Corona-Vorsorge im Zug und Flugzeug: Feldversuch mit ungewissem Ausgang
In Bahn und Flugzeug ist der Schutz vor einer Infektion eher dürftig. Reisende werden so zu Versuchskaninchen.
D ie Reise- und Verkehrsbranche sitzt in den Startlöchern, um den Betrieb wieder aufzunehmen. Vor der Abreise sowie in Hotels und Ferienanlagen werden strikte Abstandsregeln zum Schutz vor einer Coronainfektion gelten, wenn das Tourismusgeschäft ab Juni wieder anläuft – auf der Reise zum Urlaubsort in Bahn, Fernbus oder Flugzeug aber nicht. Das ist die Quintessenz der Regeln, die sich Anbieter und Verkehrsunternehmen im Einvernehmen mit dem Bundesverkehrsministerium gegeben haben.
Reisende müssen sich darauf verlassen, dass die obligatorische Atemmaske und die Klimaanlagen für ausreichend Schutz sorgen. Möglicherweise ist das auch der Fall. Die Reiseanbieter sind fest davon überzeugt. Aber ob das wirklich so ist, muss sich erst zeigen. Ein Feldversuch mit ungewissem Ausgang. Das ist beklemmend.
Und es bedeutet: Bahn, Fernbusanbieter und Flugbranche wälzen die Verantwortung auf die Passagiere ab. Reisende müssen entscheiden, ob sie das Risiko auf sich nehmen und sich und andere gefährden wollen.
Die Anbieter machen es sich zu einfach, auch wenn sie in der Tat Erhebliches zum Schutz ihrer KundInnen und Beschäftigten unternehmen, etwa oft und viel desinfizieren oder beim Boarding dafür sorgen, dass kein Gedränge entsteht. Bei allem Verständnis für Unternehmen, die in extremen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind: In der gegenwärtigen Lage muss man auch auf Umsatz verzichten.
Plätze sollten frei bleiben
Der in den vergangenen Wochen oft gehörte Satz, Gesundheit sei wichtiger als Profit, sollte mehr als ein Kalenderspruch sein. Für die Verkehrsbranche bedeutet das konkret, in Fernbussen, Bahn und Fliegern nicht alle Kapazitäten voll auszuschöpfen, sondern zunächst Plätze frei zu lassen. Und damit erst dann aufzuhören, wenn der Praxistest zeigt, dass die Klimaanlagen in den Flugzeugen tatsächlich den Virenschutz gewährleisten, den die Luftfahrtbranche verspricht.
Die Deutsche Bahn stellt nicht einmal ihr Reservierungssystem um, damit Unbekannte nicht Plätze direkt nebeneinander zugewiesen bekommen. Das ist wirklich schwach.
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