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Foto: Agencia EFE/imago

Drogenumschlagplatz OstafrikaKoka-Kette in Coronakrise

Der Ugander David Mutesa ist von der Coronakrise schwer getroffen. Dem Kokainhändler geht der Stoff aus. Andernorts hat die Drogenmafia vorgesorgt.

A ls David Mutesa (Name geändert) sein Telefon abnimmt, läuft im Hintergrund der Fernseher.“ Hey, was ist los?“, fragt er von seiner Wohnzimmercouch aus. Sonst ist der 40-jährige Ugander von Sonnenuntergang bis -aufgang in den Nachtclubs der ugandischen Hauptstadt Kampala unterwegs.

Doch jetzt, zu Zeiten der Ausgangssperre in der Coronakrise, sitzt er auf dem Sofa in seiner Wohnung in einem Vorstadtviertel. Vor ihm auf dem Tisch eine Streichholzschachtel voller kleiner Plastiktütchen mit weißem Puder: Kokain.

„Das Geschäft läuft gerade nicht so gut“, klagt er, „weil ich kaum ausliefern kann.“ Sonst flitzt Mutesa mit dem Motorradtaxi durch die Stadt, Tütchen verteilen. Jetzt dürfen die Motorradtaxis keine Passagiere mehr mitnehmen, um die Ansteckungsgefahr zu mindern. „Die Leute müssen nun zu mir kommen, um es abzuholen.“

Es gibt derzeit keinen Nachschub und ich habe nur noch 45 Gramm auf Lager

David Mutesa, Kleinhändler auf dem Trockenen

Doch nur wenige tun das. Der Grund, so Mutesa: „Viele haben Geldprobleme und ich musste die Preise erhöhen.“ Bislang kostete ein Gramm 100.000 Schilling, umgerechnet rund 25 Euro. Jetzt sind es 150.000 Schilling. „Es gibt derzeit keinen Nachschub und ich habe nur noch 45 Gramm auf Lager.“ Wann die nächste Lieferung kommt, sei in Anbetracht des geschlossenen internationalen Flughafens in der nahe gelegenen Stadt Entebbe nicht absehbar.

12.000 Kilometer westlich von Mutesa in Uganda nimmt in der Stadt Bello bei Medellín in Kolumbien ein Hupkonzert kein Ende. Es sind wohl Hunderte Menschen, die durch die Straße ziehen und dabei alle Quarantänebestimmungen ignorieren. Voran fährt eine graue Limousine mit einem Blumengebinde auf dem Dach. Dahinter tragen Männer einen Sarg auf ihren Schultern. Um sie laufen Junge, Alte, Frauen, Männer und Kinder. Sie tragen Schirmmützen, und Sonnenbrillen – aber kaum jemand hat einen Mundschutz. In der Hand halten viele rote oder weiße Luftballons. Quer über der Straße hängt ein rotes Banner: „Bär, wir lieben dich“, steht darauf.

„El Oso“, der Bär, alias Édgar Pérez Hernández, war bis zu seiner Verhaftung im Dezember vergangenen Jahres der meistgesuchte Verbrecher in Bello. Als mutmaßlicher Kopf der kriminellen Drogenbande Niquía Camacol steuerte er einen Bandenkrieg, der die örtliche Mordrate in die Höhe getrieben hat. Er starb an einem Herzinfarkt, als er in ein anderes Gefängnis verlegt werden sollte.

Als El Oso im Dezember 2019 festgenommen wurde, versuchten seine Anhänger das zu verhindern, kesselten die Polizisten ein, warfen Steine und Flaschen. Bei seinem letzten Geleit schreiten weder Armee noch Polizei ein. Videos zeigen Polizisten, die den Trauerzug von ihren Motorrädern aus beobachten. Später verkündet der Polizeichef, es seien 15 Personen angezeigt worden: wegen Verstoßes gegen die Quarantäne. Selbst eine Pandemie stoppt die Macht der Drogenhändler in Kolumbien nicht.

Rekordjahr beim Koka-Anbau in Kolumbien

2019 war ein Rekordjahr beim Koka-Anbau in Kolumbien, das die Produktion weltweit anführt. Dahinter folgen Bolivien und Peru. 2019 stieg die Kokainproduktion in Kolumbien laut US-Angaben um 8 Prozent: auf 952 Tonnen. Ein Rückschritt für die Drogenbekämpfung. Der Preis für die Tonne reines Kokain ist auf derzeit etwa 1,5 Millionen Dollar gestiegen. In den USA kostet dieselbe Tonne fast 31 Millionen Dollar. Die Gewinnspannen sind gewaltig.

