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„Ich bekomme viel Rückhaltvon der Basis“

Bremens CDU-Mitglieder sollen künftig selbst über die Bundestagskandidatur abstimmen. Das fordert Elisabeth Motschmann. Ein eigennütziger Trick? Eher der Versuch, den Landesverband in Sachen Demokratie anschlussfähig zu machen an den Rest der Partei, sagt sie

Sommer/dpa

Elisabeth Motschmann

67, Bundestagsabgeordnete und seit 1990 im Landesvorstand der CDU Bremen. Deren Landesparteitag beginnt Sa, 10 Uhr, in Halle 4.1, Bürgerweide

Interview Benno Schirrmeister

taz: Frau Motschmann, Sie wollen, dass die Basis der CDU künftig die Bundestagskandidat*innen direkt wählt...

Elisabeth Motschmann: Durch die Mitglieder, genau. Das ist der Antrag der Frauen-Union. Es geht dabei um die Kandidat*innen für die Direktmandate, nicht um die Listenaufstellung.

Entdeckt die CDU in Bremen ihre basisdemokratische Ader?

Sie hat die eher aus dem Blick verloren: Im Jahr 2003 hatte ein Bundesparteitag unter dem Titel „Bürgerpartei CDU – Reformprojekt für eine lebendige Volkspartei“ umfangreiche Empfehlungen abgegeben, wie Mitgliederrechte zu stärken sind, um die Zugehörigkeit zur Partei attraktiver zu machen. Darin steht der Vorschlag, dass die Kandidaten für den Bundestag auch durch eine Mitgliederwahl nominiert werden können. Das machen fast alle CDU-Landesverbände seit Jahren: ganz Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, weite Teile Nordrhein-Westfalens. Und auch wir in Bremen haben damals schon diese Möglichkeit in der Satzung verankert.

Es wurde aber nicht umgesetzt?

Es wurde weiter so gemacht, wie bisher. Ich bin darauf gestoßen, weil ich bei der Wahl zur Vorsitzenden der Frauen-Union gesehen habe, dass meine Verankerung in der Mitgliedschaft viel stärker ist als bei den Funktionsträgern. Ich bekomme sehr viel Rückhalt von der Basis. Die Funktionsträger scheinen Thomas Röwekamp für den Posten vorschlagen zu wollen – wobei der sich noch nicht erklärt hat. Damit wären dann aber alle herausragenden Positionen, die die Bremer CDU überhaupt hat, Parteivorsitz, Bürgerschaftspräsident, Fraktionsvorsitz und dann auch noch die Bundestagskandidatur – ausnahmslos in Händen der Männer.

Ganz wie früher...

Das wäre aber auch gegen die Ziele der Partei! Wir suchen händeringend nach Frauen, auch für die Bundestagsfraktion. Wir sind da momentan nicht gut aufgestellt mit 20 oder 21 Prozent. Das sage ich selbstkritisch. Deswegen sollte ja auf dem Bundesparteitag die Quoten-Frage gestellt werden. Die CDU diskutiert bundesweit über Paritätsregeln...

und in Bremen nimmt sie Frauen aus dem Rennen, das ist ein Punkt. Es wirkt trotzdem, als wollten Sie im laufenden Spiel die Regeln ändern, um die eigene Position zu festigen?

Soll ich mich jetzt dafür entschuldigen, dass ich eine gute und breite Verankerung in der Mitgliedschaft habe? Das werden Sie nicht erleben! Ich glaube, es ist völlig legitim und überhaupt nicht verwerflich, wenn man eine Möglichkeit aufnimmt, die schon lange in unserer Satzung steht, die von der Bundespartei seit 2003 empfohlen wird und auch plausibel ist: Die Bundestagskollegen, die jetzt in ihrem Wahlkreis von den Mitgliedern als Kandidaten aufgestellt werden, fragen mich ganz entgeistert, warum wählt denn Bremen immer noch mit Delegierten? Diese Frage habe ich mir dann auch gestellt. Warum ist das so in der kleinsten Landespartei, wo es am leichtesten umsetzbar wäre? Warum bestimmen hier nur 120 handverlesene Delegierte, wer in den Bundestag einziehen soll?.

Als die Möglichkeit der Mitgliederwahl in die Bremer Satzung eingefügt wurde, waren Sie aber nicht ganz ohne Macht.

Da haben Sie recht.

Warum haben Sie nicht schon damals für die Umsetzung gesorgt?

Einerseits war die Bremer CDU zu dem Zeitpunkt noch doppelt so groß wie jetzt, was die Durchführung erschwert hätte. Vor allem aber gab es keinen Anlass. Bis jetzt kandidierten in den beiden Wahlkreisen immer nur je ein Bewerber. Da gab es keine Diskussion. Jetzt ist eine neue Situation entstanden, bei der sich die Partei fragen muss: Wie geht ein solcher Wettbewerb, wie lässt er sich so gestalten, dass er fair ist und zeitgemäß. Persönlich war für mich auch das intensive Gespräch mit meinen Kollegen im Bundestag eine wichtige Anregung. Aber zugegeben: An der Stelle hätte ich vielleicht auch früher schon agieren können.

Es hat gar keine Nachteile?

Es hat vor allem viele Vorteile. Wie oft wird uns vorgeworfen, dass in Hinterzimmern oder von „denen da oben“ die Entscheidungen gefällt werden: Das kann nicht der Eindruck sein, den wir wecken wollen. Ich kann nur hoffen, dass die Funktionsträger nicht krampfhaft daran festhalten. Die Antragskommission hat natürlich erst einmal Ablehnung empfohlen.

Beim Landesparteitag jetzt müssten allerdings Delegierte für die Schmälerung ihres Einflusses stimmen...

Ich verstehe, was Sie meinen. Es kann allerdings sein, dass der Parteitag darüber nicht allein entscheiden kann, sondern die Mitglieder, und zwar die Mitglieder der jeweiligen Wahlkreise: Darüber bin ich im Gespräch mit dem Bundesjustiziar. Aber ich möchte auf dem Parteitag auf jeden Fall die Motivation positiv darstellen. Denn mir ist klar: Ich muss dafür noch sehr für werben und arbeiten. Aber das Ziel, dass die Mitglieder über die Kandidatinnen und Kandidaten entscheiden, kann mir ernsthaft niemand übel nehmen. Wenn wir immer überlegen, dass wir eine moderne Großstadtpartei sein wollen, dann darf das kein Etikett bleiben. Das muss mit Inhalt gefüllt werden. Und unser Antrag ist ein Reformprojekt, der genau in diese Richtung zielt. Wir müssen an dieser Stelle die CDU Bremen erneuern.

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