Schülerin über Masken im Unterricht: „Wenn man deutlich spricht, geht's“
Seit einer Woche trägt Gymnasiastin Johanna Börgermann Mund-Nasen-Schutz im Unterricht – und ist trotz Hitze dafür. Sie kritisiert die Ausstattung der NRW-Schulen.
taz: Frau Börgermann, selten war es zum Schulstart so heiß. Wie ist es, bei über 30 Grad im Unterricht Maske zu tragen?
Johanna Börgermann: Stellenweise blöde. Heute hatten wir Gott sei Dank keine 30 Grad mehr und dann ist es total okay mit der Maske. Aber letzte Woche war es ziemlich heiß und da war es ziemlich unangenehm. Und wenn man ab und zu eine Pause einlegt, wie es das Ministerium ausdrücklich erlaubt, kann man auch frische Luft schnappen.
Wie läuft das denn genau mit den Maskenpausen? Das Schulministerium hat sie dringend empfohlen, die konkrete Umsetzung aber den Schulen überlassen.
Das entscheiden die Lehrkräfte ganz individuell. Bei manchen sollen die Schüler, die eine Pause vom Maskentragen brauchen, kurz zwei Minuten vor die Türe gehen. Andere machen regelmäßig oder zumindest einmal in der Stunde eine Pause zum Trinken und Frischluft schnappen. Wieder andere verlegen ihren Unterricht ganz nach draußen.
Beeinträchtigen die Masken den Unterricht?
Mich persönlich macht die Maske ein bisschen müde. Es ist auch schwerer, einander zu verstehen. Wenn man deutlich spricht, geht es aber. Sogar besser, als wir vorher gedacht haben. Und wenn es notwendig ist, dürfen Schüler:innen und Lehrer:innen die Masken ja auch kurz abnehmen.
Tragen die Lehrer:innen auch Maske?
Die Lehrkräfte müssen sie nicht tragen, solange sie 1,5 Meter Abstand zu den Schüler:innen halten. Manche tragen sie die ganze Zeit, andere nicht. Aber wenn die Lehrer:innen direkt mit uns sprechen, dann sind die Masken immer auf.
Finden Sie es eigentlich ungerecht, dass die Maskenpflicht im Unterricht nicht auch in anderen Bundesländern gilt?
Was die anderen Bundesländer machen, ist zweitrangig für uns von der Schülervertretung NRW. Oberste Priorität hat die Gesundheit der Schülerinnen und Schüler. Wenn die dadurch gesichert ist, dass wir auch im Unterricht Maske tragen müssen, dann halten wir das für sinnvoll.
Sind alle an Ihrer Schule dieser Meinung?
Sicherlich haben wir da keinen Konsens. Alle sind wir der Meinung, dass Masken unangenehm sind. Ich habe mit sehr vielen Mitschüler:innen gesprochen und viele sehen aber den Aspekt, dass es für die Gesundheit notwendig ist. Gerade wenn man ihnen die aktuellen Infektionszahlen vorhält oder klarmacht, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre eigenen Angehörigen schützen. Da stoße ich größtenteils auf Verständnis.
Auf Ihrer Website bezeichnen Sie die Maskenpflicht als „unabdingbar“. Der Sprecher der Bundesschülerkonferenz spricht von einer Zumutung. Wie soll die Politik wissen, was Schüler:innen denken?
NRW ist kein Mitglied der Bundesschülerkonferenz. Was die fordert, hat mit uns erst mal nichts zu tun. Wichtig ist, dass die Länder auf ihre jeweiligen Landesschülervertretungen hören.
Und? Hört Schulministerin Gebauer auf Sie?
Tatsächlich mehr als sonst. Wir haben ja die neue Hitzefrei-Regelung durchbekommen bei Frau Gebauer und natürlich die Maskenpausen. Das war eine unserer Kernforderungen. Und es ist cool, dass ihr nachgekommen wurde. Aber bei anderen Forderungen sind wir noch nicht erhört worden. Etwa dass Schülerleistungen während des Digitalunterrichts nicht benotet werden. Oder dass das Schulministerium endlich die Unterfinanzierung von Schulen und den Investitionsstau angeht.
Apropos: Nach einer Studie sind in NRW die Hälfte der Klassenzimmer nicht für regelmäßiges Lüften geeignet. Wie sieht es an Ihrer Schule aus?
Wir haben es recht gut erwischt. Aber in manchen Räumen ist wegen der Sicherheitsvorkehrungen das Lüften nicht so leicht. Da darf man die Fenster nur kippen oder halb öffnen. Wir bemühen uns deshalb, für den Unterricht nur in Räumen zu sein, wo man die Fenster ganz öffnen kann. Das funktioniert momentan ganz gut. Aber das ist nicht überall in NRW so. Und das ist auch ein großer Kritikpunkt der LSV: dass die Schulen nicht gut ausgestattet sind.
Bislang sind in NRW an Dutzenden Schulen schon erste Coronafälle aufgetreten und entsprechend viele Schüler:innen in Quarantäne. Machen Sie sich Sorgen?
Die schnellen Schließungen sind notwendig, um alle Beteiligten zu schützen. Wir fordern aber, dass es ein Konzept für den Digitalunterricht gibt und dass Schüler:innen aus weniger privilegierten Familien viel mehr Unterstützung erhalten. Das ist eine zentrale Voraussetzung für Chancengerechtigkeit während Corona. Dazu gehören kostenlose Geräte für Schüler:innen, die diese benötigen. Und individuelle Förderung durch die Lehrer:innen.
Das wird schwer. Laut Ministerium liegt der Krankenstand in NRW aktuell bei 15 Prozent. Ist das an Ihrer Schule nicht so?
Ich bin ja in der Oberstufe. Da wird sich schon Mühe gegeben, dass kein Unterricht ausfällt, weil es ja alles prüfungsrelevant ist. Aber natürlich haben wir einen hohen Lehrermangel, wie überall in NRW. Das heißt, die Lehrer:innen haben sehr viel zu tun, sind vielleicht sogar überlastet. Lehrkräfte, die von zu Hause aus arbeiten, bereiten den Unterricht vor, so dass die Vertretungskräfte entlastet werden.
Elternvertreter fordern, den Lehrplan auszumisten und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Was halten Sie davon?
Ich halte sehr viel davon. Es ist unmöglich, den Stoff von drei Monaten aufzuholen. Außerdem drohen ja neue Schulschließungen.
Sie sind jetzt in der 12. Klasse. Bangen Sie um Ihr Abitur?
Um mein Abi mache ich mir noch keine Sorgen. Ich schreib ja erst 2022. Außerdem habe ich im Lockdown keinen Stoff verpasst, der dann geprüft werden könnte. Bei denjenigen, die jetzt dieses Schuljahr Abitur machen, ist das natürlich anders. Wer 2021 Abi macht, steht vor einer Riesenherausforderung.
Wie soll man denn Ihrer Meinung nach mit Schüler:innen umgehen, die sich weigern, Maske zu tragen?
Natürlich sollte man erst mal klarmachen, warum es so wichtig ist, die Maske zu tragen. Wenn sich Schüler:innen dann immer noch weigern, muss man sie zur Not vom Unterricht ausschließen.
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