Es war schon vor der Coronapandemie klar, dass das kolumbianische Kokain nach der Rekordernte in diesem Jahr auf den Weltmarkt schwappen würde. Und das tut es – wenn auch gebremster. Derzeit verlassen keine Container-Schiffe ­Kolumbien. U-Boote zum Drogenschmuggel und Schnellboote operieren aber reduziert weiter. Ende März, also bereits inmitten der Corona-Ausgangssperre, stoppte Kolumbiens Marine 120 Seemeilen vom Pazifikhafen Tumaco entfernt ein U-Boot mit über einer Tonne Kokain an Bord. Wert: über 37 Millionen Dollar. Es war auf dem Weg nach Zentralamerika. Bei den Kanaren fing die spanische Marine Ende April einen Kutter mit vier Tonnen Kokain ab. Er war von Kolumbiens Nachbarland Panama aus über die Karibik nach Europa unterwegs.

Fällt als Drogenkurier derzeit aus: Motorradtaxi in Kampala Foto: imago

Die wichtigste Drogen-Route verläuft nach Angaben der kolumbianischen Stiftung für Frieden und Versöhnung (Pares) über die Pazifikküste. 85 Prozent des Kokains werden auf dem Seeweg außer Landes geschmuggelt, davon 30 Prozent über die Karibikküste und 70 Prozent über die Pazifikküste. Von dort geht ein Großteil Richtung Zentralamerika und weiter in die USA. Per Flugzeug verlassen nur 15 Prozent des Kokains Kolumbien, meist nach Afrika. In Coronazeiten scheint diese Lieferrouten jedoch blockiert.

Die USA sehen den Boom mit Sorge. 67.000 US-Amerikaner starben 2018 an einer Überdosis, meist am Schmerzmittel Fentanyl, Methamphetaminen wie Chrystal Meth und Kokain, Tendenz steigend. Ein Bericht des US State Department stellt klar: Fast alle Drogen kommen aus dem Ausland, in der Regel aus Südamerika, Kokain vor allem aus Kolumbien, Chrystal Meth aus Mexiko.

Der Markt reicht bis nach Ostasien

Doch die USA sind nicht die einzigen Abnehmer. Auch in West- und Osteuropa sind Kokainkonsum und -verfügbarkeit im letzten Jahr auf einem Rekordhoch, so der jüngste Drogenbericht der Europäischen Union. Beim Konsum liegt Kokain in Europa, vor allem in Deutschland, mittlerweile auf Platz zwei der illegalen Drogen, gleich hinter Cannabis. Der Großteil stammt auch hier aus Südamerika – auch über indirekte Wege wie West- und Nordafrika geschleust.

Die reiche Schickeria in Russlands Metropolen Moskau und St. Petersburg greift immer mehr zu Kokain als Partydroge. Und in Südostasien, Indien und China, traditionell das „Goldene Dreieck“ des Opiumkonsums, steigt die Nachfrage nach Kokain aus Kolumbien ebenso rasant an. Afrika aber wird in diesem weltweiten Handel zum entscheidenden Drehkreuz.

Auf der Handelsroute über den Atlantik ist Afrika ein optimaler Umschlagplatz. Die korrupten Zollbehörden, die mehr schlecht als recht Tausende Kilometer lange Küsten und Grenzen überwachen, sind für die Drogenkartelle ideale Partner, um Flugzeuge oder Schiffe voller Pakete zwischenzulanden und zu betanken. Die mangelnde Transparenz im Banken- und Finanzsektor sowie Lücken in den Geldwäschegesetzen bieten ein optimales Spielfeld, um riesige Summen Bargeld zu tauschen oder weltweite Transaktionen zu verschleiern.

Die meisten Kokainlieferungen wurden bislang über westafrikanische Staaten umgeschlagen. Schlagzeilen machte in den vergangenen Jahren immer wieder Guinea-Bissau, Nummer eins im Kokainhandel in Afrika. Aber auch Nigeria diente jüngst als Hub zwischen Südamerika und Europa.

