Umfrage im Auftrag der Landesregierung: Wasser auf die Mühlen
Jeder Dritte sieht Brandenburg auf falschen Weg. Weiter hat nur eine Minderheit Vertrauen in Regierung und Landtag. Die Feuerwehr aber ist angesehen.
In Brandenburg glaubt weiterhin rund ein Drittel der Bevölkerung, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt.Das geht aus einer am Dienstag in Potsdam vorgestellten Studie im Auftrag der Landesregierung hervor, dem „Brandenburg-Monitor 2020“. Bereits bei der ersten Auflage der Studie vor zwei Jahren sah jeder oder jede Dritte das Land auf falschem Kurs.
Die Ergebnisse kamen damals wie ein Schock über das Land, weil sie wenig Vertrauen in Institutionen und verbreitete Ablehnung gegenüber Minderheiten offenbarten.
Mit der Arbeit der Landesregierung zeigten sich zwar deutlich mehr Menschen als 2018 zufrieden, nämlich 57 statt damals nur 46 Prozent. Die Verfasser der Studie konnten aber nicht ausschließen, dass das vor allem Folge der Coronakrise ist, die grundsätzlich die Bindung an die Politik verbessert habe.
Das mit der Studie beauftragte Institut pmg hatte im Juni genau 1.010 Brandenburger ab 16 Jahren befragt. Die Fragenliste entsprach der von vor zwei Jahren. Damals bildeten SPD und Linkspartei die Landesregierung, nach der Landtagswahl im September 2019 kam es zu einem Bündnis aus SPD, CDU und Grünen, der sogenannten Kenia-Koalition. Parteipräferenzen bildet die von der Staatskanzlei finanzierte Studie nicht ab. Neu hinzu kamen Fragen zur Coronakrise. Dabei zeigten sich drei Viertel der Befragten mit dem Krisenmanagement der Landesregierung zufrieden.
Wenig Vertrauen in Institutionen
Auch wenn wie 2018 immerhin zwei Drittel der Befragten das Bundesland auf dem richtigen Weg sehen, so hat sich die Bewertung in einzelnen Punkten deutlich verschlechtert. Mit Blick auf die Arbeitsmarktentwicklung sahen 2018 noch 46 Prozent eine positive Entwicklung, aktuell sind es nur noch 34 Prozent.
Da habe sich die Zuversicht „offensichtlich angesichts der Unsicherheit über die mittelfristigen Folgen der Coronakrise“ eingetrübt, mutmaßen die Verfasser der Studie. Unverändert sind nur 24 Prozent der Ansicht, dass es in den nächsten Jahren in Brandenburg gerechter zugehen werde – 53 Prozent sehen das nicht so.
Trotz eines Anstiegs niedrig bleibt das Vertrauen in politische und gesellschaftliche Institutionen: Die Befragten lobten zwar weithin die Arbeit der Landesregierung in der Coronakrise, aber in die Institution „Landesregierung“ selbst hat nur eine klare Minderheit von 38 Prozent Vertrauen. Derselbe Wert gilt für die parlamentarische Ebene, den Landtag. Bundestag und Bundesregierung schneiden bei den Brandenburgern mit 32 und 34 Prozent noch schlechter ab. Bei der Befragung vor zwei Jahren waren die Ergebnisse allerdings noch deutlich schlechter ausgefallen: Da hatten nur 27 Prozent Vertrauen in die Landesregierung und bloß 25 Prozent in den Landtag.
Medien und Kirchen kommen mit 26 und 22 Prozent auf noch schlechtere Werte. Ganz unten im Ansehen stehen die Parteien: Ihnen vertrauen nur 15 Prozent, immerhin fast doppelt so viele wie 2018, als das nur 8 Prozent taten.
Auch kein großes Vertrauen in die eigene Partei
Selbst der eigenen bevorzugten Partei bringt aktuell mit 51 Prozent nur die knappste aller Mehrheiten Vertrauen entgegen – vor zwei Jahren lag der Wert bei 38 Prozent. Großes Vertrauen genießen allein Feuerwehr und Rettungskräfte mit einem Wert von 90 Prozent und danach schon mit Abstand die Polizei mit 66 Prozent. Auch Gerichten vertrauen nur 48 Prozent der Befragten.
Deutlich gestiegen ist trotz des geringen Vertrauens in politische Institutionen das allgemeine Interesse an Politik, vor allem der brandenburgischen. Gegenüber der ersten Studie 2018 stieg der Wert hier von 45 auf 54 Prozent. „Offensichtlich hat die Coronakrise die Landespolitik stärker in den Vordergrund gerückt“, schlussfolgerten die Autoren der Studie.
Weit auseinander klafft, wie wichtig den Befragten bestimmte Werte und Grundsätze sind – und wie wenig sie die für tatsächlich umgesetzt halten. 90 Prozent betrachten die Gleichwertigkeit der Geschlechter als wichtig, doch nur 30 Prozent meinen, dass das in Brandenburg auch tatsächlich verwirklicht sei. Recht und Ordnung halten sogar 97 Prozent für wichtig – nur 57 Prozent aber sehen diese Werte im Land umgesetzt. Fast unverändert sind die Werte bei ablehnenden Haltungen gegenüber Homosexuellen und Juden: 14 Prozent – 2018 waren es 16 – stimmen der Aussage zu „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß“, 15 Prozent meinen, die Politik sei Homosexuellen „schon zu weit entgegengekommen“.
Staatskanzlei-Ministerin Kathrin Schneider (SPD) zeigte sich zwar erfreut über die Zufriedenheit der Arbeit der Landesregierung und das trotz weiter niedriger Werte gestiegene Vertrauen in die politischen Institutionen. Was sie aus den Ergebnisse der Studie am meisten mitnehme, sei aber „die Diskrepanz zwischen dem, was den Leuten wichtig ist und wieweit sie das umgesetzt sehen“.
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