Gentechveränderte Pflanzen erkennen: Test enttarnt neue Gentechnik
Labore können Pflanzen erkennen, die mit Gentechverfahren wie Crispr/Cas verändert worden sind. Das zeigt eine neue Testmethode.
Wissenschaftler haben die Pflanze VLOG zufolge mithilfe eines Verfahrens namens Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese so umgebaut, dass sie das Spritzen mit einem Unkrautvernichtungsmittel überlebt. Wie bei der bekannteren Crispr/Cas-Methode wurde dazu nicht ein fremdes Gen in die Pflanze eingeführt. „Neben den beabsichtigten Veränderungen verursacht Genome Editing allerdings auch unbeabsichtigte Veränderungen des Erbguts, die die Sicherheit der Produkte für Mensch und Umwelt beeinträchtigen können“, warnt VLOG. Bisher hatten die Europäer aber keine Möglichkeit, den verbotenen Raps etwa in Importen aus Nordamerika zu erkennen.
Das dürfte sich ändern durch die Nachweismethode, die nun nach Begutachtung durch unbeteiligte Wissenschaftler im Fachjournal Foods veröffentlicht worden ist. Das österreichische Umweltbundesamt habe den Test bereits validiert, teilte VLOG mit. Da er auf der weit verbreiteten Nachweistechnik Polymerase-Kettenreaktion (PCR) aufbaut, könne er sehr leicht von allen privaten oder öffentlichen Gentech-Untersuchungslabors angewendet werden. VLOG, der das grüne Lebensmittelsiegel „Ohne Gentechnik“ vergibt, will den Test in sein Kontrollprogramm integrieren. Das Verfahren wurde von Forschern um John Fagan vom Health Research Institute im US-Bundesstaat Iowa entwickelt.
„Jetzt gibt es keine Ausreden mehr – bestehende Sicherheits- und Kennzeichnungspflichten müssen auch auf diese neuen Gentechnik-Produkte angewendet werden“, sagte Franziska Achterberg, Lebensmittelexpertin bei Greenpeace in Brüssel. „Die Europäische Kommission und unsere Regierungen sollten nun auf diesen Erfolg aufbauen und Verfahren entwickeln, mit denen auch andere genomeditierte Produkte identifiziert werden können.“
Saatgutindustrie unbeeindruckt
Doch das einflussreiche deutsche Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hält nichts von dem neuen Test. Seine Entwickler würden „irrtümlicherweise“ davon ausgehen, dass die Mutation in dem Raps durch Genome Editing erzeugt wurde, teilte die Behörde der taz mit. Vielmehr sei die Pflanze zufällig mutiert. Allerdings hatte das Bundesamt 2018 erklärt, dass Cibus-Raps durch die neue Gentechnik Oligonukleotid-gesteuerte Mutagenese verändert worden sei. In der Gentech-Pflanzen-Datenbank „Euginius“ des Amts wurde die Sorte auch am Montag als Produkt von Genome Editing geführt.
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter schrieb der taz, der neue Test könne zwar eine Pflanze erkennen, wenn ihre Genveränderung bekannt ist. Er „ermöglicht es allerdings nicht, zwischen den Ursprüngen identischer genetischer Veränderung zu unterscheiden oder den Ursprung einer Mutation zu identifizieren“. Deshalb bleibe der Verband bei seiner Position, „dass Pflanzen mit genetischen Veränderungen, wie sie auch durch herkömmliche Züchtungsmethoden oder durch natürliche Faktoren entstehen könnten, nicht als gentechnisch veränderter Organismus reguliert werden sollten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“