichen Veranstaltungen mit Betonsperren und anderen Schikanen geschützt. Doch wenn, wie in diesem Jahr, der christlich-kapitalistische Weihnachtsmarkt wegen Corona ausfällt? Dann kann ja auch kein Islamist angreifen. Also verzichtet man auf Poller, wie jetzt in Trier. Was für ein Irrtum.
Denn die Gefahr ist doch nicht die Ideologie. Die Gefahr ist der Mann am Steuer – und, ja, es ist immer ein Mann, der durchdreht. Ganz egal, ob er Islamist, Rechtsextremist, Tempofetischist oder unideologisch durchgeknallt ist. Das Problem bei den gewaltbereiten Automobilisten ist die Waffe. Das Steuer in ihren Händen. Das Gaspedal unter ihrem Fuß.
Die Lösung: Stoppt die Raser! Nehmt ihnen die Waffen weg! Wie? Mit einem Werbeklassiker der Autoindustrie: Vorsprung durch Technik! Deutschland ist doch das Land der Konstrukteure. Also her mit autofreien Zonen, geschützt durch formschöne Sperren, die schwuppdiwupp versenkt werden können, wenn doch mal ein Krankenwagen durchmuss. Vor allem aber: Her mit der automatisch per GPS gesteuerten Tempolimitierung, wenn ein Auto in einer Stadt fährt. Dem Erfindungsgeist sollten keine Grenzen gesetzt werden. Mit ungebremstem Fortschrittsglauben zurück zur Langsamkeit. Undenkbar?
Gestoppt wurde der Amokfahrer durch das Tackling eines Polizeifahrzeugs. Ausgerechnet auf einem Pop-up-Radweg, der in Coronazeiten angelegt wurde. Natürlich können autofreie Zonen allein keinen Amoktäter stoppen. Aber dass es sie gibt, zeigt: Eine Verkehrswende ist möglich. Noch vor Monaten Undenkbares ist Realität. Das bleibt das kleine Hoffnungszeichen von Trier.
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