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Blog „Volksverpetzer“ gegen Fake News„Zielgruppe ist die breite Masse“

Der Blog „Volksverpetzer“ entlarvt Verschwörungsmythen und will möglichst viele Menschen dagegen immunisieren, sagt Chefredakteur Thomas Laschyk.

Thomas Laschyk gründete den Blog 2014 gemeinsam mit Freund*innen Foto: Ylva Bintakies

taz: Herr Laschyk, was ist „Volksverpetzer“? Sind Sie Faktenchecker?

Thomas Laschyk: Wir sind ein Anti-Fake-News-Blog. Unsere Arbeit unterscheidet sich von der von klassischen Faktencheckern, denn wir versuchen nicht nur Fake News oder Verschwörungsmythen einzeln aufzudecken, wir versuchen, die Menschen dagegen zu impfen. Wir informieren Menschen, bevor sie überhaupt an diese Mythen glauben. Unsere Zielgruppe ist die breite Masse, damit Menschen unsere Artikel im Hinterkopf haben, falls sie mit Verschwörungsmythen konfrontiert werden.

Warum verbreiten sich Verschwörungsmythen auf Social Media vor allem unter Rechten so gut?

Rechtsextreme Ideologien basieren auch auf Verschwörungsmythen. Wenn man sich Netzwerkanalysen anschaut, sieht man etwa auf Twitter zwei Filterblasen. Einmal die Blase, in der sich der „Mainstream“ befindet, mit Journalist:innen oder Politiker:innen aller demokratischen Parteien. Dann gibt es noch eine kleine Blase, die mit der ersten nur lose verknüpft ist. Dort sind unter anderem die AfD und Verschwörungsideologen und die benutzen dieselben Mechanismen: Misstrauen gegen Eliten und Medien oder Gefühle statt Fakten. Dort hat sich eine Infrastruktur aus Influencern aufgebaut. Wenn man nun anfängt, überall nur Lügenpresse zu vermuten, landet man automatisch in dieser Blase.

Dagegen können die Social-Media-Plattformen nichts machen?

Social Media funktioniert nicht ohne Fake News. Die Plattformen gehören Privatunternehmen. Deren Ziel ist nicht eine demokratische Plattform, auf der sachlich diskutiert wird. Ihr Ziel ist, so viele Leute wie möglich so lange wie möglich auf ihrem Netzwerk zu halten, um ihnen Werbung anzuzeigen und damit Geld zu verdienen. Fake News erfüllen die Faktoren für gute Social-Media-Posts: Sie emotionalisieren, bieten gute Storys und kreieren Interaktionen. Deswegen haben Facebook oder Twitter wenig Interesse daran, Verschwörungsideologen und deren Inhalte zu entfernen, obwohl es im Rahmen der Möglichkeiten wäre.

Sie laden Ihre aufklärenden Texte oft mit reißerischen Titeln hoch, etwa „So lügen Corona-Leugner“, das ist Suchmaschinen-optimiert und schafft Reichweite. Aber erinnert es im Ton nicht auch an genau die Art von Texten, gegen die Sie vorgehen wollen?

Wenn wir gehört werden wollen, müssen wir nach den Regeln von Social Media spielen. Dazu gehört eindeutiges Framing, die richtigen Schlagworte oder der Appell an Emotionen. Wir versuchen also die Strategien der Verschwörungsideologen gegen sie zu verwenden, allerdings ist unser Anspruch, auch alles belegen zu können.

Haben Sie nicht die Sorge, dass sich Anhänger:innen dieser Ideologien erst recht durch Sie ausgegrenzt fühlen und leichter in Verschwörungsmythen abrutschen, wenn Sie so klar Haltung zeigen?

Das tun sie sowieso. Faktenchecker wie Mimikama oder Correctiv versuchen sachlich und neutral zu sein, doch für Verschwörungsideologen sind sie trotzdem Lügenpresse. Die glauben, was sie wollen, egal wie man seine Inhalte als Medium präsentiert. Unser Weg ist aber natürlich auch limitiert, deswegen bin ich froh, dass es Mimikama oder Correctiv gibt.

Im Interview: Thomas Laschyk

ist Journalist, Blogger, Chefredakteur und Geschäftsführer des Blogs „Volksverpetzer“. Sein jüngstes Buch „Werbung für die Wahrheit“ ist Anfang Februar bei Komplett-Media erschienen.

Gibt es trotzdem eine Möglichkeit, Menschen von diesen Mythen abzubringen, oder funktioniert wirklich nur Prävention?

In Social Media sollte man auf gar keinen Fall mit Verschwörungsideologen diskutieren. Weder als Medium noch als Privatperson. Ich empfehle, sie persönlich zu blocken und aus den Gruppen und Diskussionen auszusperren. Man kann sie nicht überzeugen, weil sie ein geschlossenes Weltbild haben. Allein die Tatsache, dass du mit ihnen diskutierst, beweist für sie, dass du falsch liegst. Mit Menschen, die noch nicht abgerutscht sind, kann man aber persönlich diskutieren.

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