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Ausgezeichnet nachhaltig

Der Diaspora-Preis des Afrika-Netzwerks Bremen geht in die zweite Runde. Er rückt neben migrantischem Engagement auch die Nachhaltigkeitsziele der UN in den Fokus

Der Diaspora-Preis 2019 wurde beim Festival der Kulturen überreicht Foto: FdK

Von Teresa Wolny

Die Corona-Aufklärung wirkt: „Bisher gab es in unserem Sektor noch keine Fälle“, sagt Camara Mamadou Saliou. Der 26-Jährige lebt seit acht Monaten in Bremen und engagiert sich seitdem von hier aus für ein Bildungs- und ein Gesundheitsprojekt in seinem Heimatland Guinea. Damit ist Saliou potenzieller Anwärter für den Diaspora-Preis 2020, der seit letztem Jahr vom Afrika-Netzwerk Bremen (ANB) vergeben wird. Er lässt sich zu dem Projekt beraten von Virginie Kamche, Fachpromoterin in den Bereichen Migration, Diaspora und Entwicklung im ANB.

„Migrant:innen leisten oft tolle Arbeit, sind damit aber nicht sichtbar“, sagt Kamche. Genau das soll der seit 2019 vergebene Preis ändern: Es geht darum, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie Menschen sich sowohl in Bremen als auch in ihren jeweiligen Heimatländern engagieren. „Mit mehr Öffentlichkeit können hoffentlich auch mehr Ressourcen bereitgestellt werden“, sagt Kamche, die das ANB mitgegründet hat und aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer dieses Engagement teilweise ist. So bräuchten Menschen, die selbst in prekären Arbeitsverhältnissen leben, besonders viel Kraft, um sich zu engagieren, sagt sie.

„Migrant:innen müssen dafür kämpfen, sich in einem System zurechtzufinden, das nicht für sie gemacht ist.“ Die Preisträger:innen aus dem letzten Jahr engagieren sich in Projekten in Indonesien, Bulgarien und Nigeria. 2019 bekamen sie Öffentlichkeit und Geschenke. Dieses Jahr gibt es möglicherweise auch ein Preisgeld. Die Gespräche dazu sind laut Kamche jedoch noch nicht abgeschlossen. Um den Preis bewerben können sich noch bis zum 30. Juni Projekte, die sich im Sinne der 17 Social Development Goals der UN (SDG), also der globalen Nachhaltigkeitsziele engagieren, für die der Diasporapreis damit ebenfalls Aufmerksamkeit schafft.

Für jede der fünf SDG-Kategorien Menschen, Umwelt, Frieden, Wohlstand und Zusammenarbeit wird jeweils ein Preis vergeben. Zwar seien auch kurzfristige Hilfen wichtig, es gehe aber vor allem darum, langfristig Strukturen zu verbessern, so Kamche: „Das ist ein Prozess und harte Arbeit. Um sich langfristig zu motivieren, muss man einen langen Atem haben“. Die SDG sind Teil der Agenda 2030, die 2015 von den 193 Mitgliedsstaaten der UN formuliert wurde. Bremen unterzeichnete 2017 die Musterresolution des deutschen Städtetags „Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten“.

In Kooperation mit der Regionalen Netzstelle für Nachhaltigkeitsstrategien (RENN.nord) wurde auch für Bremen eine SDG Movement Map erstellt, auf der man Initiativen findet, die sich für die Agenda 2030 einsetzen. Um die Agenda in Bremen umzusetzen, arbeite man mit Schulen zusammen und unterstütze Unternehmen, die sich für die SDG engagieren, sagt Timm Kroeger, Koordinator für kommunale Entwicklungspolitik in Bremen. Auch an der Volkshochschule gibt es Kurse zu dem Thema. „Es ist leider nicht immer alles so gut sichtbar, wie man sich das wünscht, aber es tut sich was“, sagt Kroeger.

„Migrant:innen müssen dafür kämpfen, sich in einem System zurechtzufinden, das nicht für sie gemacht ist“

Virginie Kamche, Fachpromoterin im Afrika-Netzwerk Bremen

Camara Mamadou Saliou schreibt nach der Beratung nun an der Bewerbung für den Preis. „Ohne die Bildung von Kindern können wir nicht von Veränderung und Entwicklung sprechen“, sagt Saliou, der sich in Bremen auf ein Wirtschaftsstudium vorbereitet. Eines der Projekte, in denen er sich engagiert, geht in guineische Schulen, um Aktionen zu organisieren, die das Niveau der Schüler:innen verbessern sollen.

Ein zweites Projekt widmet sich der gesundheitlichen Aufklärung, insbesondere über die in Guinea verbreitete Malaria. „Wir verteilen Moskitonetze und informieren, wie man sich gegen die Mücken schützt und wie wichtig Sauberkeit und Hygiene bei der Bekämpfung von Krankheiten sind“, erklärt Saliou. Auch für die Eindämmung des Coronavirus gibt es Aufklärungsarbeit: „Wir haben darüber informiert, wie wichtig es ist, Abstand zu halten, und Eimer zum Händewaschen verteilt“, sagt Saliou. In der Organisation, die ungefähr 100 Mitglieder hat, engagieren sich Freiwillige, besonders im Gesundheitsbereich sind die Projekte aber auf Spenden angewiesen.

Kooperationspartner:innen des Preises sind das entwicklungspolitische Netzwerk, die Senatskanzlei und RENN.nord. Die Schirmherrschaft hat der Verein „Bremen kommt“. Die Preisverleihung 2019 fand beim Festival der Kulturen statt, das dieses Jahr wegen Corona ausfällt. Wie der Preis am 21. Juli vergeben wird, ist noch offen.

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