CDU-Aufsteigerin Jana Schimke: Die im Blick bleibt
Die Brandenburgerin Jana Schimke könnte CDU-Generalsekretärin werden. Wohl aber nur, wenn Friedrich Merz Parteichef würde.
Was sie nach allem, was man über Jana Schimke in Erfahrung bringt, jedoch nicht ist: mitreißend, mitfühlend, integrierend. Manche sprechen gar von einer Intrigantin, die nicht einmal von ihrer eigenen Landespartei als Delegierte zum Bundesparteitag gewählt worden ist. Natürlich möchte niemand zitiert werden.
Aber stimmt das überhaupt? Die Brandenburger CDU ist notorisch zerstritten, Führungskrisen sind an der Tagesordnung, politische Alleingänge ebenso. Frauen haben es in dem kleinen Landesverband besonders schwer. Gut möglich also, dass die Politologin aus Potsdam einfach nur unbequem ist.
Ortsbesuche wie eine Chefarztvisite
Jana Schimke tritt durch die Tür der Grundschule Teupitz, südöstliches Brandenburg. Ein paar Kinder flitzen vorbei, sie tragen Masken und gucken neugierig zu der dunkelhaarigen Frau im Kleid herüber. Die Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 62 ist auf „Kreisbereisung“. Klingt wie eine Chefarztvisite und ist es gewissermaßen auch.
Sie schaut sich heute die Klassen- und Horträume an, nickt anerkennend am Schulgartenzaun, den Angestellten gegenüber bleibt sie merkwürdig distanziert. Ihre Fragen zum Alltag unter Coronabedingungen kommen zögerlich, die Antworten sind es ebenfalls. „Wie sind die motorischen Fähigkeiten der Erstklässler“, fragt sie die Schulleiterin. Es klingt wie eine Prüfung.
Erst später, beim Besuch der Kita, überkommt es sie und sie macht ein paar angedeutete Hopser auf dem Trampolin im Garten. Zu ihren Gunsten muss angemerkt werden, dass BrandenburgerInnen eher nicht zum Überschwang neigen. Jana Schimke ist eine Brandenburgerin.
Geboren wurde sie 1979 in Cottbus. Den Mauerfall erlebt die Tochter eines Kraftfahrers und einer Ingenieurin als Glücksfall, das Ende der Planwirtschaft als Befreiung. Sie bewundert Helmut Kohl. Nach dem Abitur studiert sie in Dresden und Berlin Politikwissenschaft, anschließend arbeitet sie für CDU-Abgeordnete, für ein Lobbyunternehmen der privaten Wohnungswirtschaft und den Arbeitgeberverband. „Das hat mich geflasht“, sagt Schimke über diese Zeit beim Gespräch in ihrem Abgeordnetenbüro im Berliner Regierungsviertel.
Sie ist fleißig, raucht nicht, trinkt nicht
Sie selbst beschreibt sich als konservativ im besten Sinne. „Ich bin fleißig, pünktlich, ordentlich. Ich rauche und trinke nicht. Ich bin aber kein Aktenfresser, schon wegen meiner zwei Kinder.“
Schimkes Wahlkreis ist riesig, man erkennt es schon am Namen. Dahme-Spreewald – Teltow-Fläming III – Oberspreewald-Lausitz I zieht sich von der Berliner Stadtgrenze bis zum weit im Süden gelegenen Spreewald, hier leben eine Viertelmillion Wahlberechtigte. 30 Prozent der WählerInnen von ihnen haben hier 2017 der CDU ihre Stimme gegeben. Schimke hat das Direktmandat geholt, schon zum zweiten Mal. So unbeliebt, wie ParteifreundInnen sie beschreiben, kann sie also nicht sein.
Einem überregionalen Publikum im Bundestag bekannt geworden ist Jana Schimke seit 2013 jedoch weder als Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Soziales noch als stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss. Jana wer?, fragten sich deshalb erst einmal viele, als sie vor Jahresfrist zur stellvertretenden Vorsitzenden der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) gewählt wurde.
Die MIT mit ihrem virilen Vorsitzenden Carsten Linnemann ist der sehr einflussreiche, sehr konservative Wirtschaftsflügel von CDU und CSU. Wer hier Vorstandsmitglied ist, hat eher weniger übrig für ArbeitnehmerInnenrechte und ökologische Standards. Und – das Foto, das Jana Schimke vom Podium der Wahlveranstaltung twitterte, zeigt es deutlich – die MIT ist ein Männerverein. Auf dem Bild aus dem Berliner Schauspielhaus applaudieren Hunderte Anzugjungs dem CDU-Mitglied Friedrich Merz. Schimke hielt es für eine gute Idee, aus diesem Anlass den Hashtag #Politikwende zu twittern.
Gerne mal eine Provokation
Wie sie überhaupt gern mal provoziert. Sie twittert ein Grimassenbild der Klimaaktivistin Greta Thunberg oder plädiert für die Rechte von SUV-KundInnen. Die Initiative von ParlamentarierInnen für eine Frauenquote im Bundestag tut sie als „Ideologie“ ab.
Und als sich kürzlich die Öffentlichkeit über die menschenunwürdige Unterbringung der Geflüchteten nach dem Brand von Moria empört, schreibt die CDU-Sozialpolitikerin einen Gastbeitrag für den Focus: „Wir müssen verhindern, dass illegale Einwanderung und die Erpressung durch seeuntaugliche Schiffe und angezündete Flüchtlingslager die Eintrittskarte ins gelobte Land der deutschen Sozialsysteme bietet.“
„Wir sind zu Mainstream“
Derlei Statements sind kalkuliert. In ihrem Abgeordnetenbüro erklärt Jana Schimke ihre Sicht auf die CDU. „Wir sind zu Mainstream“, sagt sie und streicht sich eine Strähne hinters Ohr. „Mir macht Angst, wenn sich alle einig sind, die Leute wollen Unterschiede sehen. Ich bin bereit zu streiten, deshalb werde ich kritisch beäugt.“
Für den anstehenden Bundesparteitag wünscht sie sich Friedrich Merz als nächsten Vorsitzenden. „Aus Überzeugung, nicht aus Karrieregründen.“ Merz verkörpere „klare Kante und Glaubwürdigkeit“. Wählen kann sie ihn in Stuttgart, wie gesagt, nicht. Aber falls Merz der neue Vorsitzende wird, werden sich viele Augen auf Jana Schimke aus Brandenburg richten.
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