piwik no script img

US-Republikaner nach der WahlVon Angst getrieben

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Nach der US-Wahl haben die Republikaner ein Problem: Donald Trump ist noch immer in der Lage, seine Partei zu zerstören – notfalls von außen.

Trump bleibt für die US-Republikaner auch nach der Wahl eine Gefahr Foto: Carlos Barria/reuters

E igentlich müsste die Republikanische Partei drei Tage nach dem erklärten Wahlsieg des Demokraten Joe Biden mit Volldampf dabei sein, ihre künftige Oppositionspolitik zu gestalten. Schlecht ist es den Repu­bli­kaner*in­nen in der Wahlnacht nicht ergangen: Zwar haben sie die Präsidentschaft verloren, im Repräsentantenhaus jedoch Sitze dazugewinnen und den Senat ziemlich sicher halten können. In den Bundesstaaten haben sie ebenfalls zugelegt. Für den angekündigten Neuzuschnitt von Wahlkreisen zu ihren Gunsten eine günstige Position.

Aber die Partei hat ein Problem: ­Donald Trump. Recht ultimativ fordern er selbst, sein engstes Team und seine ­Familie Loyalität und Solidarität für seine Behauptung ein, er habe die Wahl in Wirklichkeit gar nicht verloren, der Wahlsieg Joe Bidens sei das ­Ergebnis von Wahlbetrug und Fake News.

Das halten wohl auch die meisten bekannten Köpfe der Republikaner*innen für Unsinn. Aber Trump bleibt für sie eine Gefahr. Zwar weiß noch niemand, ob Trump nach seinem Abgang aus dem Weißen Haus überhaupt in der Politik bleibt oder sich wieder ganz seinen ­Geschäften widmet (und den vielen Verfahren, die auf ihn zukommen, wenn er keine Immunität mehr genießt). Wenn er aber bleibt, Veranstaltungen abhält und twittert, womöglich gar eine weitere Kandidatur für 2024 vorbereitet, dann ist seine Stimme für die republikanischen Anhänger*innen so gewichtig wie keine andere. Mit wenigen Tweets hat er in den vergangenen Jahren politische Karrieren zerstören können – daran würde sich zunächst nichts ändern.

Und so ist es verständlich, dass sich derzeit noch kaum jemand vorwagt und Trump offen sagt, dass er die Wahrheit akzeptieren und gehen soll. Das heißt aber auch: Wenn Trump von außen die Geschicke der Republikaner*innen weiter lenken kann, sind Joe Bidens Hoffnungen auf Zusammenarbeit in den kommenden vier Jahren genauso illusorisch wie die bei Barack Obamas Amtsantritt 2009. Trump kann nichts aufbauen, er kann nur zerstören. Aber das sehr effektiv.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Muss Deutschland einen Autokraten, der nicht von der Macht lassen will, anerkennen?

  • Auch wenn Trump die Geschicke der Republikaner nicht steuern kann, sind jegliche Aussichten auf Kooperation mit den Demokraten reine Utopie. Das hat mit Trump nichts zu tun.

    • @Fabian Wetzel:

      Oh da wäre ich nicht so sicher. Wenn Biden sich auf seine alte Fuck the Poor Politik zurückbesinnt, bin ich sicher, dass er Kompromisse finden kann.

      Dann stellt sich natürlich andererseits die Frage, wie viele von seiner eigenen Partei noch mitmachen, aber andererseits es sind die USA und wir haben ja schon in Deutschland gesehen wozu angeblich linke Politiker alles gewillt sind zuzustimmen.

  • Wieso eigentlich sollten die Republikaner Trump als Problem sehen? Mit rund 70 Mio Stimmen hat er mehr Wähler hinter sich gebracht, als Obama bei seinem Wahlsieg. Welcher republikanische Politiker soll ihm denn folgen? Ich sehe derzeit keinen Anwärter, der diesen Platz einnehmen könnte. Und auf Biden/Harris dürften eher harte Zeiten zukommen. Die bisherigen und zukünftig noch hinzukommenden Schulden aus der Corona-Krise lassen ihnen wenig Spielräume, um soziale Fortschritte finanzieren zu können. Um das gewachsene Heer der Arbeitslosen schnell wieder in Jobs zu bringen dürften Steuererhöhungen für Unternehmen und die Erhöhung des Mindestlohns erst einmal kaum durchsetzbar sein. Gegen die Krankenversicherung für alle könnten die Republikaner mit der Mehrheit im Senat (die Wahrscheinlich ist) erfolgreich opponieren, sie vielleicht sogar verhindern. Bis ein Wechsel auf "grüne" Energie (sichtbare) Erfolge bringt, wird es auch eine ganze Weile dauern. Und man sollte auch nicht unterschätzen, dass die Demokraten in sich extrem heterogen sind, sich teilweise sogar regelrecht feindselig gegenüber stehen und Biden damit mit teilweise unerfüllbaren Forderungen konfrontiert werden dürfte. Am Ende könnte gar eine in sich völlig zerstrittene Demokratische Partei stehen. Die Probleme für Biden/Harris mögen vielfach von den Republikanern verantwortet sein, das wird den Wähler 2024 aber kaum interessieren - es sei denn, es gelingt ihnen tatsächlich, diese deutlich sichtbar zu beheben. Sollte ihnen das nicht oder nur zum Teil gelingen, wäre ein Herausforderer Trump für die Republikaner nicht die schlechteste Alternative...

