Perus Präsident abgesetzt: „Permanente moralische Unfähigkeit“
Perus Parlament setzt mit großer parteiübergreifender Mehrheit den Präsidenten Martín Vizcarra ab. Der Grund sind Korruptionsvorwürfe.
„Noch heute verlasse ich den Regierungspalast“, akzeptierte Vizcarra die Entscheidung des Parlaments. Bereits am Dienstag soll Parlamentspräsident Manuel Merino von der Mitte-rechts-Partei Acción Popular als Nachfolger vereidigt werden.
Vizcarra wird vorgeworfen, als Bezirksgouverneur von Moquegua in den Jahren 2011 bis 2014 mehrere Hunderttausend Euro Schmiergelder unter anderem für den Zuschlag zur Errichtung eines Krankenhauses von einer Baufirma erhalten zu haben. Bei den Voruntersuchungen der zuständigen Staatsanwaltschaft wurde Vizcarra von den Eigentümern der Baufirma belastet, gegen die jedoch selbst wegen Bestechung ermittelt wird und die sich von ihren Aussagen gegenüber der Staatsanwaltschaft ein milderes Strafmaß erhoffen.
Vor der Abstimmung hatte sich Vizcarra optimistisch gezeigt und fest mit seinem Verbleib im Amt gerechnet. „Das Ermittlungsverfahren hat gerade erst angefangen, alles sind Hypothesen“, verteidigte sich Vizcarra am Montag in seiner Rede im Parlament. „Es gibt keinen eindeutigen Beweis, keinen Beweis für ein Verbrechen, und es wird auch keinen geben, weil ich keine Bestechungsgelder gesammelt habe“, fügte er hinzu.
Kritik auch am Corona-Krisenmanagement
Trotzdem war die Zustimmung des Parlaments zu seiner Amtsenthebung nicht nur groß, sondern auch parteiübergreifend. Lediglich die neun Abgeordneten der Vizcarra nahestehenden Partido Morado stimmten geschlossen dagegen.
Dabei mischten einige Abgeordnete in ihren Reden die Bestechungsvorwürfe mit Kritik an Vizcarras Krisenmanagement in der Coronapandemie. Bisher sind rund 34.900 Menschen an den Folgen einer Virusinfektion gestorben. Mehr als 922.000 der rund 32 Millionen Einwohner*innen haben sich infiziert.
Perus linksgemäßigte Tageszeitung La República nannte Vizcarras Absetzung einen „Staatsstreich des Parlaments“, mit dem die korrupten Abgeordneten ihre eigene Straflosigkeit retten wollen. Bei seinem Amtsantritt 2018 hatte Vizcarra der Korruption den Kampf angesagt. Gegen zahlreiche Parlamentarier*innen wird wegen Korruption, Bereicherung und Vetternwirtschaft ermittelt.
Noch im September hatte der Präsident ein erstes Amtsenthebungsverfahren des Parlaments unbeschadet überstanden. Damals ging es um umstrittene Verträge mit einem Sänger im Wert von knapp über 40.000 Euro. Vizcarra wurde vorgeworfen, bei der Vertragsunterzeichnung nachgeholfen zu haben. Lediglich 32 Abgeordnete votierten für seine Absetzung, 78 dagegen.
Vizcarra hatte das Amt im März 2018 vom damals zurückgetretenen Präsidenten Pedro Pablo Kuczynski übernommen. Mit seinem Rücktritt war Kuczynski einer Amtsenthebung durch das Parlament wegen Korruptionsvorwürfen gegen ihn zuvorgekommen. Vizcarra war damals Vizepräsident, zugleich aber auch Botschafter in Kanada. Nach Kuczynskis Abgang war er nach Peru zurückgereist und hatte das Amt übernommen. Seit Montag ist er Perus vierter Präsident, der vom Parlament abgesetzt wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!