Reform beim Aktienindex DAX: Keine Chance für die Umwelt
Die deutsche Börse hat aus dem Wirecard-Debakel gelernt. Nur: Ökologisch nachhaltiger wird sie dadurch nicht.
Windenergie macht nur 5,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus Foto: lorian Gaertner/photothek/imago
Für die Deutsche Börse lief es in den vergangenen Monaten nicht gut. Erst geriet sie in den Strudel von Wirecard, war doch der Pleitekonzern 2018 in den elitären Aktienindex DAX aufgestiegen. Und als dann Wirecard wieder verschwand, zog stattdessen Delivery Hero in den deutschen Börsenolymp ein. Der Essenbestelldienst sitzt zwar in Berlin, macht jedoch keine Umsätze in Deutschland und fährt auch keine Gewinne ein. „Seltsam“ ist noch ein Euphemismus, um die Tatsache zu beschreiben, dass ausgerechnet dieses Unternehmen jetzt den DAX ziert.
Noch schlimmer: Der DAX ist nicht einfach eine Liste von Unternehmen, sondern an ihm hängen weitere Finanzinstrumente. Viele passive Aktienfonds haben sich darauf spezialisiert, den DAX abzubilden. Millionen von Anlegern sind indirekt davon betroffen, welche Firmen sich in diesem Index tummeln.
Für die Deutsche Börse bahnte sich ein Desaster an, ist doch der DAX ihr zentrales Marketinginstrument. Eine Reform war unumgänglich, die die Deutsche Börse geschickt zur Kundenbindung nutzte: Die Markteilnehmer durften in einer Umfrage angeben, welche Reformschritte sie bevorzugen.
Das Ergebnis ist nicht überraschend: Künftig dürfen nur noch Firmen in den DAX aufsteigen, die in den vergangenen zwei Jahren Gewinn gemacht haben. Außerdem müssen sie testierte Quartalszahlen vorlegen und einen funktionierenden Prüfungsausschuss besitzen. Wirecard und Delivery Hero sollen sich nie wiederholen.
Einige Börsianer hatten vorgeschlagen, auch das Thema „Nachhaltigkeit“ im DAX zu berücksichtigen. Doch diese Idee fand keine Mehrheit – was ignorant, aber konsequent ist. Schließlich basiert die deutsche Wirtschaft fast komplett auf fossilen Brennstoffen, wie eine einzige Zahl zeigt: Windenergie macht ganze 5,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus. Würde man auf Nachhaltigkeit setzen, wäre vom DAX nichts übrig. Das können und wollen sich die Börsianer nicht vorstellen.
Reform beim Aktienindex DAX: Keine Chance für die Umwelt
Die deutsche Börse hat aus dem Wirecard-Debakel gelernt. Nur: Ökologisch nachhaltiger wird sie dadurch nicht.
Windenergie macht nur 5,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus Foto: lorian Gaertner/photothek/imago
Für die Deutsche Börse lief es in den vergangenen Monaten nicht gut. Erst geriet sie in den Strudel von Wirecard, war doch der Pleitekonzern 2018 in den elitären Aktienindex DAX aufgestiegen. Und als dann Wirecard wieder verschwand, zog stattdessen Delivery Hero in den deutschen Börsenolymp ein. Der Essenbestelldienst sitzt zwar in Berlin, macht jedoch keine Umsätze in Deutschland und fährt auch keine Gewinne ein. „Seltsam“ ist noch ein Euphemismus, um die Tatsache zu beschreiben, dass ausgerechnet dieses Unternehmen jetzt den DAX ziert.
Noch schlimmer: Der DAX ist nicht einfach eine Liste von Unternehmen, sondern an ihm hängen weitere Finanzinstrumente. Viele passive Aktienfonds haben sich darauf spezialisiert, den DAX abzubilden. Millionen von Anlegern sind indirekt davon betroffen, welche Firmen sich in diesem Index tummeln.
Für die Deutsche Börse bahnte sich ein Desaster an, ist doch der DAX ihr zentrales Marketinginstrument. Eine Reform war unumgänglich, die die Deutsche Börse geschickt zur Kundenbindung nutzte: Die Markteilnehmer durften in einer Umfrage angeben, welche Reformschritte sie bevorzugen.
Das Ergebnis ist nicht überraschend: Künftig dürfen nur noch Firmen in den DAX aufsteigen, die in den vergangenen zwei Jahren Gewinn gemacht haben. Außerdem müssen sie testierte Quartalszahlen vorlegen und einen funktionierenden Prüfungsausschuss besitzen. Wirecard und Delivery Hero sollen sich nie wiederholen.
Einige Börsianer hatten vorgeschlagen, auch das Thema „Nachhaltigkeit“ im DAX zu berücksichtigen. Doch diese Idee fand keine Mehrheit – was ignorant, aber konsequent ist. Schließlich basiert die deutsche Wirtschaft fast komplett auf fossilen Brennstoffen, wie eine einzige Zahl zeigt: Windenergie macht ganze 5,4 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus. Würde man auf Nachhaltigkeit setzen, wäre vom DAX nichts übrig. Das können und wollen sich die Börsianer nicht vorstellen.
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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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