    • @Cerberus:

      "Wieso eigentlich sollten die Republikaner Trump als Problem sehen?"



      Da würden mir schon ein paar Dinge einfallen, nicht zuletzt, dass die GOP fürchten muss, eines Tages von einem demokratischen Präsidenten so behandelt zu werden, wie Trump das mit den Demokraten gemacht hat.

      "Welcher republikanische Politiker soll ihm denn folgen? Ich sehe derzeit keinen Anwärter, der diesen Platz einnehmen könnte."

      Einverstanden. Aus dem Grund hätte ich mir eine massive Niederlage der GOP-Kandidaten gewünscht. Dann wäre eher eine Chance auf einen Neuanfang gewesen.

      "Und auf Biden/Harris dürften eher harte Zeiten zukommen."

      Das glaub ich auch. Praktisch alle Vorhaben die den Senat benötigen, dürften ad acta zu legen sein - außer man kommt den republikanischen Senatoren so weit entgegen, dass ein paar mit den Demokraten stimmen. Dazu wären dann aber Kompromisse notwendig, die von einem Teil der Demokraten genauso viel Gegenwind bekommen wird wie von den Republikanern.

      Es kommt dann noch dazu, dass in 2 Jahren erneut gewählt wird. Und dann stehen mehr Demokraten als Amtsinhaber zur Wahl als Republikaner und bei den Mid-terms kommt es fast immer zu einer Gegenbewegung zur vorherigen Präsidentenwahl.

      Für Trump und die GOP viele Möglichkeiten zu blockieren - für Biden + Harris nur die Möglichkeiten die Dinge zu regeln, die ohne GOP machbar sind.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @Cerberus:

      ""Wieso eigentlich sollten die Republikaner Trump als Problem sehen? Mit rund 70 Mio Stimmen hat er mehr Wähler........als Obama .....""

      ===

      Trixen bis zum Abwinken?

      Biden vereinigt momentan 4,8 Millionen mehr Wählerstimmen auf die Demokraten als Donald. Clinton hatte 2016 schon mit 3 Millionen Stimmen mehr als Trump das populuar vote mit Abstand gewonnen. Dieser Trend hat sich verstärkt.

      Dem gegenüber abstruse Vergleiche anzustellen führen aufs Abstellgleis.

      2.. Die Mehrheit im Senat entscheidet sich im Januar. (Georgia, Stichwahlen) Bei Gleichstand zählt die Stimme der Vizepräsidentin mit - also bislang ein leichter Vorteil für die Demokraten im Senat.

      3..Demokraten haben sich in den letzten Monaten vorbildlich hinter Biden gestellt. Was eine Meldung wert wäre: Alexandria Ocasio-Cortez erhebt momentan den Anspruch an der Regierung beteiligt zu werden.

      4.. Die Führung der Republikaner wie



      Mitch McConnell und illustre Gestalten wie Lindsey Graham stehen anscheinend weiterhin hinter Trump.

      Andere Führer der Republikaner sind dabei sich von Trump abzusetzen.

      Inwieweit es der GOP nutzen würde sich in eine komplett rechtsradikal populistische pre-faschistische Bewegung zu verwandeln sollten sie mal erklären - zumal Trump für den Absturz der Wirtschaft, für den gigantischen Anstieg der Arbeitslosenzahlen und für die 230.000 Toten der Corona Krise verantwortlich ist.

      5..Diese Krise wird Biden lösen - Trump wird allerdings weiterhin versuchen die US amerikanischen Institutionen lahm zu legen - und er ist ja jetzt schon dabei dramatisch zu eskalieren - was bis zu einem Putschversuch führen könnte. (siehe Esper) Trump sollte vieles zugetraut werden. Kreativität hinsichtlich demgegenüber was zur Vorbeugung getan werden müßte dürfte hilfreich sein.

  • Was will die GOP schon machen? Was *kann* sie machen? Nichts.

    Unter der Führung von Horrorclowns wie Gingrich, Graham, Giuliani hat sie sich in einen verblendeten Führerkult umgebaut, in dem bedingungsloser Gehorsam dem durchgeknallten Guru gegenüber das einzige Maß ist.

    In Georgia ist jetzt Zickenkrieg, Staatssekretär (Realist) gegen Senatoren (Trump-Sekte). Köstlich, köstlich - wenn das so weitergeht, sind Perdue und Loeffler in 2 Monaten Geschichte, und die GOP verliert auch noch das letzte Bisschen Macht.

    Danke, Stacey Abrams! Sie und ihre Crew haben das Unmögliche geschafft!

    Und spätestens, wenn klar wird, was Trump noch so alles vorhat, um seine "Wiederwahl" durchzusetzen, ist der Keks gegessen: www.law.cornell.ed...part-I/chapter-115

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Ich nehme an er wird nur teilweise Einfluß auf die Republikaner nehmen können, ähnlich wie Bannon als er gefeuert wurde und neue Wirkungsfelder aufstellen mußte. Vermutlich finden sich Senat und Repräsentantenhaus zusammen um ein Gesetz und Regeln zu verabschieden die definieren was ein ausgeschiedener Präsident tun darf und was nicht. Trump hat Obama Einmischung verboten am Anfang seiner Amtszeit, am Ende seiner Amtszeit wird wohl festgelegt in welcher Form Einflussnahme legitimiert werden kann.