piwik no script img

Kompatibilität von Corona-AppNicht so smart

Die Corona-App lässt sich auf älteren Geräten nicht installieren. Damit werden genau die falschen Leute ausgeschlossen.

Google und Apple haben ein Interesse daran, dass vor allem neue Telefone auf dem Markt sind Foto: Jana Fernow/DEEPOL/plainpicture

Für einige war es erst mal eine Enttäuschung: Mehrere Nutzer:innen, die die Corona-Nachverfolgungs-App auf ihrem Smartphone in­stallieren wollten, konnten das nicht tun. Denn die App verlangt mindestens Android 6.0 beziehungsweise iOS in der Version 13.5 auf dem Smartphone.

Mit den App-Entwickler:innen hat das Problem aber erst mal nichts zu tun. Denn die App ist auf die Exposure Notification API angewiesen. Das ist eine Schnittstelle zu den Betriebssystemen von Google und Apple, die unter anderem dafür sorgt, dass die Abstandsmessung funktioniert und dass diese Werte an die App übergeben werden. Doch diese Schnittstelle haben die beiden Konzerne erst ab bestimmten Versionen ihrer Systeme – eben Android 6.0 und iOS 13.5 – integriert. Dabei merken Kriti­ker:innen an, dass es durchaus möglich wäre, auch einige ältere Versionen noch zu unterstützen. Erst auf noch älteren Smartphones gäbe es Hardware-seitig eine Grenze – weil die nicht die erforderliche Komponente für die Abstandsmessung per Bluetooth Low Energy mitbringen.

Google und Apple haben zwar ein Interesse an einer gut laufenden App, aber eben auch ein Interesse daran, dass vor allem neue Telefone auf dem Markt sind. Einer Umfrage des IT-Verbandes Bitkom vom vergangenen Jahr zeigt, dass 12 Prozent der Smartphone-Nut­zer:inn­en ihr Gerät länger als zwei Jahre verwenden. Doch das Alter eines Gerätes sagt wenig über die Kompatibilität mit der App aus, da auch neue Geräte häufig mit veraltetem Betriebssystem ausgeliefert werden.

Die Lücke ist vor allem aus einem anderen Grund problematisch. Sozialverbände gehen davon aus, dass viele ältere oder ärmere Menschen zu alte Smartphones oder überhaupt keines besitzen – gleichzeitig gehören sie zu denen, die von einer Covid-19-Erkrankung tendenziell schwerer getroffen werden.

Es kann auch ohne Google-Dienste gehen

Derzeit wird an zwei Lösungswegen für das Problem gearbeitet. Die erste: ein Hardware-Ersatz, zum Beispiel ein Schlüsselanhänger oder ein Armband, das die Funktion der App übernimmt. Das könnte auch eine Lösung für Menschen sein, die kein Smartphone haben oder sich nicht zutrauen, eines zu bedienen. Für Menschen, die sich das Gerät nicht leisten können, wäre eine entsprechende Subvention denkbar. In Kiel ist ein solches Armband bereits technisch entwickelt. „Wir sind jetzt in Gesprächen mit der Politik über Unterstützungsmöglichkeiten“, sagt Benjamin Walczak vom Kieler Bündnis gegen Altersarmut.

Der zweite Ansatz wäre vor allem für Menschen interessant, deren Android-Telefon zu alt ist oder die ein Android ohne Google-Dienste nutzen. So arbeiten Entwickler:innen an einer FOSS-Version der Corona-Nachverfolgungs-App. FOSS steht für Free and Open Source ­Software. Zwar ist auch die offizielle ­Corona-Nachverfolgungs-App Open Source. Doch die oben schon erwähnte Schnittstelle ist eben nicht Open Source, es braucht also auch eine neue.

Dass das möglich ist, zeigt beispielsweise Hua­wei. Dessen Smartphones laufen auf Grund von US-Ausfuhrbeschränkungen ebenfalls ohne Google-Dienste, und Huawei stellte bereits Anfang Juni eine entsprechende Schnittstelle bereit. Eine alternative Version der Corona-App hätte den Vorteil, dass sie auch für Android-Nutzer:innen verfügbar wäre, die sich nicht bei Googles Play-Store anmelden möchten.

Beide Lösungen, ein Armband und eine alternative App, werden jedoch nicht übermorgen marktreif sein. Für alle mit zu altem Gerät, die die App kurzfristig haben möchten, hilft also nur: ein neues Telefon besorgen. Das muss ja kein Neugerät sein. Auch auf dem Gebrauchtmarkt gibt es ausreichend aktuelle Geräte. Und vielleicht ja auch in der ein oder anderen Schublade im Bekanntenkreis.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!