Antidrogenaktion in Kolumbien: Trotzdem gab es 2019 eine Rekordernte Foto: reuters

Von Westafrika aus ging das Kokain bislang über Land weiter auf der Sahara-Transit-Route gen Mittelmeer und Europa, also auf denjenigen Wegen, die auch von Schleppern und Waffenhändlern genutzt werden, so die internationale Polizeibehörde Interpol in ihrem jüngsten weltweiten Drogenbericht. Meist geht all dieser Schmuggel Hand in Hand durch dieselben kriminellen Netzwerke. Abgewickelt wird der Drogentransport in erster Linie durch die nigerianische Mafia. Migranten werden als sogenannte Esel missbraucht, indem sie mit Kokain gefüllte Kondome schlucken und in ihren Gedärmen nach Europa transportieren.

Laut Statistiken verzeichnet Nigeria, bekannt für seine Korruption, eine der höchsten Drogenkonsumraten unter Erwachsenen in Afrika. Nigerias Drogenmafia hatte sich zunächst auf den Handel mit Chrystal Meth spezialisiert, welches sie in den heimischen Laboren produzierte und weltweit exportierte. Dadurch gerieten Nigerias Dealer in Kontakt mit internationalen Drogenhändlern, auch mit südamerikanischen, und boten sich ihnen als Mittelsmänner an. Über die große Diaspora wächst das weltweite Netzwerk: Selbst französische und kanadische Strafverfolgungsbehörden registrieren zunehmend mehr nigerianischen Dealer.

Mithilfe der USA und Großbritanniens wurden in den vergangenen Jahren in Nigeria die Drogenbekämpfungsbehörden fit gemacht. Präsident Muhammadu Buhari hat den Kampf gegen illegale Drogen zur Priorität erklärt. Das zunehmende Engagement der Europäer in Sachen Migrations- und Terrorbekämpfung in der Sahelzone, also auf dem Weg nach Europa, macht den Handel zu den europäischen Abnehmern schwieriger. Seitdem haben die nigerianischen Dealer ihr Geschäft mehr und mehr nach Ostafrika verlagert.

Neuer Umschlagplatz Ostafrika

Der jüngste US-Drogenbericht nennt als neuen Umschlagplatz Ostafrika: Als „signifikante Transitländer“ sind Tansania, Kenia und Mosambik gelistet. Ende 2019 verbrannte die tansanische Polizei medienwirksam über 120 Kilo Kokain und Heroin, die beschlagnahmt worden waren.

Um Transportkosten zu sparen, wird Kokain meist fast pur aus Südamerika exportiert – kommt aber in der Regel gestreckt bei den Endverbrauchern in Asien und Europa an. Dazwischen wird es in Afrika gestreckt. Die Pakete landeten bis zur Coronakrise an den großen internationalen Flughäfen in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, und Nairobi in Kenia mit Direktverbindungen nach China, Dubai und Indien. In den Flughafen-Hangars wurde das Kokain mit Zusatzstoffen versetzt und neu verpackt. Lokale Behörden drückten in der Regel gegen Geld beide Augen zu oder stecken selbst tief im Geschäft: Zwischen 2012 und 2014 hatte der ugandische Zoll über 85 Kilo Kokain am Flughafen beschlagnahmt. Als die Drogenpakete 2014 verbrannt werden sollten, stellte sich heraus: Die Pakete waren mit Mehl gefüllt: Das beschlagnahmte Kokain war aus dem Polizeidepot verschwunden. Später wurde der Chef der Anti-Drogen-Einheit dafür angeklagt.

Wir haben die Schließung des Flughafens und die Ausgangssperre kommen sehen und vorher große Mengen Vorräte angelegt

Tomothy Andrews, Drogenhändler in Kampala, Uganda

Auch in Uganda sind Nigerias Drogenhändler aktiv. In Coronazeiten geht es ihnen besonders gut. „Mein Leben war noch nie so stressfrei wie jetzt“, schreibt der Nigerianer Tomothy Andrews (Name geändert) der taz per WhatsApp aus Kampala. Er ist einer der führenden Händler: Ob Kokain, Heroin oder Chrystal Meth – bei ihm bekommt man alles, auch in großen Mengen, und das auch in Coronazeiten: „Wir haben die Schließung des Flughafens und die Ausgangssperre kommen sehen und vorher große Mengen Vorräte angelegt“, erklärt er. Verteilt werden die Pakete in Kampala derzeit per Motorradtaxi, getarnt als Pizzaboote. Bezahlt wird per mobilem Geldtransfers.

