Auch eine Art Tarifflucht: Asklepios macht Reha-Klinik dicht
Die schwache Bettenbelegung aufgrund der Corona-Pandemie, Streiks und ein teurer Wasserschaden sollen Ausschlag gegeben haben.
Göttingen taz | Bitteres Ende eines monatelangen Tarifkonflikts: Der Asklepios-Konzern hat angekündigt, seine Reha-Klinik in Seesen im Harz zu schließen. Nach der wegen Corona deutlich eingeschränkten Geschäftstätigkeit der vergangenen Monate werde der Betrieb nicht mehr hochgefahren. Während der Pandemie seien bis zu 70 Prozent weniger Patienten behandelt worden, teilte der Klinik-Konzern mit. Außerdem habe es einen teuren Wasserschaden gegeben.
Asklepios verweist auch auf die unbefristeten Streiks in der Klinik. Diese hätten die Schieflage so verschärft, dass es nun keine andere Option mehr gebe als die Schließung. Die Gewerkschaft Ver.di wirft Asklepios dagegen vor, den Hals nicht vollzukriegen. Obwohl die Reha profitabel betrieben worden sei, habe das dem Konzern nicht ausgereicht.
Seit 16 Monaten streiken Beschäftigte der Seesener Asklepios-Kliniken immer wieder für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Der jüngste Streik begann am 5. Oktober, er wurde am 26. Oktober für neue Gespräche unterbrochen. Ver.di will vor allem den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) durchsetzen. Asklepios verweigert das.
Das Unternehmen akzeptiert grundsätzlich keinen allgemeingültigen Tarifvertrag, sondern nur Vereinbarungen für jede einzelne Einrichtung. Weil Zulagen nach anderen Kriterien vergeben würden, als es der TVöD vorsieht, seien einige Mitarbeiter sogar bessergestellt.
Andere zahlen Tarif
Bei privaten Wettbewerbern in der Region sei ein dem TVöD ähnliches Tarifniveau Standard, hält Gewerkschaftssekretär Jens Havemann dagegen. Das jüngste Angebot von Asklepios aus dem Mai sei davon weit entfernt. Auch gelte es nur für einzelne Berufsgruppen.
Die Akut-Klinik nebenan soll nicht geschlossen werden. Viele Beschäftigte befürchten aber, dass die Schließung der Reha drastische Folgen für das Akut-Haus haben wird. Das Erfolgsrezept sei gerade die Zusammenarbeit zwischen Reha- und Akut-Klinik. Reimar Paaul
Leser*innenkommentare
Bolzkopf
Wenn ein Unternehmen keine auskömmlichen Lohne zahlen will ist es absolut legitim es kaputtzustreiken.
Denn so ein Unternehmen leistet keinen Betrag zu unserer Gesellschaft - ganz im Gegenteil: Es liegt uns auf der Tasche.
Und keine Angst: Jobs gehen nicht verloren denn die Arbeit ist (und bleibt) ja erhalten und will erledigt werden.
Es ist mir auch völlig unverständlich wie Aufstockungs-Sozialhilfe an die Beschäftigten eines Halsabschneiders bezahlt werden, derweil der von seinen nunmehr maximierten Gewinnen schön in der Sonne liegt.
Eine Arbeit die nicht auskömmlich bezahlt wird ist ja offenbar so unwichtig, dass sie auch nicht getan werden braucht.
Ist sie aber jemandem so wichtig dass sie unbedingt gemacht werden muss, wird er / sie diese Arbeit auch angemessen bezahlen.
Und weil die Menschen dass natürlich auch wissen, hat man das Schickane- und Sanktionierungssystem namens "Harz vier" geschaffen.
Danke liebe SPD, danke, danke, danke.