: Land muss nicht für Flowtex-Betrug haften
Klage auf 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz abgewiesen
FRANKFURT/MAIN taz ■ „Big Manni“ Schmider konnte einfach zu gut lügen. Zumindest sei den Finanzbeamten, die dem mittlerweile inhaftierten Chef der Firma Flowtex Bohrsysteme auf dem Leim gingen, kein Vorwurf wegen Amtsmissbrauch zu machen, stellte gestern das Landgericht in Karlsruhe fest. Und wies somit die Klage von 113 Banken, Investorengruppen und Unternehmen zurück, die von Schmider geprellt wurden.
Gut 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz hatten sie von Baden-Württemberg gefordert. Denn Finanzbeamte des Landes hätten schon vier Jahre vor der Aufdeckung der betrügerischen Machenschaften von Schmider im Jahre 2000 über entsprechende Erkenntnisse verfügt, aber dennoch geschwiegen, lautete ihre Begründung. Im Aktenvermerk eines Finanzbeamten nach einer Betriebsprüfung 1996, so ein Klägeranwalt, habe sogar etwas vom einem „Verdacht auf Steuerbetrug bei Flowtex“ gestanden.
Wäre das öffentlich geworden, so die Klagebegründung, hätte keine Bank und kein Unternehmen mehr mit Schmider „Geschäfte gemacht“. Doch die vom Gericht als Zeugen geladenen Betriebsprüfer des Finanzamtes konnten sich an einen solchen Vermerk nicht erinnern.
Schmider „verkaufte“ über Jahre hinweg nicht existierende Bohrsysteme an Banken, Sparkassen und Leasinggesellschaften, die dann von Flowtex umgehend wieder zurückgeleast wurden. Wollte ein Käufer ein Bohrsystem tatsächlich sehen, standen bei Schmider immer ein paar davon herum, deren Typenschilder von Fall zu Fall ausgewechselt wurden, damit sie mit der Maschinennummer im Kaufvertrag übereinstimmten.
Rund zwei Milliarden Euro flossen so auf Schmiders Konto, der sich damit schnelle Autos und Yachten kaufte. 3.000 Bohrsysteme „verkaufte“ Flowtex auf diese Art, Anfang 2000 flog der Betrug auf.
Wer Unternehmern und Bankenvorständen so geschickt Sand in die Augen habe streuen können wie Schmider, der sei sicher auch in der Lage gewesen, brave Finanzbeamte über den Tisch zu ziehen, argumentierten die Anwälte des Landes in der Gerichtsverhandlung.
Die Beamten hätten „stets angenommen“, dass die Bohrsysteme existieren. Allenfalls könne man ihnen vorwerfen, auf die „sehr erfindungsreichen Erklärungen“ von Schmider hereingefallen zu sein. Beihilfe zum Betrug sei das aber nicht. Das Gericht sah das genauso. Die Beamten hätten zwar Verdacht geschöpft, doch letztendlich die Darstellung von Schmider akzeptiert, dass es sich bei den Unregelmäßigkeiten nur um „Anlaufschwierigkeiten bei der Markteinführung einer neuen Technologie“ handele. Ob die Kläger in Berufung gehen, blieb gestern noch offen.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
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