Die Lieferungen hat er vor der Coronakrise am Flughafen Entebbe abgeholt. Im September 2019 wurden dort zwei Männer aus Bolivien festgenommen, die je über 100 Päckchen voller Kokain ausschieden. Sie waren laut den Passtempeln aus ihrer Heimat Bolivien über Brasilien in Südamerika nach Äthiopien und weiter nach Uganda gereist. Zwischen 2017 und Ende 2018 verhaftete die Flughafenpolizei über 50 Drogenhändler, die meisten südamerikanischer Herkunft. Im vergangenen Jahr verbrannte Ugandas Polizei über 600 Kilogramm an illegalen Drogen, die sie in drei Jahren am Flughafen konfisziert hatten, der Großteil davon Kokain.

Kenia und Tansania sind laut US-Angaben die finanzielle Drehkreuze Ostafrikas, deren „Finanz­institutionen in Währungstransaktionen verwickelt sind, die in Verbindung mit dem internationalen Drogenhandel stehen und signifikante Summen US-Währung beinhalten“, die aus dem Drogenverkauf gewonnen werden. Überweisungssysteme über Geldtransfers per Telefon, das allein in Kenia 22 Millionen Kunden hat, eignen sich gut zur Geldwäsche, so die US-Behörden. Aber auch das arabische Hawala-Geldüberweisungssystem, welches von der großen Anzahl somalischer Flüchtlinge in Kenia genutzt wird, sei ein „fortwährendes Problem“. US-Behörden befürchten: Mit Drogenhandel finanzieren sich Somalias Piraten und islamistische Terrorgruppen wie die Al-Shabaab-Miliz.

Verbindungen zu regionalen Terrornetzwerken sehen US-Behörden auch in Tansania und Mosambik. Beide Länder sind derzeit Drehkreuze für den Handel mit Heroin aus Anbaugebieten in Afghanistan, Pakistan, Thailand, welches gen Westen transportiert wird: in die USA, nach Kanada oder Europa. Auch hier wird nun Ostafrika zum Drehkreuz.

Die Häfen als Eintrittspforten

Eintrittspforten für Heroinlieferungen, die per Container in Frachtschiffen oder mit Booten anlanden, sind die Häfen an der Ostküste des afrikanischen Kontinents: in Djibouti, Eritrea, Somalia und der tansanischen Insel Sansibar, also meist in fragilen und korrupten Staaten, deren lokale Hafenbehörden und die Küstenpolizei bestechlich sind.

Aber auch in großen Frachthäfen wie Mombasa in Kenia und Daressalam in Tansania werden große Lieferungen aus Containern gelöscht und dann mit kleineren Booten die Küste entlang weiter gen Süden transportiert: bis nach Mosambik. Dort wird es gestreckt und ging bis vor Kurzem mit dem Flugzeug gen USA, Kanada und Europa.

Mit US-Hilfe werden jetzt die Anti-Drogen-Behörden Ostafrikas gestärkt. Dies zeigt erste Erfolge. 2019 stürmte die tansanische Anti-Drogen-Polizei (DCEA) mitten in der Nacht die Villa des prominenten Geschäftsmanns Abdul Nsembo in der Hafenstadt Daressalam. Im Kleiderschrank sowie im Kofferraum seines Autos fanden sie insgesamt 400 Gramm Heroin. Nsembo und dessen Frau wurden verhaftet. Vor Gericht stellte sich heraus: Der Drogenbaron hatte Verbindungen nach Brasilien und in die USA. Im August vergangenen Jahres verurteilte ein US-Gericht elf Drogenhändler für den Import von 1.600 Kilo Heroin, darunter neun Tansanier.

Fortschritte in Tansania und Kenia

Tansanias DCEA-Chef James Kaji betonte Ende März die Fortschritte: „Wir haben nun eine spezielle Gelegenheit zu zeigen, dass Tansania illegale Drogen auf allen Ebenen bekämpft“, sagte er auf der Sitzung der UN-Kommission gegen Drogen. Es sei gelungen, den Heroinimport aus Afghanistan um 90 Prozent zu unterbinden. Das U.S. State Department kritisiert jedoch: „Drogenhändler beeinflussen Politiker und die Strafverfolgungsbehörden und Ermittler sowie Staatsanwälte sind nicht ausreichend ausgebildet.“

Auch in Kenia gelingt es mithilfe modernster US-Aufklärung, zunehmend mehr Drogenbarone festzunehmen. Allein 2019 wurden über 1.500 Dealer verhaftet und 57 Kilo Heroin beschlagnahmt. Entscheidend dabei war die Korruptionsbekämpfung in den Strafverfolgungsbehörden. Im Januar wurde im US-Gericht von Arkansas der kenianische Drogenbaron Ibrahim Akasha zu 23 Jahren Haft verurteilt. Er war 2014 gemeinsam mit seinem Bruder Baktash Akasha in der Hafenstadt Mombasa mithilfe von US-Agenten verhaftet und in die USA ausgeliefert worden. In ihrem Besitz befanden sich knapp 100 Kilo Heroin.

