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Demo gegen Rassismus und VolkswagenN-Wort stoppen statt droppen

Aufruf gegen Diskriminierung: Nach rassistischem Werbespot von VW fordert eine Onlinedemo am Samstag, das N-Wort zu stoppen.

N-Wort stoppen: Ende Februar demonstrierten dafür mehrere hundert Menschen in Hamburg Foto: imago

Berlin taz | Erst schubsen zwei überdimensionale weiße Hände einen schwarzen Mann wie eine Spielfigur durch das Bild, dann schnipst eine der Hände den Mann in ein Café, das „Petit Colon“ heißt – „Kleiner Siedler“ oder „Kleiner Kolonist“. Dann werden kurz die Buchstaben des N-Worts eingeblendet. Danach ergänzen weitere Buchstaben die Schrift zum Slogan „Der neue Golf“. Will Volkswagen vom Dieselskandal ablenken? Will der von Nationalso­zia­listen gegründete Konzern jetzt den Kolonialismus zurück? Dann darf natürlich auch das N-Wort nicht fehlen.

„Ich weiß nicht, wie man 2020 auf eine solche Idee kommen kann. Ich kann mir das nur so erklären, dass da jemand unterschwellige Messages platzieren wollte. Wir unterschätzen, wie sehr Rassismus das Denken vieler Menschen bestimmt“, sagt Jeff Kwasi Klein von Each One Teach One. Der Berliner Verein will schwarze Menschen in Deutschland empowern und hat zusammen mit dem Bündnis „N-Wort stoppen“ für Samstag um 14 Uhr auf Youtube zum Onlineprotest gegen rassistische Diskriminierung aufgerufen.

Der von VW nach viel Kritik zurückgezogene Instagram-Clip verdeutlicht, dass es leider immer wieder neue Anlässe gibt, um für dieses Anliegen zu demonstrieren. „Das N-Wort ist nicht einfach eine Beleidigung. Seit über 500 Jahren begründet dieses Wort die historische Entmenschlichung schwarzer Menschen sowie die imaginierte Überlegenheit weißer Menschen“, sagt Klein. Sprache könne ein machtvolles Mittel sein, um gewachsene Ungleichheiten sichtbar zu machen und Kontinuitäten zu brechen. Deswegen müsse man die Sensibilität für diskriminerungsfreie Sprache fördern.

Weiße Deutungshoheit über Rassismus

Gegründet hatte sich die Initiative „#nwortstoppen“, damit das N-Wort rechtlich als rassistisch eingestuft wird. Der Hintergrund war ein viel kritisiertes Urteil des Landesverfassungsgerichts aus Mecklenburg-Vorpommern, das einen Ordnungsruf im Parlament für nichtig erklärt hatte. Ein AfDler hatte mehrfach in einer Rede das N-Wort benutzt und gegen den anschließenden Ordnungsruf geklagt. Das Verfassungsgericht fand das ohne weitere Betrachtung des Kontextes absurderweise wohl irgendwie okay. „Ein komplett weißes Gericht hat die institutionalisierte Deutungshoheit über Rassismus. Das ist bezeichnend“, sagt Klein.

Daraufhin formierte sich von schwarzen Communitys und Organisationen sowie antirassistischen Initiativen Protest. Eine Petition hatte binnen kurzer Zeit über 100.000 Unterschriften. Es gab Demos von mehreren Hundert Personen in Köln und Hamburg. Eine in Berlin geplante Demo musste wegen der Coronapandemie ausfallen. Die Onlinedemo soll diese nun ersetzen. Im moderierten Youtube-Livestream um 14 Uhr am Samstag soll es in Reden von Aktivist:innen, Musik und Gastbeiträgen auch um Rassismus während der Coronapandemie gehen.

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3 Kommentare

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  • Es wäre hochinteressant, die Entstehung dieses Videos aufzuklären.

    Handelt es sich bei dem Macher um einen Soziopathen, einen Rassisten, einen Troll oder um einen Agent Provokateur?

    Will VW mit einem solchen Video ‘vom Dieselskandal ablenken’, fragt der Autor. Aber ist es nicht eher so, daß sich dieses Skandalvideo zu dem Dieselskandal addiert? Will VW zum ‘Kolonialismus zurück, ‘mit dem ‘N-Wort’? Nun ja, glaubt der Autor das wirklich?







    Aufzuklären, ‘wie man 2020 auf eine solche Idee kommen kann” - das wäre die Arbeit eines guten Journalismus. Herr Kleins Vermutung unterschwellige(r) Messages’ kann zutreffen, muß aber nicht (und sind diese wirklich so ‘unterschwellig’?).

    ‘Wir unterschätzen, wie sehr Rassismus das Denken vieler Menschen bestimmt’, vermutet Herr Klein. Das ist eine sehr weitgehende Vermutung, die sich nicht aus einem Fall wie diesem ableiten läßt. Die Verbreitung rassistischer Einstellung in der Bevölkerung kann nur durch datengestützte empirische Sozialforschung festgestellt werden.

    Ich würde eher Herrn Klein’s Erstaunen teilen, wie jemand ‘2020 auf eine solche Idee kommen kann’. Denn das Deutschland von heute ist nicht das Deutschland von 1945 – es hat sich viel getan in der Zwischenzeit, sehr viel. Ein Blick auf die Vielfalt sozialer Bewegungen und die kulturellen Umbrüche in dieser Zeit lohnt sich. Allein die Existenz der Taz ist ein Kind dieser Bewegungen.

    Rassisten sind eine klare Minderheit in Deutschland, die AFD hat bei der letzten Europawahl 11% der Stimmen erhalten. Allerdings ist leider zu konstatieren, daß der Begriff ‘Rassismus’ von identitätspolitischen Akteuren ins Uferlose ausgedehnt und als Kampfbegriff benutzt wird, und damit fast völlig abgenutzt und unbrauchbar geworden ist. Das ist gefährlich, denn wir brauchen einen gehaltvollen Begriff des Rassismus – für die wirklichen Rassisten. Der Macher des Videos war eventuell ein solcher, aber das ist aufzuklären! Herr Joswig, eine Recherche!

  • eine seltsame werbung ist das, auf den ersten blick sehe ich da keine message, vielleicht hat ein 40ig jähriger werber versucht tik tok style nachzuahmen?



    aber wenn amn genau hinschaut sieht man eine geschichte...



    eine geschichte über erfolgreichen feminimusmus, die frau schubst den mann herum, sagt ihm er soll sich endlich ansiedeln was ja auch zum golf als familienauto passt aber ganz "leger" (dazu brauch man nur das video zur rechten zeit stoppen buchstaben umsortieren und so tun als wäre das n nicht da).



    eine frau der das auto gehört und den ton angiebt, ok gibte bessere erfolgsstorys aberimmerhin :)



    vielleicht sehe ich aber auch nur was ich sehen will...

  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    Ich bin mir nicht sicher, ob den Machern Rassismus unterstellt werden kann. Wer so blöde Reklame macht, ist vielleicht auch zu doof zu erkennen, dass aus "ER NE G" (Das waren die Buchstaben aus "Der neue Golf") nicht nur "gerne" und "Regen" gebildet werden können.