Flucht aus Westafrika auf die Kanaren: Die tödlichste Route
Mehr Flüchtlinge nehmen die Route über die Kanaren nach Europa. Solange es keine legalen Wege gibt, geht das Sterben weiter.
Manche nennen sie die „tödlichste“ Flüchtlingsroute: die Überfahrt aus westafrikanischen Ländern über den Atlantik zu den Kanarischen Inseln. Die westafrikanische Seeroute nehmen in diesem Jahr deutlich mehr Menschen – seit Jahresbeginn gab es nach Angaben des spanischen Innenministeriums 14.000 Ankünfte auf den Kanaren, mehr als sieben Mal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) veröffentlicht noch höhere Zahlen. Es sieht ganz danach aus, als würden die Ferieninseln ein neuer Ort, für den sich die EU schämen müsste.
Auch hier wird wohl kaum das gelingen, was an anderen wichtigen Ankunftsorten für Flüchtlinge praktiziert werden soll, aber auch dort nicht klappt: dass ihr Asylanspruch rechtmäßig und innerhalb zumutbarer Fristen geprüft wird – und die Menschen in dieser Zeit gut versorgt und sicher untergebracht sind.
Medienberichten zufolge sind die Verhältnisse jetzt schon katastrophal: Im Hafen von Aguineguín im Südwesten von Gran Canaria schliefen demnach bereits am vergangenen Wochenende mehr als 2.000 Neuankömmlinge draußen auf dem baren Boden.
Der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska hatte Anfang der Woche gesagt, die kanarischen Inseln würden kein „neues Lesbos“. Doch mit Corona und den Ausgangsbeschränkungen in Spanien wird es wohl dauern, bis die neu angekommenen Geflüchteten aufs spanische Festland weiterreisen können.
Hier zeigt sich mal wieder die Brutalität der Einwanderung: Man kann davon ausgehen, dass auch die Betroffenen wissen, dass die Überfahrt lebensgefährlich sein wird, dass Holzboote dem rauen Atlantik kaum trotzen können.
Sie machen sich trotzdem auf den Weg – womöglich wegen neuer Konflikte in Westafrika, weil Grenzüberquerungen auf anderen Routen wegen Corona nicht möglich sind oder auch weil sich ihre Lebensverhältnisse wegen der Pandemie so verschlimmert haben, dass selbst ein derartiges Risiko im Vergleich zum Leben in ihrem Herkunftsland als hinnehmbar erscheint.
41 Mal kam es auf der Route zu Schiffbruch, zählte die IOM von Anfang Januar bis 15. November. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. 511 Menschen starben oder verschwanden demnach in diesem Zeitraum auf dieser Route. Solange die EU sich abschottet, solange Flüchtlinge kaum sicheren und legalen Zugang zu einem Asylverfahren bekommen, wird das Sterben nicht aufhören.
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