In Uganda stehen die Behörden noch ganz am Anfang. Das Problem: Dort halten die höchsten Generäle wie der Bruder von Präsident Museveni, der selbst gern Kokain schnupft, ihre schützende Hand über die nigerianischen Barone. Weil das Puder billig und vorhanden ist, konsumieren auch immer mehr Ugander Kokain.

George B. Kirya, Chef des einzigen Drogen-Rehabilitationszentrums in Kampala, warnt: Rund 30 Prozent der Kinder und Studenten auf teuren Privatschulen nehmen regelmäßig harte Drogen. Rund 80 Prozent seiner Patienten seien zwischen 18 und 23 Jahre alt und Kinder „einflussreicher Familien“, die sich Heroin und Kokain leisten können. „Die Zahl der Opfer steigt.“

Lieferung per Pizzaboten

Ins Ursprungsland des Kokains in Kolumbien pumpten die USA über Jahrzehnte Milliarden von Dollar in den Kampf gegen die Drogen. Kolumbien ist immer noch mit Abstand der weltweit größte Kokainproduzent. 2019 gingen 133 Millionen Dollar nach Kolumbien, ein Drittel des weltweiten Anti-Drogen-Budgets. In diesem Jahr soll der Betrag auf 177 Millionen Dollar steigen. Doch selbst das U.S. State Department schätzt das Fünfjahresziel, bis 2023 den Koka-Anbau und die Kokainproduktion in Kolumbien zu halbieren, nach derzeitigem Stand als unrealistisch ein.

Die kolumbianischen Drogenkonsumenten sind derweil auch während der nationalen Quarantäne versorgt. Nach einer Umfrage des Drogen-Aufklärungsprojekts Échale Cabeza ist die Nachfrage an Partydrogen erwartungsgemäß im Keller. Besonders gefragt ist derzeit Marihuana. Der Kokainpreis ist gleich hoch geblieben, weil die Nachfrage in der Quarantäne sank. Je nach Reinheitsgrad und Entfernung zum Anbaugebiet kostet das Gramm zwischen 1,15 und 11,50 Euro. Nur der Lieferservice kostet extra: In Zeiten der Ausgangssperre rund 2,50 Euro. Auch hier kann man sich die Drogen per Pizzabooten liefern lassen, bezahlt wird per App.

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20 Kommentare

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  • (3) ... Man liest, dass der Preis des Kokains in den USA zwanzigmal so hoch ist wie in Kolumbien, da muss es doch dort (genau wie in Westeuropa, Russland etc.) auch noch einen signifikanten Abschnitt des Weltdrogenhandels geben. Aber davon liest man nichts. Stattdessen wird gleich noch beklagt, dass arabische Geldüberweisungssysteme existieren, die nicht der Kontrolle der USA unterliegen. Das geht ja gar nicht! Und die Drogentransportflugzeuge, die in Afrika zwischenlanden? Müssen die nicht irgendwo bei den Abnehmern in den USA oder Europa landen? Wenn das funktioniert, sind die Zollbehörden dort auch korrupt? Eine Menge Zahlen wird auch genannt, woher die kommen, lässt sich kaum nachvollziehen. Die Grafiken passen nur vage zu den Aussagen im Text, aber die sind ohnehin nicht immer plausibel.



    Drogen sind ein großes globales Problem. Der Drogenhandel ist ein großes Geschäft. Ob ausgerechnet die alten und neuen Umschlagplätze in Afrika der Kern des Problems sind, darf bezweifelt werden. Wenn die Behörden dort partiell angefangen haben, gegen den Handel vorzugehen, wäre dies trotzdem ein Lichtblick.

  • (2) ...Die undifferenzierte Bedienung des Klischees von den Bananenstaaten hat mit Corona nichts zu tun und soll uns wohl in unserer westlichen Selbstgefälligkeit bestärken. Wer die TAZ liest, sollte das nicht brauchen.



    Vielleicht wollen uns die Verfasser von der heilsbringenden Rolle der Vereinigten Staaten in der sogenannten Dritten Welt überzeugen? Jedenfalls ziehen sich die guten Taten und die Lagebeurteilungen der USA durch den gesamten Artikel: „Laut US-Angaben“ [zweimal, diese wie alle anderen unspezifisch und unbelegt], “Die USA sehen den Boom mit Sorge“, „… ein Bericht des US State Department“, „Mithilfe der USA … wurden …in Nigeria die Drogenbekämpfungsbehörden fit gemacht“, „ Der jüngste US-Drogenbericht nennt…“, „Mit US-Hilfe werden jetzt die Anti-Drogen-Behörden Ostafrikas gestärkt“, „Auch in Kenia gelingt es mithilfe … US-Aufklärung zunehmend, mehr Drogenbarone festzunehmen“, „mithilfe von US-Agenten verhaftet“, Nach „Kolumbien pumpen die USA seit Jahrzehnten Millionen von Dollar in den Kampf gegen die Drogen“ [nun, wahrscheinlich nicht nur dafür]. Gottseidank! Amerika mistet die korruptesten Drogenhändler-Nester selbst in korrupteste Staaten aus!? Dass dies in Kolumbien über Jahrzehnte wenig gebracht hat, müssen selbst die Verfasserinnen einräumen.



    ...

  • Was will man uns mit dem Beitrag sagen? Dass Kokainhandel stattfindet, auch über Ostafrika? Dafür hätte es keiner zwei Druckseiten bedurft. Die Informationen sind zusammengewürfelt und der Bezug zu Corona in der Überschrift ist wohl nur Köder. Im dritten Absatz „läuft das Geschäft gerade nicht so gut“, weil die Motorradtaxis in Kampala wegen der Ansteckungsgefahr keine Passagiere mehr mitnehmen können. Sechs Spalten weiter (in der gedruckten Ausgabe) ist ein zweiter Pseudo-Zeuge, ebenfalls angeblich Drogendealer in Kampala sehr zufrieden: „Mein Leben war noch nie so stressfrei wie jetzt“. Und - so die Autorinnen – „verteilt werden die Pakete in Kampala derzeit per Motorradtaxi, getarnt als Pizzabo(o)te“. Also doch? Die Autorinnen bemerken nicht, dass Sie sich in dem fast einzigen Punkt, der etwas mit Corona zu tun hat, selbst widersprechen. Dafür bemühen sie ihr geliebtes Bild vom Pizzaboten am Schluss gleich noch ein drittes Mal, nun für Kolumbien.



    Nun könnte man über diese Beliebigkeit getrost hinwegsehen; auch über die Tautologie, dass Heroinlieferungen nach Ostafrika per Schiff über Djibouti, Eritrea, Somalia, Tansania oder Kenia kommen. Ja worüber denn sonst? – das sind nun einmal so gut wie alle Staaten in Ostafrika!



    Befremdlich ist jedoch die Pauschalisierung, mit der praktisch sämtliche Staaten Ost- und Westafrikas ununterbrochen als korrupt bezeichnet werden: „korrupte Zollbehörden…. Mangelnde Transparenz im Finanzsektor… Lücken in Geldwäschegesetzen“. „Nigeria, bekannt durch seine Korruption“. Und weiter: „Lokale Behörden drücken in der Regel (!) beide Augen zu“, Länder in Ostafrika sind „also meist fragile und korrupte Staaten, deren lokale Behörden und die Hafenpolizei bestechlich sind“, „Drogenhändler beeinflussen Politiker“. Es bestreitet ja niemand, dass diese Staaten erheblichen Nachholebedarf in Sachen Korruptionsbekämpfung haben (wenngleich etwa Tansania einen besseren CPI (Corruption Perception Index) hat als Paraguay, Usbekistan und Kosovo)...

  • Kokain ist die verachtenswerteste aller Drogen. Sonst kann man sagen "Alles ist Gift und Gegengift", aber bei Koks... habe noch niejemanden kennengelernt der damit nicht auf die Fresse gefallen ist. Und im gegensatz zu anderen Drogen korrumpiert es auch den Charakter nachhaltiger.

  • Interessanter Artikel. Die Dynamik des globalen Drogenhandels ist immer wieder erstaunlich zu beobachten. Allein der logistische Aufwand hinter den Lieferketten vom kolumbianischen Dschungel bis zur Nase einer berliner Abgeordneten ist beachtenswert. Zumal alles ohne ein festes Regelwerk oder geschriebene Normen geschieht. Was die Substanz mit größtmöglichem Profit bei überschaubarem Risiko an die Konsumenten bringt setzt sich durch.

    Allein deshalb ist der Drogenkrieg nicht zu gewinnen. Löcher im globalen Netz stopfen sich selbst. Die geschätzten 50 Milliarden Dollar welche die USA im "War on Drugs" ausgeben verpuffen in den Taschen von Leuten die vermeintlich selber konsumieren. Auch wird angenommen, dass der globale Drogenmarkt größer als das gesamte Rüstungsbudget der USA ist. Nein, kämpfend gewinnt hier keiner. Außer die Drogenbarone und Kriegstreiber.

    Das wird in Afrika ganz offenbar, wo die zarten Strukturen der rechtsstaatlichkeit, die eigentlich jedem Mensch zustehen, durch Drogengelder korrumpiert werden. Der Drogenkrieg wird nicht vor unseren Haustüren ausgetragen, sondern lieber im globalen Süden.

    Drogen sind eine Geißel für uns als Gesellschaft. Nicht alles kann man legalisieren, da die Abwälzung der Konsumfolgen auf die Gesellschaft schon mit Tabak und Alkohol an ihre Grenzen kommt.

    Allerdings müssen wir auch bei Drogen wie Kokain über eine Entkriminalisierung nachdenken. Natürlich mit staatlicher Hilfe für Suchtkranke und viel, viel Präventionsarbeit.

  • "Dazwischen wird es in Afrika gestreckt."

    Als Konsument würde mich das beunruhigen.

    • @Regierungsreserve:

      Es müsste wohl heißen: dazwischen wird es in Afrika zum ersten Mal gestreckt. Stimmt aber nicht immer, hier kommt auch etwas so an wie es losgeschickt wird, frisch ausgeschieden.

      • @5ender:

        Ich denke, Schulkindern DAS zu erzählen, wäre der Prävention wesentlich dienlicher als die obligatorische Drohung mit dem Tod auf dem Bahnhofsklo.

  • Sollen wir jetzt Mitleid mit Drogendealern und Konsumenten haben? Es ist mir ziemlich egal, ob die auf dem Trockenen sitzen. Da war das Virus doch mal für etwas gut.

    • @Stefan L.:

      Es wird einfach über eine Tatsache berichtet. Es wird nicht an einer Stelle bewertet, oder für "gut" befunden.

  • Der Drogenkrieg ist nicht zu gewinnen. Seit Jahrzehnten werden weltweit Milliarden in die Bekämpfung des Handels gesteckt, doch der Markt wächst weiter.

    Es wird Zeit einzusehen, dass viele Menschen (wenn nicht sogar die meisten) ein Bedürfnis nach Rausch haben und Alkohol und Tabak nicht jedem gefallen.

    Die einzige Chance, die wir haben, die Schwarzmärkte im Drogenhandel zu bekämpfen, ist den Markt in staatliche Hände zu geben, wie wir es bereits bei Alkohol und Tabak erfolgreich machen. Staatlich regulierte Abgabe aller Drogen zu Preisen, die mit Schwarzmarktpreisen mithalten können hat Vorteile:



    1. Man weiß, was man kauft. Im Artikel heißt es, dass die meisten Drogentoten an Überdosierung gestorben sind. Klar, sie wissen ja auch nicht was drin ist. Staatliche Regulierung kann sicherstellen, dass der Stoff sauber ist und man den Wirkstoffgehalt kennt.



    2. Wenn die Abgabe legal ist, dürfte auch das gesellschaftliche Stigma des "Drogenjunkie" nach und nach verschwinden, wodurch betroffene offener über ihren Konsum reden können und früher Hilfe erhalten können. Nicht jeder Konsument ist abhängig!



    3. Wenn der Staat, statt der Schwarzmarkt die Kunden hat, wovon soll der Schwarzmarkt noch leben?



    4. Steuereinnahmen und Einsparungen bei der Polizei durch einen legalen, regulierten Handel, sollten eingesetzt werden für Aufklärung und Behandlung derer, die weiterhin abhängig werden.

