piwik no script img

Gentechveränderte Pflanzen erkennenTest enttarnt neue Gentechnik

Labore können Pflanzen erkennen, die mit Gentechverfahren wie Crispr/Cas verändert worden sind. Das zeigt eine neue Testmethode.

Ist der Raps, in dem der Rehbock steht, gentechnisch verändert? Ein neuer Test erkennt das jetzt Foto: S.Meyers/blickwinkel/imago

Berlin taz | Ob Pflanzen auf neuen Gentechnikmethoden basieren, lässt sich im Labor nachweisen – obwohl manche Aufsichtsbehörden das Gegenteil behaupten: Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) publizierte am Montag gemeinsam mit Umweltorganisationen wie Greenpeace und der Handelskette Spar Österreich die erste öffentlich zugängliche Nachweismethode für eine Pflanze, deren Erbgut per „Genome Editing“ verändert wurde. Die Organisationen forderten die Ämter auf, mithilfe des Tests Verbraucher*Innen vor der in der EU verbotenen Rapssorte SU Canola der US-Firma Cibus zu schützen.

Wissenschaftler haben die Pflanze VLOG zufolge mithilfe eines Verfahrens namens Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese so umgebaut, dass sie das Spritzen mit einem Unkrautvernichtungsmittel überlebt. Wie bei der bekannteren Crispr/Cas-Methode wurde dazu nicht ein fremdes Gen in die Pflanze eingeführt. „Neben den beabsichtigten Veränderungen verursacht Genome Editing allerdings auch unbeabsichtigte Veränderungen des Erbguts, die die Sicherheit der Produkte für Mensch und Umwelt beeinträchtigen können“, warnt VLOG. Bisher hatten die Europäer aber keine Möglichkeit, den verbotenen Raps etwa in Importen aus Nordamerika zu erkennen.

Das dürfte sich ändern durch die Nachweismethode, die nun nach Begutachtung durch unbeteiligte Wissenschaftler im Fachjournal Foods veröffentlicht worden ist. Das österreichische Umweltbundesamt habe den Test bereits validiert, teilte VLOG mit. Da er auf der weit verbreiteten Nachweistechnik Polymerase-Kettenreaktion (PCR) aufbaut, könne er sehr leicht von allen privaten oder öffentlichen Gentech-Untersuchungslabors angewendet werden. VLOG, der das grüne Lebensmittelsiegel „Ohne Gentechnik“ vergibt, will den Test in sein Kontrollprogramm integrieren. Das Verfahren wurde von Forschern um John Fagan vom Health Research Institute im US-Bundesstaat Iowa entwickelt.

„Jetzt gibt es keine Ausreden mehr – bestehende Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten müssen auch auf diese neuen Gentechnik-Produkte angewendet werden“, sagte Franziska Achterberg, Lebensmittelexpertin bei Greenpeace in Brüssel. „Die Europäische Kommission und unsere Regierungen sollten nun auf diesen Erfolg aufbauen und Verfahren entwickeln, mit denen auch andere genomeditierte Produkte identifiziert werden können.“

Saatgutindustrie unbeeindruckt

Doch das einflussreiche deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hält nichts von dem neuen Test. Seine Entwickler würden „irrtümlicherweise“ davon ausgehen, dass die Mutation in dem Raps durch Genome Editing erzeugt wurde, teilte die Behörde der taz mit. Vielmehr sei die Pflanze zufällig mutiert. Allerdings hatte das Bundesamt 2018 erklärt, dass Cibus-Raps durch die neue Gentechnik Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese verändert worden sei. In der Gentech-Pflanzen-Datenbank „Euginius“ des Amts wurde die Sorte auch am Montag als Produkt von Genome Editing geführt.

Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter schrieb der taz, der neue Test könne zwar eine Pflanze erkennen, wenn ihre Genveränderung bekannt ist. Er „ermöglicht es allerdings nicht, zwischen den Ursprüngen identischer genetischer Veränderung zu unterscheiden oder den Ursprung einer Mutation zu identifizieren“. Deshalb bleibe der Verband bei seiner Position, „dass Pflanzen mit genetischen Veränderungen, wie sie auch durch herkömmliche Züchtungsmethoden oder durch natürliche Faktoren entstehen könnten, nicht als gentechnisch veränderter Organismus reguliert werden sollten“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Dieser Artikel zeigt nur wieder wie wenig Wissen in der Bevölkerung über Gentechnik besteht, insbesondere bei den Leuten von Greenpeace.

    Es ist alles andere als eine Überraschung, dass man bestimmte Mutationen im Erbgut bestimmen kann. Das ist auch kein "neues Ergebnis" einer Studie.

    Die Frage ist, ob man unterscheiden kann, welche Methode zu der Mutation geführt hat. Und das geht eben nicht.

    Die Argumentation, warum es nicht sinnvoll ist, Gentechnik auszusortieren war auch nie, dass man die Mutation nicht erkennen könnte, sondern dass es schlicht ununterscheidbar von einer natürlichen Mutation ist und es deshalb keinen Sinn ergibt, das gesondert zu regulieren.

    Zumindest im letzten Teil des Artikels wurde kurz darauf eingegangen...

  • "qPCR vervielfältigt Gene" könnte man den Artikel abkürzen.

    Deswegen weißt man damit Covid-19 nach.



    Soweit nix Neues im Westen .....