Bremer Pivatuni ist gescheitert: Jacobs-Uni sucht Millionen
Die Jacobs University hat 200 Millionen Euro Steuermittel bekommen. Nun steigt der Sponsor aus. Das Land wird die Uni am Ende kaufen – und abwickeln.
Immer wieder hat die Einrichtung, die in Zeiten der großen Koalition mal als private „International University Bremen“ (IUB) gegründet wurde und als private Stiftungs-Universität eine Außenstelle amerikanischer Privatuniversitäten werden sollte, beim Bremer Senat um Subventionen angeklopft. In der Senatsvorlage, in der der Senat gestern das Ende beschrieben hat, werden die verlorenen Zuschüsse auf mehr als 200 Millionen Euro beziffert, wobei einige Summen noch dazukommen werden. Einige der Ansprüche sind für den Senat offenbar noch juristisch unklar und werden im Senatsbeschluss nur „nach hiesiger Kenntnis“ beziffert.
Die Foundation hat zugesagt, im Interesse einer reibungslosen Übergabe ihrer Universität die für den Förderzeitraum bis zum Jahre 2027 eingeplanten Mittel – es verbleiben knapp 60 Millionen Euro – schon vorab 2020 zu überweisen. Das Geld, so schätzt der Senat, würde effektiv gerade bis 2023 reichen. Bis dahin will Bremen auch die Ausbildung der derzeit 1.600 Studierenden der JUB fortführen – bis zu deren Abschluss. Dazu hat sich das Land gegenüber dem Wissenschaftsrat noch im Jahre 2007 verpflichtet, weil die Stiftung offenbar diese Verpflichtung für „ihre“ Privat-Uni nicht übernehmen wollte.
Der gestern beschlossene Fahrplan sieht daher so aus: Bis zum Herbst bereiten Bremen und die Jacobs-Stiftung die Übergabe der Anteile an der JUB-GmbH und die Ablösung aller vertraglichen Verpflichtungen der Stiftung vor. Bis dahin soll auch in zwei Tranchen die restliche Fördersumme von knapp 60 Millionen Euro nach Bremen fließen. Offiziell will das Wissenschaftsressort, das bisher von den Entwicklungen bei der JUB immer wieder vollkommen überrascht war, in den nächsten sechs Monaten zusammen mit der Jacobs-Uni und der Stiftung ein „dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell“ entwickeln, das „ohne Zuschüsse seitens der Freien Hansestadt Bremen“ auskommt.
Das ist aber in den vergangenen 20 Jahren nicht gelungen, dürfte also auch diesmal scheitern. „Sollte es nicht gelingen ein solches Geschäftsmodell zu entwickeln, ist in der Folge über sich daraus ergebende Konsequenzen zu beraten“, heißt es im Senatsbeschluss. Ein von Bremen gefundener „Dritter“ sollte die Geschäftsanteile zum Nennwert von 22.000 Euro erwerben. Selbst wenn die JUB dafür zu kaufen wäre – es drohen 20 Millionen jährlicher Zuschüsse ohne Hoffnung auf Licht am Ende des Tunnels.
Also wird Bremen die JUB kaufen müssen. Dann werden die Überlegungen beginnen, wie das Campus-Gelände in Grohn genutzt werden kann. Ein Verkauf an Unternehmen scheint unrealistisch, da die Lage am Rande von Bremen-Nord nicht sehr attraktiv ist.
Die Bremer CDU kommt mit ihrer alten Idee, dort einen Medizin-Studiengang der Universität einzurichten und zugleich die JUB in staatlicher Regie fortzuführen – sie ist für den „langfristigen Erhalt“ der JUB, weil diese bisher private Einrichtung „zum internationalen Renommee und zu qualitativ hochwertiger Forschung am Wissenschaftsstandort Bremen“ beitrüge und weil die Arbeitsplätze für den Standort Bremen-Nord wichtig seien.
Vor allem der Koalitionspartner Linkspartei dürfte einer solchen Förderung nicht zustimmen. Denn eine schlichte Dependance für die staatliche Uni am Standort Grohn wäre preiswerter zu haben: Während die JUB rund 20 Millionen Euro Zuschuss im Jahr für 1.600 Studierende bekommt, die Studiengebühren zahlen müssen, bekommt die Bremer Uni für ihre Forschungsinstitute und die Ausbildung von 19.200 Studierenden aus dem Staatshaushalt rund 170 Millionen.
Wirtschaftlichen Nutzen schöngerechnet
In der Präambel zum Senatsbeschluss, an dessen Ende die Abwicklung der JUB steht, wird in höchsten Tönen der wirtschaftliche Nutzen der Einrichtung gepriesen: Gutachter haben den „regionalen Bruttowertschöpfungseffekt“ auf 50 Millionen Euro schöngerechnet. Da Bremen für jeden angemeldeten Landesbürger auch Mittel aus dem Länderfinanzausgleich (LFA) kassieren kann, werden die meist ausländischen Studierenden angehalten, ihren Wohnsitz in Bremen anzumelden.
Fazit der Rechnung des Bremer Senats: „Bei der Jacobs University übersteigen bisher die Einnahmewirkungen von 12,2 Millionen Euro nach LFA die Finanzierungsaufwendungen aus Landesmitteln“, bisher rund zehn Millionen im Jahr. Also ein glattes Geschäft – wenn man der Rechnung glaubt. Wenn sich der Zuschussbedarf aber auf 20 Millionen steigert, weil der private Sponsor aussteigt, dann ist es ganz sicher ein glattes Verlustgeschäft.
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