    Es wird Zeit, sich der Realität zu stellen und rational begründete Gesetze zur Regulierung des Drogenmarkts zu erlassen.

    • @Martin Weber:

      Kriege sind nie zu gewinnen ..auch der kampf gegen die dizsozialen veranlagungen des menschen udn seine agressivitätwird nie enden ,sowenig wie der kampf unserer immunsysztems gegen Viren und Bakterien oder die Anpassung an immer neuen Umweltbedingungen durch Klimawandel,Kosmische Einflüsse oder Kontinentaldrift.

    • @Martin Weber:

      "Wenn der Staat, statt der Schwarzmarkt die Kunden hat, wovon soll der Schwarzmarkt noch leben?"

      Träumen Sie weiter! Jemand, der heute sehr schnell sehr reich werden kann, wechselt nicht in einen normalen Job, sondern sattelt um auf das nächste illegale Geschäft, egal ob das nun eine noch gefährlichere Droge, der Schmuggel von Menschen, Tieren, Altertümern oder sonst etwas ist.

    • @Martin Weber:

      Im Prinzip Zustimmung. Aber ich würde den staatlichen Umgang mit den legalen Drogen Tabak und Alkohol nicht unbedingt als erfolgreich bezeichnen. Es sterben jährlich Zehntausende an den Folgen des Konsums. Und die eingenommenen Steuern werden allenfalls zu einem Bruchteil für die Rehabilitation Süchtiger eingesetzt. Die Rentenversicherer lehnen immer häufiger Rehabehandlungen ab.



      Es müsste eigentlich sichergestellt werden, dass die Steuereinnahmen zweckgebunden eingesetzt werden, auch damit kein Anreiz der Steuerkassen entsteht, die Konsumenten weiter bei der Stange zu halten.

  • Der Drogenkrieg ist einer der verlogensten, ungerechtesten Kriege, die gegen Menschen geführt werden. Und alles nur, weil Menschen Substanzen konsumieren, die wir für schädlich halten?

    • @cat:

      Ich war mal für ein paar Wochen in Cali (Kolumbien) vor langer Zeit. Kokain ist in Kolumbien die Ursache für unsagbares Leid: Entführungen, Folter, Umweltzerstörung, Korruption. Die Menschen die ich damals dort traf hatten davon die Schnauze bis oben voll. Der Kampf gegen die Drogen ist nicht zu gewinnen aber so zu tun als seien das harmlose Substanzen und dass nur deswegen ein "Krieg gegen die Menschen" geführt wird ist an Naivität kaum zu überbieten.

    • 9G
      97287 (Profil gelöscht)
      @cat:

      Darum sind die Kügelchen auch meist in Aluminium verpackt, um den Schaden möglichst gering zu halten.

    • @cat:

      CAT, gehe bitte eine Woche in die Drogenhilfe...

      Es gibt noch mehr, „was wir für schädlich halten“:



      Alkohol, zumal im Übermaß oder gepanscht,



      genmanipulierte Pflanzen und Tiere für den Verzehr,



      Hormone im Billigfleisch,



      Strahlung nicht nur von von Atomkraftwerken,



      gefälschte Medikamente,



      überdüngte Felder



      und und und...

      Lasst doch den Leuten ihre Gifte und den Dealern ihre Einkünfte mit all dem Zeug; die Leute wissen ja, was sie tun und haben alles im Griff...



      So richtig?

    • @cat:

      "Die wir für schädlich halten", also erstmal wer ist "wir" wen schließt du da alles mit ein? Sind wir beide also teil der DEA?



      Und natürlich sind diese Substanzen schädlich :D. Aber genau deswegen ist dieses repressive verhalten falsch, und mensch muss offen mit dem thema umgehen. Aber eben auch nicht verleugnen das es schädlich ist.



      Ein verantwortungsbewusstsein muss geschaffen werden bei dem umgang mit drogen, und entsprechende hilfe für leute die alleine nicht rauskommen.

      Aber ich denke wir können auf einen nenner kommen, indem wir sagen, dass die soziale Ausgrenzung Schädlicher für den menschen ist als irgendeine Substanz.

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Da bin ich aber froh, wenn Corona wieder verschwindet haben die Dealer keine Probleme mehr, die Armen. Die Reichen in den Nachtclubs kommen wieder problemlos an den Stoff. Ohne Corona, geht nichts mehr, noch nicht mal ein Artikel über Kokain.