piwik no script img

weggewischtWertschätzung geht anders

Man sollte meinen, dass mittlerweile Konsens darüber herrscht, dass systemrelevante Berufe fair entlohnt werden müssen. Der gestrige Warnstreik der Elbkinder-Kitas bewies leider das Gegenteil: Noch immer muss die Gewerkschaft Ver.di für einige der 850 Beschäftigten der Elbkinder-Servicegesellschaft (EKSG) den im Koalitionsvertrag vorgeschriebenen Hamburger Mindestlohn von zwölf Euro einfordern – als sei der nicht selbstverständlich. Insbesondere bei einem Unternehmen, dass zu 100 Prozent der Stadt gehört.

Der dritte Verhandlungstag hat die Parteien nicht näher zusammengebracht. Verhandlungsführerin Hilke Stein sagte gegenüber Ver.di, dieses Angebot lasse sie zweifeln, ob es nicht als Provokation gedacht sei. Die geforderte Erhöhung von zehn Prozent will die Stadt jedenfalls nicht zahlen. Und ja, das ist eine Provokation.

Man muss sich den Job, den diese Frauen und auch ein paar Männer leisten, nur mal vor Augen führen: Die Mitarbeiter*innen im Hausbereich kochen in 187 Kitas für rund 30.000 Kinder. Seit dem Ausbruch der Coronapandemie wischen sie außerdem ständig alle Kontaktflächen ab, die die Kinder so berühren. Tische, Türklinken, Spiegel, Stühle – klebrige kleine Coronahände überall. Das machen die Mitarbeiter*innen zusätzlich zu den ohnehin anfallenden Reinigungsaufgaben.

Seitdem die Kitas wieder geöffnet haben, sei die Arbeit ein Marathon, sagte eine hauswirtschaftliche Betriebsleiterin der Elbkinder-Kitas der taz. „Wir sind auch nicht nur Reinigungskräfte oder Köchinnen, sondern genauso Bezugspersonen für die Kinder“, sagte sie.

Gewürdigt wird das von ihrem Arbeitgeber offenbar nicht. Sie berichtet im Gegenteil davon, dass die Geschäftsführung der EKSG gesagt habe, dass man es nicht einmal merken würde, wenn sie und ihre Kolleg*innen streikten.

Es geht dabei nicht einmal darum, ob dieser Satz wörtlich gefallen ist. Aber wer seinen Mitarbeiter*innen das Gefühl gibt, ihre Arbeit sei egal, hat von Personalführung schlicht keine Ahnung. Und warum eigentlich müssen sich gerade Frauen diese fehlende Wertschätzung immer wieder gefallen lassen?

Die Pandemie hat doch gezeigt: Systemrelevante Tätigkeiten werden vor allem von Frauen ausgeübt, ob nun zu Hause oder in der Kita – ohne sie läuft der Laden einfach nicht. Lena Toschke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen