piwik no script img

Polizei-Studie trotz Seehofer

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) will Bundesländer für eine Studie zum Extremismus bei der Polizei gewinnen

Im Streit um die Untersuchung rechter Tendenzen bei der Polizei will Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) möglichst viele Bundesländer für eine Studie zur Polizeiarbeit und zu möglichem Extremismus gewinnen. Auf der bevorstehenden Konferenz der SPD-Innenminister, deren Sprecher Pistorius ist, sowie auf der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern Anfang Dezember solle für eine kurzfristige Analyse des polizeilichen Alltags geworben werden, kündigte eine Sprecherin des Innenministeriums in Hannover am Montag an.

Pistorius reagiert damit auf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der eine Rassismus-Studie, die nur die Polizei in den Blick nimmt, trotz wiederholter Vorfälle weiterhin ablehnt. Seehofer zeigte sich aber offen, im Rahmen einer umfassenden Studie zu Rassismus in der Gesellschaft auch die Sicherheitsbehörden zu untersuchen. Noch in der vergangenen Woche betonte Seehofer, „dass wir kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben“.

Pistorius sieht das anders. „Offensichtlich gibt es immer wieder Glutnester antidemokratischen Verhaltens, die wir schnell erkennen und ersticken müssen“, sagte er der Rheinischen Post (Montag). Er habe deshalb seinen SPD-Kollegen vorgeschlagen, dass Wissenschaftler die Polizei beim Einsatz vor Ort in einer qualitativen Studie strukturiert begleiten. Aus seiner Sicht würde die Beteiligung von „einer Handvoll“ Bundesländern ausreichen.

Nach der Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern hatten SPD und SPD-Minister bereits eine Rassismus-Studie bei der Polizei gefordert. Seehofers Weigerung einer reinen Polizei-Studie war auch bei Politikern von Linkspartei und Grünen auf Kritik gestoßen.

Die Beschlussvorlage für die SPD-Innenministerkonferenz in Braunschweig am 26. Oktober sieht eine kurzfristige Analyse des polizeilichen Alltags vor, die auf einem Vorschlag der Gewerkschaft der Polizei (GdP) beruht. Forscher sollen Beamte begleiten, um so Erkenntnisse zu Rahmenbedingungen der Polizeiarbeit zu erhalten. Zusätzlich wird eine mehrjährige wissenschaftliche Studie zur Polizei angeregt. Dabei sollen Verhaltensweisen von Beamten mitbetrachtet werden, „die auf extremistische oder rassistische Einstellungen schließen lassen“.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht begrüßte den Vorstoß ihres Parteikollegen Pistorius. Die Beamten sollten aber nicht unter einen Generalverdacht gestellt werden. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen