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Neues Dax-Mitglied macht VerlusteDelivery Hero schreibt rote Zahlen

Der Lieferdienst folgt im Index auf Wirecard, doch das laufende Geschäft deckt die Kosten nicht. Der Umgang mit Mitarbeitern wird kritisiert.

LieferfahrerInnen demonstrieren 2018 vor der Zentrale von Delivery Hero für höheren Lohn Foto: snapshot-photography/imago

Berlin dpa | Der Essenslieferdienst Delivery Hero hat ausgerechnet den Bestellrekord während der Corona-Pandemie mit hohen Verlusten bezahlt. Unter dem Strich stand im ersten Halbjahr im fortgeführten Geschäft ein Verlust von rund 443 Millionen Euro und damit mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor, wie das seit dieser Woche im Dax gelistete Unternehmen am Donnerstag in Berlin mitteilte. Es hatte den Platz von Wirecard eingenommen, dass wegen Betrugs aus dem Index geflogen war.

Eigentlich zählt der Essenlieferdienst zu den Profiteuren der Corona-Pandemie. So stieg der Segmentumsatz bei Delivery Hero dank des Bestellbooms in der Corona-Krise im ersten Halbjahr um rund 94 Prozent auf fast 1,13 Milliarden Euro. Vorstandschef Niklas Östberg hatte seine Umsatzprognose für das laufende Jahr daher bereits Ende Juli auf 2,6 bis 2,8 Milliarden Euro angehoben.

Allerdings schreibt das 2011 gegründete Unternehmen noch rote Zahlen und das laufende Geschäft deckt bislang die Kosten nicht. Daher geht der höhere Umsatz mit höheren Verlusten einher. Immer wieder steht das Unternehmen für seinen Umgang mit Arbeitnehmerrechten in der Kritik. FahrerInnen, für deren Lieferungen das Unternehmen Provisionen kassiert, werden häufig schlecht bezahlt, für Wartezeiten gibt es kein Gehalt. Oft arbeiten sie nur mit Zeitverträgen oder auf freiberuflicher Basis. Das schwächt ihre Position und erschwert etwa die Bildung von Betriebsräten.

Vor anderthalb Jahren hat sich Delivery vom deutschen Markt zurückgezogen und seine Töchter Pizza.de, Lieferheld und Foodora an die Betreiberin von Lieferando verkauft, die niederländische Firma Takeaway. Vorangegangen war ein Kampf mit den Beschäftigten um deren Rechte.

Trotz der hohen Verluste im ersten Halbjahr setzt der Lieferdienst seine Einkaufstour in der Welt fort. Das Unternehmen hat den Online-Lebensmittel-Marktplatz Instashop aus Dubai übernommen, der sein Geschäft im Nahen Osten und in Nordafrika betreibt. Instashop wird dabei mit 360 Millionen US-Dollar (305 Mio Euro) bewertet.

Das einstige Start-up Delivery Hero betreibt in mehr als 40 Ländern Bestellplattformen für Essen lokaler Anbieter und beschäftigt 25.000 Mitarbeiter, davon rund.1300 in Berlin. Das Unternehmen vermittelt Lieferdienste zwischen Restaurants und deren Kunden. Das meiste Geld stammt aus Provisionen, die die teilnehmenden Restaurants bezahlen. Allerdings betreibt Delivery Hero auch eigene Lieferdienste und Großküchen.

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2 Kommentare

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  • Mit fällt grade ein, dass das Wettbewerbsrecht in Deutschland die Anbietung von Waren oder Dienstleistungen unterhalb der Erstellungskosten verbietet.

    Ausgenommen sind zeitlich befristete Aktionen (Sonderangebote).

    Sind die Behörden da schon dran oder schreiben die noch Parksünder auf ?

  • Der Markt ist riesig - und das Geschäftsmodell besteht erstmal aus Verdrängen bzw. kaputtmachen.



    Oder wie die Fachleute sagen "den Markt aufrollen".

    Ist dieser Schritt erreicht und keine Konkurrenz mehr vorhanden werden die Preise angezogen und dann fliesst Milch und Honig in Strömen.